Fernabsatzvertrag - kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K liegt krank im Bett. Zur Ablenkung bestellt er telefonisch bei Buchhändlerin B „Thinking fast and slow“. B nimmt Verkäufe normalerweise nur in seinem Laden vor, macht aber für K eine Ausnahme. Als das Buch geliefert wird, möchte der undankbare K es doch nicht mehr.

Einordnung des Falls

Fernabsatzvertrag - kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sind die Vertragsanbahnung und der Vertragsschluss über das Buch unter ausschließlichem Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen (§ 312c Abs. 1 BGB)?

Ja, in der Tat!

Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Erfolgen entweder die Vertragsverhandlungen oder der Vertragsschluss im Wege der Direktkommunikation, so liegt bereits kein Fernabsatzvertrag vor. Der Begriff des Fernkommunikationsmittels ist in § 312c Abs. 2 BGB legaldefiniert, als Kommunikationsmittel, das zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages eingesetzt werden kann, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwensend sind.Sowohl die Vertragsanbahnung, als auch der Abschluss des Kaufvertrages (§ 433 BGB) erfolgten hier am Telefon.

2. Folglich handelt es sich vorliegend um einen Fernabsatzvertrag, der K ein Widerrufsrecht gewährt (§§ 312g, 312c BGB).

Nein!

Vorsicht Falle!Neben der ausschließlichen Verwendung von Fernkommunikationsmitteln setzt der Fernabsatzvertrag voraus, dass der Vertragsschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt (§ 312c Abs. 1 BGB). Ein sogenanntes organisiertes Fernabsatzsystem setzt voraus, dass die personelle und sachliche Organisation des Unternehmers es diesem jederzeit ohne Weiteres ermöglicht, für Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel zu verwenden.B hält gerade kein organisiertes Vertriebssystem vor, sondern hat lediglich ausnahmsweise telefonisch den Vertrag mit K geschlossen. Damit liegt kein Fernabsatzvertrag iSv § 312c BGB vor.Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es an einem organisierten Fernabsatzsystem fehlt, trägt der Unternehmer („es sei denn...)

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PH

Philippe

27.8.2022, 15:59:02

Ich finde den Sachverhalt ungenau: für das organisierte Vertriebssystem kommt es nur darauf an, dass die Vertragsschlüsse über Fernkommunikationsmittel erfolgen. Ob die Ware verschickt wird, ist egal. Wenn Thalia morgen nur noch die Option "Abholen in der Filiale" hat, wäre dies gleichwohl erfasst. Folglich ist der Hinweis, dass der Buchhändler normalerweise keine Bücher verschickt, nicht geeignet, die Vermutung für das organisierte Vertriebssystem zu widerlegen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

20.9.2022, 12:27:54

Vielen Dank für den Hinweis, Philippe. Wir haben den Sachverhalt nun noch etwas präzisiert, um klarer zu machen, dass es hier gerade an einem organisierten Vertriebssystem fehlt. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team


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