§ 134 und Umgehungsgeschäfte

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Wirtin W betreibt eine Kneipe in Köln. Ihre Gaststättenerlaubnis wird ihr aufgrund ihrer Alkoholsucht entzogen. W ist pfiffig und verkauft die Kneipe an ihren Freund F. F und W vereinbaren, dass W weiterhin Geschäftsführerin bleibt.

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Einordnung des Falls

§ 134 und Umgehungsgeschäfte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vereinbarung zwischen W und F stellt ein Umgehungsgeschäft dar.

Ja!

Ein Umgehungsgeschäft ist ein Rechtsgeschäft, das den vom Verbotsgesetz rechtlich missbilligten Erfolg auf einem Weg zu erreichen versucht, den der Wortlaut des Verbotsgesetzes nicht umfasst. W darf aufgrund der Alkoholsucht keine Kneipe betreiben (§ 15 GastG, § 4 GastG). Den Betrieb der Kneipe versucht sie dahingehend aufrecht zu erhalten, dass sie als Geschäftsführer der Kneipe agiert. § 15 GastG verbietet nicht die Geschäftsführung. Das Verbot nach § 15 GastG und § 4 GastG wird dadurch umgangen.
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2. § 134 BGB umfasst auch Umgehungsgeschäfte.

Genau, so ist das!

Der Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes würde ansonsten nicht hinreichend berücksichtigt werden. Durch Auslegung der Verbotsnorm ist zu klären, ob ein Umgehungsgeschäft nichtig ist. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich das Verbotsgesetz nur gegen einen bestimmten Weg zur Erreichung des an sich zulässigen Erfolgs richtet oder ob der Erfolg selbst verboten ist. Im letzteren Fall sind auch Rechtsgeschäfte unwirksam, die den Erfolg auf einem Weg anstreben, den das Verbotsgesetz nicht erfasst. Eine Wirtin, der unter einer Alkoholsucht leidet, soll keine Kneipe betreiben. Dieses Ziel würde durch die Berufung der W als Geschäftsführerin torpediert werden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

QUIG

QuiGonTim

11.7.2022, 12:01:42

Nochmal zum Verständnis: Nichtig ist nur die Vereinbarung, W zur Geschäftsführerin zu machen. Der Kaufvertrag über die Kneipe sowie die entsprechende

Übereignung

sind wirksam. Richtig?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.7.2022, 18:06:42

Hallo QuiGonTim, genauso ist es! Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Dogu

Dogu

15.8.2024, 23:02:26

Vielleicht könnte das in der Aufgabe ergänzt werden?

FalkTG

FalkTG

23.9.2024, 10:04:07

Wieso ist hier der Vertrag nach § 134 BGB nichtig? Bei der Radar Entscheidung wurde hingegen für die Umgehung auf § 138 BGB abgestellt.

LELEE

Leo Lee

28.9.2024, 05:47:43

Hallo FalkTG, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat wurde bei der Radarentscheidung auf 138 abgestellt und nicht wie hier auf 134. Dies ist allerdings der Tatsache geschuldet, dass der dortige Fall anders gelagert war. Denn da gab es KEIN Gesetz, was nach 134 BGB ein Verbotsgesetz darstellte. Denn die Nutzung des Geräts selbst ist erlaubt, nur ist der ERWERB gesetzlich untersagt. Und weil 134 für die Nutzung nicht griff, musste 138 als "Auffangklausel" herhalten. Hier hingegen gibt es gerade Gesetze, die das Rechtsgeschäft verbieten, weshalb wir nicht mehr auf den 138 rekurrieren müssen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

BENED

Benedikt

14.10.2024, 15:00:50

Die Norm, die der Wirten den Betrieb der Gaststätte untersagt, sind doch (nach den vorherigen Ausführungen) kein Verbotsgesetz, sondern nur ein Ordnungsgesetz, oder verstehe ich das falsch? Mir fallen zumindest keine Rechtsgeschäfte ein, die deshalb nach 134 BGB nichtig wären. Falls das stimmt: Kann ein Rechtsgeschäft zur Umgehung von Ordungsgesetzen ebenfalls nach 134 BGB nichtig sein, oder ist ein Verbotsgesetz notwendig?


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