Unwirksame Beschränkung des Rücktrittsrechts (§ 309 Nr. 8 a) BGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
F kauft im Warenhaus Hertie Wandfarbe für ihre Wohnung. H verwendet AGB, die bestimmen, dass der Rücktritt vom Vertrag schriftlich und spätestens innerhalb einer Woche nach einer von H zu vertretenden Pflichtverletzung zu erklären sei.
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Einordnung des Falls
Unwirksame Beschränkung des Rücktrittsrechts (§ 309 Nr. 8 a) BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Damit die Klausel an § 309 Nr. 8 a) BGB zu messen ist, müsste es sich um einen Vertrag zur Lieferung neu hergestellter Sachen oder über Werkleistungen handeln.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Bestimmung, dass der Rücktritt vom Vertrag innerhalb einer Woche zu erklären sei, verstößt gegen § 309 Nr. 8 a) BGB.
Ja, in der Tat!
3. Die Bestimmung, wonach der Rücktritt schriftlich erklärt werden muss, verstößt ebenfalls gegen § 309 Nr. 8 a) BGB.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Bubbles
6.11.2023, 13:17:04
Ist das der sogenannte "Blue-Pencil-Test"?
simon175
6.11.2024, 19:18:52
Nein, der blue-pencil-test ist eine Ausnahme von dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Eine Klausel kann danach in einen inhaltlich zulässigen und inhaltlich unzulässigen Teil aufgespaltet werden, man streicht den unzulässigen Teil (mit einem blauen Stift) weg, sodass der nicht durchgestrichene Teil weiterhin gültig ist. Dies wird auch als "partielle Aufrechterhaltung" einer unwirksamen Klausel bezeichnet. Da dies eine Ausnahme ist, braucht es aber innerhalb der problematischen Klausel eine „inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen“. "Inhaltlich trennbar" ist die Klausel dann, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (Fornasier, § 306 Rn. 22f., MüKo 9. Aufl. 2022).
Dogu
1.12.2023, 10:56:40
Nicht alle gesetzlichen Lösungsrechte werden hiervon umfasst. Vom Klauselverbot nicht erfasst werden Lösungsrechte in Kauf- oder Werkverträgen, die an den Mangel der Kaufsache oder des Werks anknüpfen.
Leo Lee
2.12.2023, 18:34:36
Hallo Dogu, vielen Dank für dein Feedback! Du hast i.E. völlig Recht, dass 309 8a) ultimativ nicht Werk- oder Kaufverträge erfasst, weil lit. b) die spezielle Regelung ist. Beachte allerdings, dass lit. a) immer noch als GENERALklausel auch den Kauf- und Werkvertrag sehr wohl umfasst; nur wird bei Vorliegen dieser Vertragsarten lit. a) verdrängt (womit wir i.E. dazu kommen, dass lit. a) diese Verträge nicht erfasst…). Wir haben diese Aussage mit aufgenommen aus dogmatischen Gründen und bitten dir insofern um das Verständnis. Wie gesagt wird aber in der Klausur es völlig ausreichen, wenn man unter Hinweis auf den Spezialcharakter direkt den lit. b) prüft. Vertiefend kann ich i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Wurmnest § 309 Nr. 8 Rn. 7 empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Peter im Pech
11.1.2024, 21:34:15
Wären das zwei verschiedene Klauseln oder ist das nur eine Klausel? Wäre nämlich die erste Verpflichtung (Schriftform) rein hypothetisch wirksam, würde man je nachdem, ob man zwei Klauseln oder eine Klausel annimmt zu verschiedenen Ergebnissen kommen….
Timurso
12.1.2024, 10:36:53
Das hängt imo von der genauen Formulierung ab. In einem Satz dürfte es eine Klausel sein. In verschiedenen Sätzen könnten es zwei sein, je nach äußerem Erscheinungsbild und inhaltlichem Zusammenhang. Hierbei ist auch die Rechtsprechung zum blue-pencil-test zu berücksichtigen (die mMn jedoch falsch und nicht anzuwenden ist).