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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T fährt rasant mit seinem Auto durch die Stadt. Der Beifahrer O fordert T lauthals auf, vorsichtiger zu fahren.

Einordnung des Falls

Fahrer ignoriert Wunsch des Mitfahrers, auszusteigen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T mit dem O durch die Straßen rast, hat er diesen in seinem Auto "eingesperrt" (§ 239 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

"Einsperren" bedeutet, jemanden durch äußere Vorrichtungen am Verlassen eines umschlossenen Raumes zu hindern. Die Ausgänge des umschlossenen Raumes können mechanisch oder elektronisch verschlossen, durch Hindernisse oder durch Bewachung versperrt sein. Dies kann auch durch einen anderen Menschen geschehen. T hat O indes nicht durch äußere Vorrichtungen am Verlassen des Raumes gehindert, sondern ihn lediglich in eine unbehagliche Lage gebracht.

2. T beraubt den O "auf andere Weise" seiner Freiheit (§ 239 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Nein!

Die Freiheitsberaubung "auf andere Weise" umfasst jedes Tun oder Unterlassen, durch das die Fortbewegung vollständig verhindert wird. Als Tatmittel kommt alles, was tauglich ist, einem anderen die Möglichkeit der Fortbewegung zu nehmen, in Betracht. Dieses Merkmal braucht der Einsperrung daher nicht ähnlich sein. Dazu zählen das Fesseln, Betäuben, Festhalten und Einkesseln. Das Tatbestandsmerkmal "auf sonstige Weise" ist noch nicht erfüllt, wenn der Fahrer entgegen der Aufforderung eines anderen Insassen, die Fahrweise zu ändern, unverändert weiterfährt. Es muss vielmehr der für die Annahme des Widerrufs der im Vorfeld erteilten Einwilligung in die Beförderung in einem solchen Fall hinzukommen, dass der Beifahrer den eindeutigen und unmissverständlichen Wunsch zum Ausdruck bringt, das Fahrzeug unter den nun vorhandenen Umständen auch verlassen zu wollen. O fordert T nur auf, vorsichtiger zu fahren.

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EL

Elisa

25.1.2023, 20:19:35

Aber widerspricht sich der BGH dann hier nicht? Denn es soll doch nach h.M. nicht nur die aktuelle sondern auch die potentielle Fortbewegungsfreiheit geschützt werden. Ob das Opfer sich tatsächlich fortbewegen möchte, wäre danach ja irrelevant. Es kommt hier sicher darauf an, wie rasant T gefahren ist, aber an sich könnte man doch schon von einsperren sprechen, da O das Auto bei einer schnellen Fahrt nicht verlassen und auch keinen Einfluss auf T und seinen Fahrstil nehmen kann.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.1.2023, 14:09:46

Hallo Elisa, es ist zu differenzieren, ob O tatsächlich nicht in dem Auto sein möchte oder sich nur mit T´s Fahrstil unwohl fühlt. Letzteres begründet noch keine Freiheitsberaubung, unabhängig von der eingeschränkten potentiellen Fortbewegungsfreiheit. Die Bitte vorsichtiger zu fahren ist nicht gleichzusetzen mit dem Willen sich nicht im Auto zu befinden. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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