Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Bereicherungsausgleich im Mehrpersonenverhältnis

Fälschung (BGH NJW-RR 1990, 1200 (1201; NJW 1994, 2357, 2358)

Fälschung (BGH NJW-RR 1990, 1200 (1201; NJW 1994, 2357, 2358)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Ehefrau E will alle Schulden ihres Mannes A begleichen. A schuldet C €1000. E reicht einen von ihr gefälschten Scheck bei As Bank B ein. Der Scheck weist den geschuldeten Betrag und A als Aussteller aus. B zahlt unwissend den ausgewiesenen Betrag an C und belastet das Konto des A.

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Einordnung des Falls

Fälschung (BGH NJW-RR 1990, 1200 (1201; NJW 1994, 2357, 2358)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Person des Leistenden wird bei einer fehlenden Anweisung stets aus Sicht des objektiven Zuwendungsempfängers beurteilt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Die Person des Leistenden wird dabei grundsätzlich aus Sicht eines objektiven Zuwendungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) beurteilt. Hiervon weicht die Rechtsprechung in den Fällen der fehlenden bzw. fehlerhaften Anweisung ab! Eine Zurechnung der Leistung erfolgt nur, wenn (1) der vermeintlich Anweisende die Zuwendung veranlasst hat und (2) der Zuwendungsempfänger insoweit gutgläubig ist.Bei Banküberweisungen ist diese Differenzierung überholt. Hier verneint die Rechtsprechung eine Zurechnung selbst bei Veranlassung der Leistung. Hierzu später mehr!
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2. A hat durch B an C geleistet (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. In Fällen der fehlenden oder fehlerhaften Anweisung kommt es bei der Bestimmung des Leistenden nicht allein auf die Sicht eines objektiven Zuwendungsempfängers an. Vielmehr kommt nach der Rechtsprechung eine Zurechnung überhaupt nur in Betracht, wenn der vermeintlich Anweisende diese veranlasst hat. Der Scheck könnte als Anweisung des A an B gesehen werden, an C den ausgewiesenen Betrag zu zahlen. A wäre Anweisender, B Angewiesener und C Zuwendungsempfänger. Allerdings weiß A nichts von dem Scheck und er hat die Einlösung nicht zurechenbar veranlasst. Es fehlt also an dem Kriterium der bewussten Mehrung fremden Vermögens.

3. Bank B hat an C geleistet (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Nein!

Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Bank B verfolgt gegenüber C keinen eigenen (Leistungs-)Zweck, sondern wollte nur die vermeintliche Anweisung ihres Kunden A ausführen. B wollte nur als Angewiesener handeln. Auch aus Sicht des C liegt keine Leistung der B vor. C ging von einer Leistung des A aus, nicht von As Bank B. Es liegt somit keine Leistung der Bank B an C vor.

4. Bank B hat einen Anspruch gegen C aus Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Voraussetzungen der Nichtleistungskondiktion sind, dass der Anspruchsgegner (Bereicherungsschuldner) (1) etwas, (2) in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung, (3) ohne Rechtsgrund erlangt hat. C hat Eigentum und Besitz an den ausgezahlten €1000 in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung von B erlangt. Dies ist ohne Rechtsgrund geschehen. Eine vorrangige Leistungskondiktion besteht nicht. Merke! Dieser Durchgriff des Angewiesenen mittels der Nichtleistungskondiktion ist der zentrale Grund der sogenannten Veranlassungs- und Rechtscheinsrechtsprechung in den Fällen der fehlenden/unwirksamen Anweisung. Denn wäre die Leistung dem vermeintlich Anweisenden zuzurechnen, so bestünde eine vorrangie Leistungskondiktion!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Juratiopharm

Juratiopharm

10.1.2023, 23:12:21

Hat A einen Anspruch aus 675u S. 1 gegen B?

DAV

David.

6.8.2023, 17:52:59

Aus § 675u S. 2

antoniasophie

antoniasophie

26.12.2023, 20:56:34

fehlt nicht noch “auf Kosten des Gläubigers” als TB-Merkmal des 812 I 1 Alt.2?

CR7

CR7

9.1.2024, 12:13:34

Das ist hier der Fall. Die 1.000 EUR waren der B zugewiesen. Die B hat eine Verletzung des Zuweisungsgehalts ihres Eigentums erlitten.

BE

Bioshock Energy

22.10.2024, 16:13:44

Aber es wird doch nur das Konto des A belastet. Eingegriffen wurde doch dann in den Zuweisungsgehalt des Rechts des A. Ich verstehe nicht wieso der Eingriff hier auf Kosten der B erfolgt sein soll, diese Verliert doch nichts. Vielleicht kannst du das nochmal ein bisschen genauer erklären @[CR7](145419)?

Simon

Simon

14.11.2024, 00:10:03

Der Zahlungsdienstevertrag zwischen A und B ist ein Sonderfall des

Geschäftsbesorgungsvertrag

es, s. § 675c BGB. Führt die Bank eine Zahlung aus, so fließen die Vermögenswerte zunächst aus ihrem Vermögen ab. Sie hat dann aber einen

Aufwendungsersatzanspruch

nach §§ 675c I, 670 BGB und einen Entgeltanspruch nach § 675f V 1 BGB. Im Falle einer nicht autorisierten Zahlung (wie hier) besteht aber kein

Aufwendungsersatzanspruch

, s. § 675u S. 1 BGB. Damit liegt nur ein Eingriff in Rechte der B vor.

FL

Flohm

29.4.2024, 09:20:49

wieso liegt hier keine vorrangige Leistungskondiktion von C gegen E vor? E hat bewusst und zweckgerichtet das Vermögen des E gemehrt. Dies geschah auch ohne Rechtsgrund.

CR7

CR7

5.7.2024, 16:51:07

Nein. E hat gerade nicht das Vermögen des C gemehrt, da der Scheck gefälscht war und den A auswies. Ein

objektiver Dritter

hätte es als einen Scheck des A gewertet, also hat sie nicht das Vermögen bewusst und zweckgerichtet vermehrt. Es ist gab zudem auch keinen Cashflow aus dem Vermögen der E an C, sondern wenn dann von A an C. Aber A wusste nichts davon, so dass es unbewusst war.

JI

Jimmy105

8.11.2024, 12:49:02

müsste es Ganz am Ende nicht wie folgt heißen: "Denn wäre die Leistung dem vermeintlich Anweisenden zuzurechnen, so bestünde eine vorrangige Leistungsbeziehung". Die Zurechnung bezieht sich ja nur auf die Leistung. Bereits mit der Leistung ist die

Nichtleistungskondiktion

gesperrt. Ob die Leistung auch ohne rechtlichen Grund erfolgt ist und damit eine Kondiktion begründet ist davon unabhängig. Gerne korrigieren.


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