Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Geschäftsfähigkeit

§ 107 BGB, Einwilligung eines Alleinerziehenden

§ 107 BGB, Einwilligung eines Alleinerziehenden

21. November 2024

4,7(25.557 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 17-jährige K möchte seinen alten Laptop seinem 12-jährigen Cousin C schenken. K fragt seinen alleinerziehenden Vater V um Erlaubnis. Dieser ist einverstanden. V hat das alleinige Sorgerecht.

Diesen Fall lösen 66,8 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

§ 107 BGB, Einwilligung eines Alleinerziehenden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sowohl für den Abschluss des Schenkungsvertrags (§ 516 BGB) mit C, als auch für die Übereignung (§ 929 BGB) an C, benötigt K die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

Genau, so ist das!

Ein beschränkt Geschäftsfähiger bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Lediglich rechtlich vorteilhaft ist ein Rechtsgeschäft dann, wenn es die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessert. Dies wiederum ist der Fall, wenn durch das Rechtsgeschäft ausschließlich persönliche Rechte begründet oder persönliche Pflichten aufgehoben werden. Durch Abschluss des Schenkungsvertrags (§ 516 BGB) verpflichtet sich K zur Übereignung des Laptops an C. Die Übereignung (§ 929 BGB) führt für K dazu, dass er das Eigentum an seinem Laptop verliert.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. C braucht weder für den Abschluss des Schenkungsvertrags noch für den Eigentumserwerb am Laptop die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.

Ja, in der Tat!

Ein beschränkt Geschäftsfähiger bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Lediglich rechtlich vorteilhaft ist ein Rechtsgeschäft dann, wenn es die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessert. Dies wiederum ist der Fall, wenn durch das Rechtsgeschäft ausschließlich persönliche Rechte begründet oder persönliche Pflichten aufgehoben werden. Durch den Schenkungsvertrag entsteht keine rechtliche Verpflichtung für den C, jedoch erlangt er einen Anspruch auf Übereignung des Laptops. Durch den Eigentumserwerb wird ausschließlich Eigentum für C begründet.

3. Die Einwilligung von Ks Vater allein reicht aus.

Ja!

Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt, § 1629 Abs. 1 S. 2 HS. 1 BGB. Wenn die Eltern bei der Geburt des Kindes unverheiratet sind, hat die Mutter die alleinige elterliche Sorge, § 1626a Abs. 3 BGB. Etwas anderes gilt nur, wenn die Eltern erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen, sie einander heiraten oder soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt, §§ 1626a Abs. 1 BGB. Auch wenn anfangs gemeinsame elterliche Sorge besteht, kann sie später auf nur einen der beiden übergehen. Und zwar dann wenn die Eltern getrennt leben oder bei Tod eines Elternteils, §§ 1680 Abs. 1, 1671 BGB. Beachte: Ein Schenkungsversprechen (§ 516 BGB) bedarf nach § 518 Abs. 1 S. 1 BGB der notariellen Beurkundung. Dieser Formmangel wird jedoch durch Bewirkung der versprochenen Leistung (Übereignung des Laptops) geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB).

4. Indem K den Laptop an C übereignet hat, hat er seine Verpflichtung aus dem Schenkungsvertrag erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Der Anspruch des Gläubigers erlischt, wenn die geschuldete Leistung an ihn bewirkt wird (§ 362 Abs. 1 BGB). Ist der Anspruch einmal untergegangen, so besteht das Forderungsrecht des Gläubigers nicht mehr. Da dies für den Minderjährigen einen Nachteil darstellt, unterscheidet man zwischen der Übertragung des Eigentums und der Erfüllungswirkung. Während die Eigentumsübertragung möglich sein soll, so soll hierdurch keine Erfüllungswirkung eintreten.Obwohl K den Laptop an C übereignet hat, ist keine Erfüllung eingetreten. Mehr zur Erfüllung gegenüber Minderjährigen findest Du: hier
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAN

