+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S nimmt bei G ein Darlehen auf. Um dieses abzusichern, bürgt S‘ Bekannte B für sie. Da Bs Zahlungsfähigkeit fragwürdig ist, tritt S‘ Tante T der Schuld des S bei. T und S vereinbaren, dass S vorrangig zahlen soll. Als das Darlehen fällig wird, können weder S noch T zahlen, worauf B einspringt.
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Einordnung des Falls
Schuldbeitritt und Bürgschaft
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Mit Zahlung ist die Darlehensforderung (§ 488 BGB) auf B übergegangen (§ 774 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
§ 774 Abs. 1 BGB regelt einen gesetzlichen Forderungsübergang. Zahlt der Bürge aufgrund seiner Bürgschaftsverpflichtung (§ 765 BGB), geht die Forderung, die der Gläubiger gegen den Hauptschuldner hatte, durch Gesetz auf den Bürgen über. Problematisch ist hingegen, gegen wen die übergegangene Forderung besteht. Nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB richtet sie sich gegen den „Hauptschuldner“. Wer dies bei dem hier bestehenden Schuldbeitritt ist, ist problematisch.
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2. B wollte sich auch für T verbürgen.
Nein!
Der Bürgschaftsvertrag besteht zwischen Gläubiger und Bürgen. Durch diesen Vertrag verpflichtet sich der Bürge, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Schuldners des Gläubigers einzustehen (§ 765 Abs. 1 BGB). Erst nachdem B den Bürgschaftsvertrag mit G abgeschlossen hatte, ist T der Schuld der S beigetreten. Folglich konnte B beim Vertragsschluss gar nicht den Willen haben, auch für die Verbindlichkeit der T einzustehen. B wollte also nicht auch für T bürgen. Mit der Legalzession (§ 774 Abs. 1 BGB) hat B damit aber dann auch keinen (direkten) Anspruch gegen T erlangt.
3. Mit dem Übergang der Darlehensforderung gehen auch andere Sicherungsrechte auf den Bürgen über (§ 774 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Die Legalzession der Hauptforderung hat einen entscheidenden Vorteil. Neben der Hauptforderung erhält der Bürge automatisch auch die hierfür bestehenden akzessorischen Sicherheiten. Diese gehen nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 412, 401 BGB), oder gegebenenfalls nach den Spezialvorschriften (§ 1153 Abs. 1 BGB (Hypothek), § 1250 Abs. 1 S. 1 BGB (Pfandrecht)) über. Bei nicht-akzessorischen Rechten wird bei Fehlen einer entgegenstehenden ausdrücklichen Regelung im Sicherungsvertrag der Bürgschaftsvertrag dahingehend auszulegen sein, dass der Gläubiger verpflichtet ist, die parallel zur Hauptforderung bestehenden nicht-akzessorischen Sicherheiten auf den Bürgen zu übertragen.
4. Nach dem BGH ist der zahlende Bürge so zu stellen, als hätte der Hauptschuldner gezahlt.
Ja, in der Tat!
Der BGH vertritt, dass der zahlende Bürge so zu stellen ist, als hätte der Hauptschuldner gezahlt. Das bedeutet, dass der Bürge nur eine Forderung gegen den Beitretenden erwirbt, wenn auch der Hauptschuldner einen internen Ausgleichsanspruch gehabt hätte („andere Bestimmung“ i.S.d. § 426 Abs. 1 BGB). Nach dem BGH hätte B keinen Regressanspruch gegen T, da T im Innenverhältnis mit S nicht zur Zahlung verpflichtet war.
5. Nach der Literatur geht die Gesamtschuldforderung, welche sich aus dem Schuldbeitritt ergibt (§§ 488, 421, 427 BGB), als Nebenrecht i.S.d. § 401 BGB bei der Legalzession über.
Ja!
Die Literatur lehnt die Ansicht des BGH ab. Folge man dem BGH, würde die Bürgschaft schlechter gestellt als der Schuldbeitritt. Hätte nämlich der Beitretende gezahlt, hätte er unstreitig neben der Hauptforderung auch die Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsrecht erhalten. Diese Ungleichbehandlung führe zu Wertungswidersprüchen, weshalb hier die Gesamtschuldforderung auf den Bürgen übergehen müssen. Nach der Lit. ist die Gesamtschuldforderung als Sicherungsrecht mit übergegangen. Je nach dem, ob man dem BGH oder der Literatur folgt, kommt man hier also zu unterschiedlichen Ergebnissen. Beide Ansicht kannst Du natürlich – mit guter Begründung - vertreten. Hier kommt es eher auf die Herleitung der Problematik an.
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