+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Max, Moritz und Witwe Bolte (B) wollen ein Startup gründen. Ihre zündende und innovative Idee: Die gemeinsame Herstellung und der Vertrieb von selbstgemachtem Holunderblütensirup. Sie zahlen €10.000 auf ein Gemeinschaftskonto ein, dafür vereinbaren sie, dass ihre persönliche Haftung ausgeschlossen ist. B wird zur Geschäftsführerin bestimmt.
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Einordnung des Falls
Einführungsfall Körperschaft & Personengesellschaft
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Handelt es sich bei dem Zusammenschluss der drei um eine „Gesellschaft“?
Ja!
Allen privatrechtlichen Gesellschaften sind dabei drei wesentliche Strukturmerkmale gemeinsam (vgl. § 705 Abs. 1 BGB):
(1) vertraglicher Zusammenschluss,
(2) gemeinsamer Zweck,
(3) Förderpflicht
Max, Moritz und Witwe Bolte haben vereinbart (=vertraglicher Zusammenschluss) ein Unternehmen zu betreiben, welches Holunderblütensirup herstellt und verkauft (=gemeinsamer Zweck). Jeder beteiligt sich zumindest einmal finanziell an der Unternehmung (=Förderpflicht). Somit sind die Grundvoraussetzungen für die Gründung einer Gesellschaft erfüllt.
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2. Eine Gesellschaft kann ausschließlich als Personengesellschaft gegründet werden.
Nein, das ist nicht der Fall!
Bislang hast Du lediglich die Personengesellschaften mit der GbR als Grundform kennengelernt. Daneben gibt es auch noch die sogenannten Körperschaften. Die Grundform der Körperschaft ist dabei der Verein bürgerlichen Rechts (§§ 21 ff. BGB).
Zu den wichtigsten Körperschaftsformen gehören die Gesellschaft mit beschränkter Haftung = GmbH (§§ 1 ff. GmbHG) und die Aktiengesellschaft = AG (§§ 1 ff. AktG). Daneben gibt es unter anderem noch die Unternehmergesellschaft (UG) (§ 5a GmbHG ff) und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) (§§ 278 AktG ff.), die für das Examen indes regelmäßig keine Bedeutung haben.
3. Ein zentrales Abgrenzungsmerkmal einer Körperschaft von der Personengesellschaft ist die Unabhängigkeit der Körperschaft vom Bestand ihrer Mitglieder.
Ja, in der Tat!
Das Wesen einer Personengesellschaft liegt darin, dass die Gesellschaft von der Individualität ihrer Gesellschafter und deren Bestand im Grundsatz abhängig ist. Die Gruppe „lebt“ in ihren Mitgliedern, was zugleich bedeutet, dass bei Ausscheiden eines Mitglieds grundsätzlich die Gesellschaft aufgelöst wird (vgl. § 730 Abs. 1 BGB).
Ganz anders bei der Körperschaft. Hierbei handelt es sich um eine Vereinigung, deren Ziele unabhängig vom Bestand der Mitglieder erreicht werden soll. Die Gruppe soll gegenüber den einzelnen Mitgliedern selbstständig hervortreten.Aufgrund der damit verbundenen höheren Flexibilität eignen sich Körperschaften im Grundsatz damit auch besser für eine größere Mitgliederanzahl. 4. Der Ausschluss der persönlichen Haftung aller Gesellschafter ist sowohl bei einer Personengesellschaft als auch einer Körperschaft möglich.
Nein!
Es gehört zu den wesentlichen Strukturmerkmalen der Personengesellschaften, dass mindestens ein Gesellschafter persönlich und unbeschränkt haftet. Dies ist Ausdruck der engen Verknüpfung zwischen den Mitgliedern und der Personengesellschaft.