Daniel

27.9.2021, 17:58:05

Ist der Formmangel der Grund dafür, dass es keinen Anspruch auf Erfüllung gibt und dass daher die

Übereignung

auch nicht zum Erlöschen des Anspruchs (=möglicher rechtlicher Nachteil) führen kann? Wäre der Fall dann anders zu bewerten wenn der Schenkungsvertrag notariell beurkundet wäre?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.10.2021, 18:22:11

Hallo Daniel, der Formmangel ist hier nicht der entscheidende Punkt. Vielmehr trennt die herrschende Meinung im Hinblick auf

Übereignung

en an Minderjährige zwischen der dinglichen

Übereignung

und der schuldrechtlichen Erfüllungswirkung der

Übereignung

. Durch die

Übereignung

des Laptops selbst hat C erstmal keinen Nachteil. Dieser könnte nur daraus folgen, dass durch die

Übereignung

die Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) eintritt und damit ihr Anspruch aus dem Schenkungsvertrag erlischt. Nach der Theorie von der Empfangszuständigkeit sind die Minderjährigen aber nicht empfangszuständig im Hinblick auf die Erfüllung und damit hat C (sofern die Eltern den Empfang nicht genehmigen) zunächst beides - den Laptop und die Forderung aus dem Schenkungsvertrag. Das zeigt, wie stark der Minderjährigenschutz ist :) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JO

jomolino

7.2.2022, 14:09:12

Vielleicht könntet ihr noch eine Frage hinzufügen die deutlich macht, dass die Erfüllung nicht eingetreten ist trotz

Übereignung

? Das verarbeitet man ja immer etwas anders, als nur in einem Antworttext.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.2.2022, 15:17:14

Danke für den Hinweis, nomamo. Wir haben die entsprechende Antwort, inklusive Link zu weiteren Fällen aus dem Schuldrecht AT ergänzt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SI

silasowicz

12.8.2023, 14:06:24

Wenn man noch einmal auf den Fall mit dem Danaer Geschenk eingeht, heißt das, dass eine

Übereignung

grundsätzlich für denjenigen, der das Eigentum erwirbt, vorteilhaft ist, oder? Dort war das

Verfügungsgeschäft

im konkreten Fall nur deswegen nachteilhaft, weil das Objekt vermietet ist.

BL

Blotgrim

5.4.2024, 11:55:57

Genau, bei einer vermieteten Sache treffen dich halt auch noch Vermieterpflichten deswegen ist die Schenkung da nicht lediglich vorteilhaft

AY

aylin.

18.10.2023, 18:54:36

Kann mir den letzten Punkt jemand erklären? Verstehe nicht wirklich, warum keine Erfüllung Eintritt

LELEE

Leo Lee

21.10.2023, 16:11:27

Hallo aylin., das liegt daran, dass wir unterscheiden müssen zwischen der schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Ebene (

Trennungsprinzip

!). Zunächst mal müssen wir klarstellen, dass die Erfüllung dadurch passiert, indem der Laptop übereignet wird (denn ein Schenkungsvertrag verpflichtet dazu, wie in diesem Fall). Und genau diese

Übereignung

an den C ist möglich, denn eine „reine

Übereignung

“ (wir lassen die Erfüllung außen vor, weil

Trennungsprinzip

) lediglich vorteilhaft ist für den C. Jetzt schauen wir uns die Erfüllung an. Wir hatten vorhin gesagt, dass der Anspruch des C dadurch erfüllt wird, dass er den Laptop übereignet kriegt. Jetzt haben wir allerdings das Problem, dass diese Erfüllung den Anspruch des C aus dem Schenkungsvertrag untergehen lässt (denn wenn man erfüllt, hat man keine Verpflichtungen mehr). Und genau diese Erfüllung, die zur Erlöschung des Anspruchs des C gegen K führt, ist nachteilhaft (nicht vergessen, wir befinden uns auf der SR-Ebene, wo ein Erlöschen nach wie vor nachteilhaft ist). Deshalb ist die

