Qualifiziertes Leugnen

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A und B waren die einzigen Insassen eines Pkw, mit dem eine Trunkenheitsfahrt begangen wurde, welche in einem Unfall endete. Gegenüber der Polizei streitet A fälschlicherweise ab, gefahren zu sein.

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Einordnung des Falls

Qualifiziertes Leugnen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat B "verdächtigt" (§ 164 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Verdächtigen ist das Unterbreiten oder Zugänglichmachen von Tatsachenmaterial, das einen Verdacht gegen eine bestimmte andere Person begründen oder einen schon bestehenden Verdacht verstärken kann. Dies kann nicht nur durch eine Tatsachenbehauptung, sondern auch dadurch geschehen, dass eine Beweislage geschaffen wird, die einen Dritten in Verdacht bringt. Beschuldigte sind nicht zu einer Aussage verpflichtet (§ 136 Abs. 1 S. 2 StPO). Aus diesem Grund kann hierin kein tatbestandsmäßiges Verdächtigen liegen, selbst wenn eine andere Person dadurch belastet wird. Dem Schweigen steht das bloße Bestreiten der eigenen Täterschaft gleich. A hat die eigene Täterschaft aktiv bestritten. Dass dadurch der Verdacht zwangsläufig auf B fällt, ist unbeachtlich. A hat B also nicht verdächtigt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CLA

clarasbr

23.4.2022, 10:34:56

Ich habe Verdächtigung als „jedes Tätigwerden, durch das ein Verdacht auf eine bestimmte andere Person gelenkt wird […]“ gelernt. Durch die Aussage (als Tätigwerden), A sei nicht gefahren, wird doch der Verdacht auf eine andere Person (B) gelernt, oder wo habe ich den Denkfehler?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.4.2022, 13:07:18

Hallo clarasbr, du unterliegst hier keinem Denkfehler. In der Tat folgt aus der Leugnung des A implizit, dass B gefahren sein muss. Die Frage ist nur, ob dies strafrechtlich zu sanktionieren ist. Und hier entspricht es der ganz hM, dass dies nicht der Fall ist. Denn der Beschuldigte hat nicht nur das Recht zu schweigen, sondern darüber hinaus auch das Recht seine Tat aktiv zu leugnen. Aus diesem Grund herrscht Einigkeit, dass ein solches Verhalten kein sanktionswürdiges "Verdächtigen" iSv § 164 Abs. 1 StGB darstellt und bereits tatbestandlich ausscheidet. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

N00B

n00b

8.8.2022, 09:38:10

Top Antwort!

Dogu

Dogu

19.11.2023, 14:47:45

Wäre es vertretbar, dass auch als Rechtfertigungsgrund zu prüfen? Schließlich macht der Beschuldigte von einem elementaren Menschenrecht Gebrauch und verletzt damit objektiv gesehen nicht die Rechtsordnung.


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