Terminsbestimmung / rechtliches Gehör
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Das Gericht legt den Termin zur Hauptverhandlung auf den ersten Tag des Laubhüttenfestes, einem hohen jüdischen Feiertag. Der jüdische Angeklagte J kann an diesem Tag aus religiösen Gründen nicht vor Gericht auftreten und sich zur Sache äußern.
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Einordnung des Falls
Terminsbestimmung / rechtliches Gehör
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Bestimmung eines Termins ist Teil des Zwischenverfahrens.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Terminsbestimmung erfolgte hier rechtmäßig.
Nein!
3. Die rechtswidrige Terminsbestimmung ist angreifbar.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Juri
18.1.2021, 20:15:42
Der Verstoß gegen Art. 103 I GG begründet sich also damit, dass der Termin am Laubhüttenfest ist und es unzumutbar ist (Religionsfreiheit?) an dem Tag vor Gericht zu erscheinen? Mir erschließt sich der Zusammenhang zur Wochenfrist nicht... 🤔🤷
Jana-Kristin
4.3.2021, 15:43:56
Ich glaube, hier wurde die falsche Lösung eingefügt. Die Lösung bezieht sich auf eine zu kurze Ladungsfrist (217 I StPO). In dem Fall geht es aber darum, dass das Gericht bei der Terminsanberaumung nicht auf konfessionelle Verhältnisse Rücksicht genommen hat.
Lukas_Mengestu
9.12.2021, 11:00:11
Hallo ihr beiden, die Wochenfrist im Maßstab ist lediglich eine Leitplanke die das Gericht bei der Terminierung zu beachten hat (auf die es vorliegend aber nicht ankam). Die andere ist die, dass sichergestellt werden muss, dass die Rechte des Angeklagten gewahrt sind. Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Den Verstoß sah der BGH dabei nicht in einer Verletzung der Religionsfreiheit, sondern in der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), da es gläubigen, orthodoxen Juden verboten ist an Feiertagen auszusagen. Dadurch konnte der Angeklagte von seinem Aussagerecht keinen Gebrauch machen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Faby
28.5.2023, 12:50:23
Woher weiß der Vorsitzende die Religionszugehörigkeit des Angeklagten? Oder geht es dann immer darum, dass sich der Angeklagte mit der Beschwerde dagegen richtet und das Gericht erst dann von diesem Umstand erfährt und dann den Termin verlegt?
Lukas_Mengestu
8.6.2023, 14:59:40
Hallo Faby, in dem zugrunde liegenden Fall hatte der Angeklagte durch seinen Verteidiger dies bereits zuvor dem Gericht mitgeteilt und hierzu auch entsprechende Belege seiner Heimatgemeinde eingereicht. In der Hauptverhandlung war er dann zwar anwesend, erklärte dort aber, er dürfe sich nicht zu der Sache äußern. Das Gericht hat also nicht erst in der Beschwerde von dem Sachverhalt erfahren. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team