Zivilrecht

Kreditsicherungsrecht

Rückgriff des Sicherungsgebers

Wettlauf der Sicherungsgeber - Privilegierung des Bürgen?

Wettlauf der Sicherungsgeber - Privilegierung des Bürgen?

14. Januar 2025

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S nimmt bei G ein Darlehen auf. Zur Sicherung der Darlehensforderung bestellt S‘ Mutter M der G ein Pfandrecht an ihrer teuren Uhr. Zudem bürgt S‘ Bekannte B gegenüber G für S. Als die Forderung fällig wird, kann S nicht zahlen, worauf M einspringt.

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Einordnung des Falls

Wettlauf der Sicherungsgeber - Privilegierung des Bürgen?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Durch die Befriedigung des G geht die gegen S gerichtete Darlehensforderung grundsätzlich im Wege der Legalzession auf M über (§ 1225 Abs. 2 BGB).

Ja!

§ 1225 S. 2 BGB regelt einen gesetzlichen Forderungsübergang (cessio legis). Die Forderung erlischt also nicht mit Zahlung nach § 362 BGB. Neben der Forderung geht zugleich auch das akzessorische Pfandrecht auf den ablösenden Verpfänder über (§ 1250 BGB). M hat also gegen S die Forderung durch die Zahlung erworben, die ursprünglich G gegen S zustand. Zusätzlich erhält sie den Besitz an ihrer Uhr wieder (sog. [Konsolidation]). M kann jetzt von S Zahlung verlangen. Da auch die Bürgschaft akzessorisch zur Forderung ist, geht diese mit auf die zahlende M über (§§ 1223, 412, 401 BGB).
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2. Kann der Sicherungsgeber, der zuerst zahlt, in voller Höhe Rückgriff bei den anderen Sicherungsgebern nehmen (sog. Wettlauf der Sicherungsgeber)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Mangels expliziter gesetzlicher Regelung, orientiert sich der Ausgleich zwischen mehreren Sicherungsgebern nach h.M. an den für die Mitbürgschaft kennengelernten Regelungen (vgl. § 774 Abs. 1 BGB). Es kommt also zu einem Gesamtschuldnerausgleich (§ 426 BGB analog). Der Umfang des möglichen Rückgriffs wird dabei durch das Innenverhältnis zwischen den Sicherungsgebern bestimmt. In anderen Worten: Die Höhe des Ausgleichsanspruch richtet sich nach der internen Haftungsquote (§ 426 BGB analog). Ohne besondere Vereinbarung ist davon auszugehen, dass die Sicherungsgeber für die Forderung zu gleichen Teilen haften wollten.

3. Die Bürgschaft ist allerdings nach hM gegenüber dem Pfandrecht privilegiert, weshalb der zahlende Sicherungsgeber keinen Ausgleichsanspruch gegen den Bürgen erhält (§ 776 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Diese Ansicht vertritt eine Mindermeinung. Der zahlende Sicherungsgeber solle danach überhaupt keinen Ausgleichsanspruch gegen den Bürgen erhalten. Dies folge sich aus der Wertung des § 776 BGB. Die Vorschrift stelle den Bürgen besser als andere Sicherungsgeber, weil der Bürge im Gegensatz zu anderen Sicherungsgebern mit seinem gesamten Vermögen haftet, also ein viel höheres Risiko eingeht. Hiergegen spricht jedoch, dass § 776 BGB als Ausnahmeregelung nur gegenüber dem Bürgen und dem treuwidrig handelnden Gläubiger gilt. Die Vorschrift entfaltet keine Regelungswirkung gegenüber anderen Sicherungsgebern.Wir erinnern uns: § 776 BGB regelt, dass der Bürge bei einer Aufgabe einer parallelen Sicherheit durch den Gläubiger in der Höhe de internen Haftungsquote, welche aufgegeben wurde, frei wird.

4. Auch im Verhältnis zwischen Pfandgeber und Bürgen kommt es nach h.M. zu einem Gesamtschuldnerausgleich (vgl. §§ 1225, 774 Abs. 2, 426 BGB).

Ja!

Nach h.M. erhält der zahlende Pfandgeber gegen die anderen Sicherungsgeber einen Ausgleichsanspruch, der sich in der Höhe nach der internen Haftungsquote richtet. Dies folgt vor allem auch aus dem Verweis auf § 774 BGB in § 1225 BGB. Ohne besondere Vereinbarung stehen alle Sicherungsgeber auf derselben Stufe. Auch der Bürge ist gegenüber den anderen Sicherungsgebern nicht privilegiert. Der Ausgleich zwischen den beiden Sicherungsgebern M und B richtet sich nach § 426 BGB. Mangels entgegenstehender Vereinbarungen haften beide hälftig für S‘ Schuld. Die Hälfte des gezahlten Betrags kann M somit von B zurückverlangen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AY

aylin.

14.2.2024, 02:29:19

Zunächst wollte ich euch mitteilen, dass ein Buchstabe (r) bei dem Hinweis zu 776 fehlt. :) Ausserdem wollte ich wissen, woraus sich bei 1204 ff. der Übergang der akzessorischen Sicherheiten ergibt. Erfolgt dieser aus 1225 i.V.m. 766 i.V.m. 412, 401?

CR7

CR7

29.5.2024, 23:55:41

Hey Aylin, wenn die M zahlt, also diejenige, die ihre Uhr verpfändet hat, dann geht die Forderung der G gegen S nach §§ 1225 S. 2, 774 I BGB auf M kraft Gesetzes über, wobei dann gem. §§ 412, 401 BGB auch die akzessorischen Sicherheiten (Bürgschaft, Hypothek, Pfandrechte) auf sie übergehen, also §§ 1225 S. 2, 774 I, 412, 401 BGB. Dagegen regelt § 766 das Schrift

formerfordernis

bei der Bürgschaftserklärung.

Sophix58

Sophix58

12.8.2024, 17:42:12

Huhu, als kurze Verständnisfrage wollte ich mich mal erkundigen, ob der Meinungsstreit entsprechend bei für die Hypothek gilt? Das Problem würde sich, zumindest wenn ich das richtig verstanden habe, ja genauso stellen, wenn anstelle eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache auch eine Hypothek an einem Grundstück bestellt worden wäre, oder?

AS

as.mzkw

25.9.2024, 13:12:26

Ja, s. eine Aufgabe zuvor. :) Wenn ich es richtig verstehe stellt sich das Problem in der Form bei allen akzessorischen

Sicherungsrechte

n.

Kathi

Kathi

25.10.2024, 11:29:01

@[Sophix58](22547) Da gabs in der letzten Aufgabe auch den schönen Merksatz: mit der Forderung Hand in Hand gehen über Bürgschaft,

Vormerkung

, Hypothek und Pfand.

FW

FW

8.11.2024, 17:02:50

Woraus folgt denn hier bitte die Besserstellung des Bürgen? Das habe ich nicht ganz verstanden.

LO

Lorenz

9.11.2024, 12:47:16

Das vertritt nur die mM. Die hM geht von einer grundsätzlich hälftigen Haftung/Regress aus. Die mM argumentiert, dass der Bürge mit seinem gesamten Vermögen haften kann, das Risiko beim Pfand jedoch gerade auf dieses beschränkt ist.


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