Übereignung

zunächst wirksam, weil nur vorteilhaft (

Trennungsprinzip

!) während die dadurch herbeigeführte Erfüllung auf der SR-Ebene eben nachteilhaft ist. Deshalb ist nur die

Übereignung

wirksam, die Erfüllung jedoch nicht. Dieses etwas widersprüchliches Ergebnis ist dem Minderjährigenchutz geschuldet. Hierzu kann ich dir i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 8. Auflage, Fetzer § 362 Rn. 9 ff. empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

AY

aylin.

22.10.2023, 02:07:06

dankeschön 🫶🏽

PET

Petrus

20.12.2023, 11:32:29

Stellt sich der Streit ob man ggü einem MJ erfüllen kann nur, wenn der MJ ein

rechtlich vorteilhaftes Geschäft

(alleine) abschließt oder auch dann, wenn er mit der ausdrücklichen Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters einen Vertrag schließt welcher dann vollzogen wird?

LELEE

Leo Lee

25.12.2023, 14:42:32

Hallo Petrus, da der Ausgangspunkt des Problems um die Empfangszuständigkeit die Frage nach der Vorteilhaftigkeit der Erfüllung ist und hierzu sowohl die Vertragstheorie als auch die Empfangszuständigkeit eine befreiende Wirkung nur annimmt, wenn mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erfüllt wird bzw. wenn direkt an den gesetzlichen Vertreter erfüllt wird, gibt es – wie du richtig sagt – diesen Streit bzw. Streitentscheid in dem Sinne nicht, wenn der ges. Vertreter von vornherein einwilligt :). Besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch wünscht dir das Jurafuchsteam!

Paulah

Paulah

22.12.2023, 06:07:47

Obwohl der Vater von K damit einverstanden war, dass K den Laptop verschenkt ist keine Erfüllung eingetreten. Das liegt, wenn ich die Ausführungen in einem anderen Thread hier richtig verstehe daran, dass der minderjährige C dann seinen Anspruch auf Erfüllung verlieren würde. Ganz böse - rechtlich nachteilhaft! Aha! Es ist also auch nachteilhaft, wenn ein Anspruch erfüllt wird, die zustehende Leistung also erbracht wurde? Dann könnte gegenüber einem Minderjährigen ohne elterliche Zustimmung ja nie ein Rechtsgeschäft durch Erlöschen des Anspruchs abgeschlossen werden. Das wäre doch dann bei jedem Kaufvertrag und jedem anderen Vertrag auch so. Die zur Aufgabe und im anderen Thread zitierte Müko-Stellen haben mich da nicht weiter gebracht. Folge wäre hier doch dann auch, dass K das Schenkungsversprechen gegenüber C immer noch erfüllen muss. Wie kommt er aus dieser Nummer raus? Muss er die Eltern von C zur Genehmigung auffordern? Kann er das überhaupt? Er ist ja auch noch minderjährig. Oder gilt die Einwilligung des Vaters auch dafür? Viele Grüße von Paula

BL

Blotgrim

5.4.2024, 11:54:03

Ich denke das K die Eltern des C um Genehmigung fragen müsste, die Erfüllung des Schenkungsvertrages zu genehmigen, dass dürfte von der Einwilligung seines Vaters gedeckt sein. Zu dem Punkt dass ein Rechtsgeschäft nicht durch Erlöschen des Anspruchs untergeht würde ich eine kleine Korrektur vornehmen. Das Rechtsgeschäft wird mit Erlöschen des Anspruchs schon abgeschlossen, allerdings erlischt der Anspruch nicht ohne Zustimmung der Eltern. Das ist verwirrend ist aber aus Gründen des Minderjährigenschutzes so. Der Minderjährige soll nicht unüberlegt irgendwelche Rechte/Ansprüche verlieren die er besser behalten sollte. Auf dem Papier würde ich sagen ist K noch zur Erfüllung verpflichtet, meiner Meinung nach müsste er praktisch aber nur die Eltern des C auffordern die Erfüllung für C anzunehmen/ zu genehmigen.

