Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Geschäftsfähigkeit

§ 108 Abs. 3 BGB, schwebend unwirksamer Vertrag + der Minderjährige ist zwischenzeitlich volljährig geworden

§ 108 Abs. 3 BGB, schwebend unwirksamer Vertrag + der Minderjährige ist zwischenzeitlich volljährig geworden

8. April 2025

5 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 17-jährige K will bei seinen Eltern E ausziehen. Er hat ohne ihr Wissen bereits eine Wohnung besichtigt und mit Vermieter V einen Mietvertrag geschlossen. Einen Tag nach seinem 18. Geburtstag erfahren seine Eltern E davon und erklären, dass sie hiermit nicht einverstanden sind.

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Einordnung des Falls

§ 108 Abs. 3 BGB, schwebend unwirksamer Vertrag + der Minderjährige ist zwischenzeitlich volljährig geworden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Mietvertrag (§ 535 BGB) zwischen K und V ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirksam.

Nein!

Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Schließt er einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Bis dahin ist er schwebend unwirksam. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war K noch minderjährig. Er hat ohne die Einwilligung seiner Eltern den Mietvertrag geschlossen. Der Vertrag ist schwebend unwirksam.
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2. Dadurch, dass die E ihre Genehmigung verweigert haben, wurde der Vertrag endgültig unwirksam.

Nein, das ist nicht der Fall!

Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters (§ 108 Abs. 3 BGB). K ist zwischenzeitlich unbeschränkt geschäftsfähig geworden. Die durch die Eltern erklärte Verweigerung der Genehmigung ist unwirksam, weil sie erst erfolgt ist, als der K schon volljährig war. Der Vertrag ist somit immer noch schwebend unwirksam. K kann den Vertrag nun selbst genehmigen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TUBAT

TubaTheo

19.9.2023, 12:39:41

Wie ist der Fall zu behandeln, wenn die Eltern vor dem dem 18. Geburtstag die Genehmigung verweigern? Grundsätzlich ist der Vertrag dann endgültig unwirksam. Kann der Minderjährige dann aber nach seinem 18. Geburtstag dann trotzdem die Genehmigung erteilen oder ist das dann als ein neues Angebot anzusehen? Vor allem, wenn der Geschäftspartner des Minderjährigen von der (internen) Verweigerung der Genehmigung gegenüber dem Minderjährigen nichts mitbekommt.

Prof. Dr. Maggus Rühl LL.M.

Prof. Dr. Maggus Rühl LL.M.

21.8.2024, 11:59:10

gilt, dann als neues Angebot. Schutz des minderjährigen

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

23.1.2025, 13:57:38

Hallo @[TubaTheo](201157), wie du bereits richtig vermutet und @[Prof. Dr. Maggus Rühl LL.M.](213248) gesagt hat, gilt die Erklärung der Genehmigung grundsätzlich nur als neues Angebot. Der alte Vertrag ist aufgrund der Verweigerung der Genehmigung durch die Eltern endgültig unwirksam geworden. Eine Möglichkeit gibt es jedoch, um die Genehmigung des Vertrages noch zu ermöglichen: Wenn der Vertragspartner nach § 108 Abs. 2 BGB die Eltern (oder den nun Volljährigen, der mit Erreichen der Volljährigkeit an ihre Stelle tritt) zur Erklärung auffordert, wird die zuvor im Innenverhältnis erklärte Verweigerung der Genehmigung unwirksam. Dann kann der nun Volljährige die Genehmigung erteilen und der Vertrag kommt zustande. Das ist ja auch genau das gesetzliche Instrument, welches den Vertragspartner davor schützen soll, dass er von der Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung im Innenverhältnis nichts mitbekommt. Passiert diese Aufforderung nicht, und der Geschäftspartner vertraut einfach auf die Genehmigung, die ihm gegenüber nach dem 18. Geburtstag erklärt wird, besteht zunächst kein Vertrag. Das ist zwingende Folge des Minderjährigenschutzes, der grundsätzlicher schutzwürdiger ist als der Rechtsverkehr. Zu einem Vertragsschluss wird man dann regelmäßig höchstens darüber kommen, dass man die Genehmigung als neues Angebot sieht, welches dann

konkludent

angenommen werden könnte (allerdings nicht durch bloße Erfüllungshandlungen im Glauben, dass ein Vertrag bereits besteht). Das hängt dann vom konkreten Sachverhalt ab. Insgesamt kann es hier durchaus zu unbefriedigenden Ergebnissen kommen, aber da muss man sich meiner Meinung nach vor Augen halten, dass beide Parteien die Möglichkeiten haben, einen wirksamen Vertrag herbeizuführen, wenn sie das wollen. Der nun Volljährige kann dem Vertragspartner erklären, dass die Genehmigung verweigert wurde und er gerne einen neuen Vertrag schließen möchte. Und der Vertragspartner hat die erwähnte Möglichkeit nach § 108 Abs. 2 BGB. Insbesondere letzteres sollte man im Rechtsverkehr eben auch nutzen, wenn man nicht das Risiko haben möchte, dass der Vertrag wider Erwartens unwirksam ist. Viele Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team @[Wendelin Neubert](409)


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