Beschlagnahme (§§ 94 ff.)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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B ist des Totschlags verdächtig. Staatsanwalt S ordnet unter berechtigter Inanspruchnahme seiner Eilkompetenz die Beschlagnahme der in der Wohnung des B gefundenen Tatwaffe an. B widerspricht der Beschlagnahme ausdrücklich. Eine richterliche Bestätigung holt S nicht ein.

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Einordnung des Falls

Beschlagnahme (§§ 94 ff.)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Dürfen Beweismittel immer beschlagnahmt werden (§ 94 StPO)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Zulässigkeit der Beschlagnahme von Beweismitteln richtet sich nach §§ 94 ff., 98 StPO. Die Beschlagnahme ist danach nur zulässig, wenn (1) der Gegenstand eine potentielle Beweisbedeutung für die konkrete Untersuchung hat (§ 94 Abs. 1 StPO), (2) die Beschlagnahme verhältnismäßig ist, (3) kein Beschlagnahmeverbot besteht (§ 97 StPO) und (4) eine Anordnung der Beschlagnahme (§ 98 StPO) vorliegt. Sicherstellung ist der Oberbegriff für die Beschlagnahme und sonstige Herstellung der staatlichen Gewalt über den Gegenstand. Der Beschlagnahme bedarf es nur bei fehlender Freiwilligkeit der Herausgabe, § 94 Abs. 2 StPO.
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2. Darf eine Beschlagnahme stets nur durch einen Richter angeordnet werden (Richtervorbehalt, § 98 StPO)?

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 98 Abs. 1 S. 1 StPO darf eine Beschlagnahme grundsätzlich nur durch das Gericht angeordnet werden. Ausnahmsweise ist eine Anordnung der Beschlagnahme auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) zulässig, wenn Gefahr im Verzug besteht. Allerdings soll der Beamte, der einen Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt hat, binnen drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragen, wenn (1) bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder (2) wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat (§ 98 Abs. 2 S. 1 StPO).

3. War die Beschlagnahme hier rechtswidrig, weil die Bestätigung nicht eingeholt wurde (§ 98 StPO)?

Nein!

Damit eine Beschlagnahme rechtmäßig ist, muss insbesondere eine ordnungsgemäße Anordnung der Beschlagnahme (§ 98 StPO) vorliegen. Sofern ausnahmsweise eine Anordnung durch die Staatsanwaltschaft oder Polizei erfolgt (§ 98 Abs. 1 S. 1 StPO), soll gemäß § 98 Abs. 2 S. 1 StPO binnen drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragt werden, wenn der Betroffene gegen die Beschlagnahme ausdrücklich Widerspruch erhoben hat. Die Missachtung dieser Vorschrift hat auf die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme aber keine Auswirkung. Da B der von S angeordneten Beschlagnahme widersprochen hat, hätte S eine richterliche Bestätigung der Beschlagnahme einholen müssen. Auch wenn er dies unterlassen hat, hatte er für die Anordnung die notwendige Eilkompetenz, sodass die Beschlagnahme rechtmäßig erfolgte.Der Betroffene kann den Antrag auch selbst stellen (§ 98 Abs. 2 S. 4 StPO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SI

SimonRe1995

2.12.2023, 13:28:04

Es müsste in der Vertiefung § 98 Abs. 2 Satz 4 StPO heißen, oder?

LELEE

Leo Lee

2.12.2023, 17:24:10

Hallo SimonRe1995, vielen Dank für den Hinweis! In der Tat müsste es Satz 4 heißen. Dies haben wir nun entsprechendn korrigiert :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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