HAGE

hagenhubl

3.5.2024, 10:09:47

Das verstehe ich aber auch nicht so ganz. Wie wäre es denn, wenn die Eltern des C nicht der Erfüllungswirkung zustimmen. Müsste K dann nochmals leisten.

BASA

Barbara Salesch

18.6.2024, 14:47:17

@[hagenhubl](233869) Wenn die Eltern des C dem nicht zustimmen könnte K das Eigentum an dem Laptop nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 kondizieren und müsste dann gras. nochmal leisten.

THE

Theo1

13.7.2024, 18:48:30

Wenn die Verpflichtung aus dem Schenkungsvertrag nicht erfüllt ist, hat C den Laptop dann ohne rechtlichen Grund erlangt und er könnte nach § 812 I 1 zurückgefordert werden? Stattdessen hat C weiterhin den Anspruch aus dem Schenkungsvertrag, der ist aber von C nicht durchsetzbar weil er nicht notariell beurkundet wurde? Ist das ganze dann nicht ein faktischer Nachteil für C, weil der Laptop den er besitzt zurückgefordert werden kann und er keine Möglichkeit hat, an den ihm zustehenden Laptop ranzukommen. Bzw. wäre es nicht günstiger für C wenn die Erfüllung nach § 362 stattgefunden hätte, sodass der Laptop in seinem Eigentum steht?

TI

Timurso

14.7.2024, 10:29:15

Ich denke, im wesentlichen hast du Recht. Knackpunkt ist hier, dass der C den Anspruch so oder so nicht hat, ob wegen Erfüllung, 362 BGB oder Formnichtigkeit, 125 BGB. Insofern könnte man argumentieren, dass er durch die Erfüllung auch keinen Nachteil erleidet und daher Erfüllungswirkung auch ohne elterliche Zustimmung eintritt. Alternativ kann er natürlich auch einfach zu seinen Eltern gehen und die Erfüllung genehmigen lassen, auch nachdem K den Kondiktionsanspruch geltend gemacht hat. Insofern ist das Problem praktisch irrelevant. Und wenn C den Laptop zerstört/verliert, kann K auch aufgrund von

§ 818 III BGB

nichts verlangen. Man könnte also durchaus sagen, dass der Minderjährige auch aktuell ausreichend bzw. gleich stark geschützt ist, er muss eben nur den extra Schritt über seine Eltern gehen.

G0D0FM

G0d0fMischief

25.9.2024, 16:34:51

Vielleicht habe ich da auch etwas falsch verstanden, aber wegen hier scheitert die Erfüllung nach § 362 I BGB daran, dass nicht der C, sondern dessen gesetzliche Vertreter empfangszuständig sind (sog.

Theorie der realen Leistungsbewirkung

). Da die Eltern analog §

107 BGB

dem C keine Einwilligung zur Entgegennahme des Laptops gegeben haben ist keine Erfüllung eingetreten. Aber dennoch wurde der Laptop gem. § 929 S. 1 BGB wirksam an C übereignet. Die

Übereignung

ist für C

lediglich rechtlich vorteilhaft

i.S.v. §

107 BGB

, sodass er für diese nicht die Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter braucht. In Bezug auf § 518 I BGB würde ich sagen, dass durch die Übertragung des Eigentums an C die Leistung an diesen bewirkt wurde. Es ist lediglich keine Erfüllungswirkung eingetreten. Daher müsste gem. § 518 II BGB der Schenkungsvertrag geheilt worden sein. Ich hoffe ich habe hier jetzt keinen Denkfehler gemacht.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen