§ 108 Abs. 3 BGB, schwebend unwirksamer Vertrag + der Minderjährige ist zwischenzeitlich volljährig geworden


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Lernplan ZR Kleiner Schein (100%)

Der 17-jährige K will bei seinen Eltern E ausziehen. Er hat ohne ihr Wissen bereits eine Wohnung besichtigt und mit Vermieter V einen Mietvertrag geschlossen. Einen Tag nach seinem 18. Geburtstag erfahren seine Eltern E davon und erklären, dass sie hiermit nicht einverstanden sind.

Einordnung des Falls

§ 108 Abs. 3 BGB, schwebend unwirksamer Vertrag + der Minderjährige ist zwischenzeitlich volljährig geworden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Mietvertrag (§ 535 BGB) zwischen K und V ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirksam.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Nein!

Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Schließt er einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Bis dahin ist er schwebend unwirksam. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war K noch minderjährig. Er hat ohne die Einwilligung seiner Eltern den Mietvertrag geschlossen. Der Vertrag ist schwebend unwirksam.

2. Dadurch, dass die E ihre Genehmigung verweigert haben, wurde der Vertrag endgültig unwirksam.

Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.

...Wird geladen

Nein, das ist nicht der Fall!

Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters (§ 108 Abs. 3 BGB). K ist zwischenzeitlich unbeschränkt geschäftsfähig geworden. Die durch die Eltern erklärte Verweigerung der Genehmigung ist unwirksam, weil sie erst erfolgt ist, als der K schon volljährig war. Der Vertrag ist somit immer noch schwebend unwirksam. K kann den Vertrag nun selbst genehmigen.

Jurafuchs kostenlos testen


TUBAT

TubaTheo

19.9.2023, 12:39:41

Wie ist der Fall zu behandeln, wenn die Eltern vor dem dem 18. Geburtstag die Genehmigung verweigern? Grundsätzlich ist der Vertrag dann endgültig unwirksam. Kann der Minderjährige dann aber nach seinem 18. Geburtstag dann trotzdem die Genehmigung erteilen oder ist das dann als ein neues Angebot anzusehen? Vor allem, wenn der Geschäftspartner des Minderjährigen von der (internen) Verweigerung der Genehmigung gegenüber dem Minderjährigen nichts mitbekommt.


© Jurafuchs 2024