Anders ist dies bei Körperschaften. Das Erreichen ihrer Ziele soll unabhängig von ihren Mitgliedern sein. Umgekehrt sollen die Mitglieder dann aber auch nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG, § 13 Abs. 2 GmbHG). Vielmehr haftet diese allein.Als Ausgleich für die fehlende persönliche Haftung der Gesellschafter ist bei der GmbH und AG für die Gesellschaftsgründung ein Mindestkapital notwendig (§ 7 AktG; § 5 GmbHG), um Gläubiger vor einem Forderungsausfall zu schützen. Beim Verein wird dies nicht verlangt. Zur Risikobegrenzung steht diese Rechtsform deswegen primär nicht-wirtschaftlichen Vereinen offen.
5. Aus dem Umstand, dass die drei Gesellschafter vorliegend einen Haftungsausschluss vereinbart haben, folgt, dass es sich bei der Vereinigung um eine Körperschaft handelt.
Nein, das ist nicht der Fall!
Mit Ausnahme des sog. nicht-wirtschaftlichen Vereins werden Körperschaften von der Rechtsordnung als selbstständige juristische Personen anerkannt (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 AktG;§ 13 Abs. 1 GmbHG; § 21 BGB). Mit der Anerkennung geht nicht nur die Fähigkeit einher, Träger von Rechten und Pflichen zu sein (=Rechtsfähigkeit). Vielmehr werden hierdurch die einzelnen Mitglieder aus ihrer persönlichen Haftung entlassen. Zum Schutz der Gläubiger bedarf es für die Gründung deshalb zwingend der Eintragung ins Handelsregister (§ 21 BGB, § 41 Abs. 1 S. 1 AktG, § 11 Abs. 1 GmbHG). Denn vor der Eintragung prüft das Registergericht, ob die zum Schutz des Rechtsverkehrs notwendigen Gründungsvoraussetzungen vorliegen (zB Mindestkapital bei GmbH bzw. AG bzw. nicht-wirtschaftliche Zielrichtung des Vereins.Mangels Registereintragung fehlt es hier jedenfalls an den Entstehungsvoraussetzungen für einen Verein, eine GmbH bzw. AG.
6. Eine Körperschaft liegt nur dann vor, wenn die Vereinigung körperschaftlich verfasst ist.
Ja, in der Tat!
Anders als die Personengesellschaften werden die Körperschaften unabhängig von ihren (Gründungs-)Mitgliedern errichtet. Es bedarf deshalb einer Satzung, die die überindividuelle körperschaftliche Verfassung der Gesellschaf bildet. Auf Grundlage der in der Satzung festgelegten Regeln können weitere Mitglieder der Vereinigung beitreten. Zudem werden darin die Rechte und Pflichten der Mitglieder sowie ein Austritt geregelt.
Vorliegend fehlt es nicht nur an der Eintragung, sondern auch an einer Satzung, weswegen spätestens an dieser Stelle die Gründung einer Körperschaft ausscheidet und lediglich eine Personengesellschaft in Betracht kommt.
7. Da B hier zur Geschäftsführerin bestimmt wurde, haben die drei eine Personengesellschaft in Form einer KG gegründet (§§ 164 ff. HGB).
Nein!
Sofern der gemeinsame Gesellschaftszweck der Personengesellschaft der Betrieb eines Handelsgewerbes ist (§ 105 Abs. 1 HGB), liegt keine bloße BGB-Gesellschaft (GbR), sondern eine OHG bzw. KG vor. Der zentrale Unterschied zwischen beiden ist die Haftungsverteilung. Während OHG-Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der OHG gesamtschuldnerisch persönlich haften (§ 126 S. 1 HGB), haftet in der KG lediglich der Komplementär persönlich. Den Kommanditist, der seine Einlage geleistet hat, trifft dagegen keine persönliche Haftung (§ 171 HGB).Die kommerzielle Herstellung und Vertrieb von Holunderblütensirup stellt ein Handelsgewerbe dar (vgl. § 1 Abs. 2 HGB). Allein aus dem Umstand, dass B die Geschäftsführung übertragen wurde, folgt nicht, dass sie allein die persönliche Haftung treffen soll. Somit wurde hier eine OHG gegründet. Der vereinbarte Haftungsausschluss hat im Außenverhältnis keinerlei Wirkung (§ 126 S. 2 HGB).