Verhältnismäßigkeit

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B ist des Betruges verdächtig. Staatsanwalt S erwirkt beim Ermittlungsrichter einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss. In den Geschäftsräumen des B werden Unterlagen gefunden, die als Beweismittel in Betracht kommen. B benötigt diese Unterlagen zwingend für die Betriebsfortführung.

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Einordnung des Falls

Verhältnismäßigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Dürfen Beweismittel immer beschlagnahmt werden (§ 94 StPO)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Zulässigkeit der Beschlagnahme von Beweismitteln richtet sich nach §§ 94 ff., 98 StPO. Die Beschlagnahme ist nur danach nur zulässig, wenn (1) der Gegenstand eine potentielle Beweisbedeutung für die konkrete Untersuchung hat (§ 94 Abs. 1 StPO), (2) die Beschlagnahme verhältnismäßig ist, (3) kein Beschlagnahmeverbot besteht (§ 97 StPO) und (4) eine Anordnung der Beschlagnahme (§ 98 StPO) vorliegt. Sicherstellung ist der Oberbegriff für die Beschlagnahme und sonstige Herstellung der staatlichen Gewalt über den Gegenstand. Der Beschlagnahme bedarf es nur bei fehlender Freiwilligkeit der Herausgabe, § 94 Abs. 2 StPO.
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2. B benötigt die Geschäftsunterlagen zwingend für die Fortführung seines Betriebes. Muss S dies berücksichtigen?

Ja, in der Tat!

Die Beschlagnahme von Beweismitteln ist nur zulässig, wenn sie verhältnismäßig ist. Das heißt: Die Beschlagnahme muss in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts stehen und für die Ermittlungen notwendig sein. Wenn Urkunden als Beschlagnahmegegenstand in Betracht kommen, muss beispielsweise stets geprüft werden, ob die Anfertigung von Fotokopien genügt. Es kommt hier nicht auf die Echtheit der Geschäftsunterlagen, sondern nur auf deren Inhalt an. Fotokopien von den Unterlagen geben in ausreichender Weise Auskunft über deren Inhalt. Die Beschlagnahme der Original-Unterlagen ist für die Ermittlungen daher nicht notwendig und wäre unverhältnismäßig. Dies muss S berücksichtigen. Er darf nur Fotokopien der Geschäftsunterlagen anfertigen, nicht aber die Original-Unterlagen beschlagnahmen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAT

Patrick4219

5.2.2024, 17:39:17

Wäre der Fall denn anders zu beurteilen, wenn die Polizeibeamten nicht sicher wüssten, ob die Originale ggf. zu einem Schriftvergleich benötigt werden? Intuitiv hätte ich eig. erwartet, dass nur Fotokopien beim Beschuldigten verbleiben und die Originale beschlagnahmt werden.


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