Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte: EU-Verordnung als Gesetz (Irak-Embargo)


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Unionsbürger G hat sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Flugzeugaufbauten spezialisiert und unterhält Geschäftsbeziehungen zum Irak. Die zuständigen Organe der Europäischen Union verhängen mit Hilfe einer Verordnung ein Embargo gegen den Irak. Deutschland erlässt ein inhaltsgleiches Gesetz. G liefert weiter in den Irak.

Einordnung des Falls

Gesetz- und sittenwidrige Rechtsgeschäfte: EU-Verordnung als Gesetz (Irak-Embargo)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Verordnung der zuständigen Organe der Europäischen Union gelten unmittelbar in den Mitgliedsstaaten.

Ja, in der Tat!

Die rechtliche Grundlage ist Art. 288 AEUV. Organe der europäischen Union können Verordnungen aufgrund Art. 288 Abs. 1 AEUV erlassen. Diese verfügen eine allgemeine und unmittelbare Geltung in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Art. 288 AEUV). Unmittelbare Geltung bedeutet, dass die Verordnung keiner Umsetzung in das innerstaatliche Recht bedürfen. Adressat der Verordnung sind die Organe der Union, die Mitgliedsstaaten und die Unionsbürger. Die Verordnung zum Embargo gilt unmittelbar in Deutschland und somit auch für den G als Unionsbürger.

2. Die europäische Verordnung kann als Verbotsgesetz zu qualifizieren sein.

Ja!

Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB kann gem. Art. 2 EGBGB jede Rechtsnorm sein, deren Auslegung ergibt, dass ein Rechtsgeschäft wegen der besonderen Umstände, seines Inhalts oder des bezweckten Rechtserfolges untersagt ist. Sekundäres Unionsrecht kann als Verbotsgesetz zu qualifizieren sein. Grund dafür ist die unmittelbare Geltung (Art. 288 Abs. 2 AEUV). Die europäische Verordnung stellt sekundäres Unionsrecht dar, welches ein Verbotsgesetz darstellen kann.

3. Das gegen den Irak verhängte Embargo stellt ein unmittelbar geltendes Verbotsgesetz dar (§ 134 BGB).

Genau, so ist das!

Ein Verbotsgesetz liegt vor, wenn nach Sinn und Zweck der Verbotsnorm das Rechtsgeschäft nichtig sein soll. Im Wege der Auslegung ist zu ermitteln, ob die zivilrechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäft gewollt ist. Nach der Verordnung ist die Ein- und Ausfuhr in den Irak verboten.

4. Das deutsche Gesetz geht der europäischen Verordnung vor.

Nein, das trifft nicht zu!

Erlassen die Mitgliedsstaaten ein dem Inhalt der Verordnung entsprechendes Gesetz, so kommt dem Gesetz nur ein deklaratorischer Charakter zu. Das von Deutschland erlassene Gesetz ist inhaltsgleich zur Verordnung. Damit kommt dem Gesetz nur ein deklaratorischer Charakter zu.

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SvzW

SvzW

2.1.2024, 21:11:20

Prinzipiell sind sie dann aber gleichstufig oder?

DEL

deliaco

24.1.2024, 21:20:24

Diese Frage stelle ich mir auch. In welchem Verhältnis stehen das deutsche Gesetz und die europäischen Verordnung, wenn ein Vorrang des letzteren abzulehnen ist? @[Jurafuchs ](51195)

BL

Blotgrim

1.4.2024, 14:42:16

Europarecht hat Vorrang vor dem nationalen Recht, die Norm fällt mir gerade nicht ein, der Grund ist aber, dass nicht jedes Land machen soll was es will, wenn die EU hierfür eine Regelung getroffen hat. So sind nationale Vorschriften auch unter europarechtlichem Bezug auszulegen


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