Wettlauf der Sicherungsgeber - Privilegierung des Bürgen?


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S nimmt bei G ein Darlehen auf. Zur Sicherung der Darlehensforderung bestellt S‘ Mutter M der G ein Pfandrecht an ihrer teuren Uhr. Zudem bürgt S‘ Bekannte B gegenüber G für S. Als die Forderung fällig wird, kann S nicht zahlen, worauf M einspringt.

Einordnung des Falls

Wettlauf der Sicherungsgeber - Privilegierung des Bürgen?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Befriedigung des G geht die gegen S gerichtete Darlehensforderung grundsätzlich im Wege der Legalzession auf M über (§ 1225 Abs. 2 BGB).

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Ja!

§ 1225 S. 2 BGB regelt einen gesetzlichen Forderungsübergang (cessio legis). Die Forderung erlischt also nicht mit Zahlung nach § 362 BGB. Neben der Forderung geht zugleich auch das akzessorische Pfandrecht auf den ablösenden Verpfänder über (§ 1250 BGB). M hat also gegen S die Forderung durch die Zahlung erworben, die ursprünglich G gegen S zustand. Zusätzlich erhält sie den Besitz an ihrer Uhr wieder (sog. [Konsolidation]). M kann jetzt von S Zahlung verlangen. Da auch die Bürgschaft akzessorisch zur Forderung ist, geht diese mit auf die zahlende M über (§§ 1223, 412, 401 BGB).

2. Kann der Sicherungsgeber, der zuerst zahlt, in voller Höhe Rückgriff bei den anderen Sicherungsgebern nehmen (sog. Wettlauf der Sicherungsgeber)?

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Nein, das ist nicht der Fall!

Mangels expliziter gesetzlicher Regelung, orientiert sich der Ausgleich zwischen mehreren Sicherungsgebern nach h.M. an den für die Mitbürgschaft kennengelernten Regelungen (vgl. § 774 Abs. 1 BGB). Es kommt also zu einem Gesamtschuldnerausgleich (§ 426 BGB analog). Der Umfang des möglichen Rückgriffs wird dabei durch das Innenverhältnis zwischen den Sicherungsgebern bestimmt. In anderen Worten: Die Höhe des Ausgleichsanspruch richtet sich nach der internen Haftungsquote (§ 426 BGB analog). Ohne besondere Vereinbarung ist davon auszugehen, dass die Sicherungsgeber für die Forderung zu gleichen Teilen haften wollten.

3. Die Bürgschaft ist allerdings nach hM gegenüber dem Pfandrecht privilegiert, weshalb der zahlende Sicherungsgeber keinen Ausgleichsanspruch gegen den Bürgen erhält (§ 776 BGB).

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Nein, das trifft nicht zu!

Diese Ansicht vertritt eine Mindermeinung. Der zahlende Sicherungsgeber solle danach überhaupt keinen Ausgleichsanspruch gegen den Bürgen erhalten. Dies folge sich aus der Wertung des § 776 BGB. Die Vorschrift stelle den Bürgen besser als andere Sicherungsgeber, weil der Bürge im Gegensatz zu anderen Sicherungsgebern mit seinem gesamten Vermögen haftet, also ein viel höheres Risiko eingeht. Hiergegen spricht jedoch, dass § 776 BGB als Ausnahmeregelung nur gegenüber dem Bürgen und dem treuwidrig handelnden Gläubiger gilt. Die Vorschrift entfaltet keine Regelungswirkung gegenüber anderen Sicherungsgebern.Wir erinnern uns: § 776 BGB regelt, dass der Bürge bei einer Aufgabe einer parallelen Sicherheit durch den Gläubiger in der Höhe de internen Haftungsquote, welche aufgegeben wurde, frei wird.

4. Auch im Verhältnis zwischen Pfandgeber und Bürgen kommt es nach h.M. zu einem Gesamtschuldnerausgleich (vgl. §§ 1225, 774 Abs. 2, 426 BGB).

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Ja!

Nach h.M. erhält der zahlende Pfandgeber gegen die anderen Sicherungsgeber einen Ausgleichsanspruch, der sich in der Höhe nach der internen Haftungsquote richtet. Dies folgt vor allem auch aus dem Verweis auf § 774 BGB in § 1225 BGB. Ohne besondere Vereinbarung stehen alle Sicherungsgeber auf derselben Stufe. Auch der Bürge ist gegenüber den anderen Sicherungsgebern nicht privilegiert. Der Ausgleich zwischen den beiden Sicherungsgebern M und B richtet sich nach § 426 BGB. Mangels entgegenstehender Vereinbarungen haften beide hälftig für S‘ Schuld. Die Hälfte des gezahlten Betrags kann M somit von B zurückverlangen.

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