Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

AGB

§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB für eine Vielzahl von Verträgen (-)

§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB für eine Vielzahl von Verträgen (-)

2. Juli 2025

14 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

H will seine Eigentumswohnung an M vermieten. Er findet auf dem Schreibtisch seiner Ehefrau F einen von ihr entworfenen Mietvertrag mit Schönheitsreparaturklausel, den sie mit X über eine andere Immobilie geschlossen hatte. Er verwendet diesen für den Mietvertrag mit M.

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Einordnung des Falls

§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB für eine Vielzahl von Verträgen (-)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Klausel ist eine „Vertragsbedingung“ (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Eine Vertragsbedingung ist eine Regelung, die nach dem objektiven Empfängerhorizont den Vertragsinhalt festlegen will. Abzugrenzen sind Vertragsbedingungen von unverbindlichen Hinweisen, Bitten, oder Empfehlungen, die mangels Regelungsgehalt nicht auf den Vertragsinhalt einwirken. Die Klausel wirkt auf die Schönheitsreparaturen und daher als Vertragsbedingung auf den Vertragsinhalt ein.
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2. Die Klausel ist „vorformuliert“ (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja!

Eine Vertragsbedingung ist vorformuliert, wenn sie vor Abschluss des Vertrags oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts entworfen wurde. Entscheidend ist ein gewisser zeitlicher Abstand zum Vertragsschluss, der eine vorausschauende Vertragsgestaltung nahelegt. Die Klausel war vor dem Mietvertragsschluss von H mit M durch F vorformuliert worden.

3. Die Klausel ist „für eine Vielzahl von Verträgen“ aufgestellt (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Klausel ist für eine Vielzahl von Verträgen aufgestellt, wenn der Verfasser die Klausel in dem Bewusstsein erstellt hat, dass diese mehrfach verwendet wird. Belanglos ist, ob die Klausel später tatsächlich für eine Vielzahl von Verträgen verwendet wird, sodass bereits bei der ersten Verwendung solcher Klauseln das Merkmal vorliegen kann. F hat die Klausel nur für den konkreten Vertrag mit X entworfen. Sie wusste nicht, dass ihr Mann die Klausel nutzen würde. Auch H selbst handelte ohne Mehrfachverwendungsabsicht. Die Klausel ist nicht für eine Vielzahl von Verträgen aufgestellt, sodass keine AGB vorliegen. Einzelfallklauseln können vom Verwender nach herrschender Meinung auch "umgewidmet" werden. Hätte H in dem Fall die Klausel ohne sie umzuformulieren mit Mehrfachverwendungsabsicht für drei oder mehr Verträge verwendet, lägen daher AGB vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

GEL

gelöscht

29.7.2021, 12:09:14

Meint für mehr als 3, dass es größer als 3 (>3) oder größer und gleich 3 (>=3)? Falls letzteres gemeint ist, ist die Formulierung irreführend

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

9.12.2021, 12:25:46

Hallo Adam, nach der Rechtsprechung des BGH liegen bereits bei beabsichtigter

Verwendung

in drei Fällen AGB vor (vgl. BGH NJW 2019, 2997). Wir haben die Aufgabe entsprechend präzisiert. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

Law🦥

Law🦥

4.2.2024, 20:42:25

Der entworfene Mietvertrag von der Ehefrau F wurde doch bereits in der Vermietung einer Immobilie an X genutzt- warum stimmt dann die Anwendung von Paragraf 305 Abs.1 S.1 BGB nicht? Die Klausel wird nachweislich ein zweites Mal genutzt- ich würde hier also Mehrfachnutzung bejahen- es wurde aus dem „Repertoire“ geschöpft.

VALA

Vanilla Latte

21.2.2024, 01:38:22

Weil es mindestens einer dreimaligen

Verwendung

sabsicht bedarf, glaube ich

Law🦥

Law🦥

21.2.2024, 10:51:18

Das steht wo? 🙂 also würde in dem Fall Sinn ergeben, aber habe ich bisher nicht entdeckt

VALA

Vanilla Latte

21.2.2024, 16:59:04

Also im Gesetz jedenfalls nicht. Daher vermute ich mal Rechtsprechung.

Kathi

Kathi

11.6.2024, 10:27:38

Lukas schreibt im anderen Thread: "Nach der Rechtsprechung des BGH liegen bereits bei beabsichtigter

Verwendung

in drei Fällen AGB vor (vgl. BGH NJW 2019, 2997)"

GALA

galapagosgarry

19.6.2024, 09:16:56

Es lohnt sich immer, in die Entscheidungen, die in den Quellen genannt werden, zu schauen.

Philip

Philip

7.11.2024, 19:12:03

Kann nicht mit einer Betrachtung der Gesellschaft gesagt werden, dass die Klausel trotzdem für eine Vielzahl an Verträgen ist, da anzunehmen ist, dass die Wohnung im Laufe der Zeit noch an andere Leute vermietet werden wird und somit die Intention der Mehrfach

verwendung

bestand?

STE

Stella2244

27.3.2025, 12:06:30

da würde ich sagen, das ist Sachverhaltsquetsche. Klar könnte das so sein, nur steht das nicht im Sachverhalt

CO

cornelius.spans

15.6.2025, 17:27:19

Hi, meines Erachtens ist das eine sehr gute Überlegung; sowohl allg. als auch hier im konkreten Fall. Wenn man den Sachverhalt jedoch als Klausur-Sachverhalt sieht, dann wäre diese Überlegung wohl tatsächlich als Sachverhaltsquetsche zu sehen, da zu viel hinzugedacht wird. Entscheidend ist die Frage, ob eine Vertragsklausel auch dann für eine Vielzahl von Verträgen gedacht ist, wenn die Klausel nicht in Verträgen über verschiedene Vertragsgegenstände (mehrere Wohnungen), sondern im Laufe der Zeit in Verträgen über den gleichen Vertragsgegenstand verwendet werden soll (mehrere Mietverträge bzgl. der gleichen Wohnung mit immer neuen Mietern). Der Wortlaut der Norm gibt das in jedem Fall her. Auch finde ich es durchaus plausibel, davon auszugehen, dass eine Vermieterin eine für sie vorteilhafte Klausel auch in künftigen Verträgen wieder verwenden wird. Dem könnte man jedoch entgegenhalten, dass in vielen Konstellation, insb. bei bestimmten Vertragstypen, wie auch dem Mietvertrag, dieses Tatbestandsmerkmal ausgehöhlt würde, da quasi immer davon auszugehen wäre, dass die Klausel für eine Vielzahl von Verträgen verwendet werden soll. Ich würde mich über Klärung der Frage daher freuen. MfG


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