Zivilrecht

Werkrecht

Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel

Verjährungsfristen – Organisationspflichtverletzung des Unternehmers bei arbeitsteilig erbrachten Werkleistungen

Verjährungsfristen – Organisationspflichtverletzung des Unternehmers bei arbeitsteilig erbrachten Werkleistungen

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B beauftragt U 2014 eine Wand neu zu isolieren. U überträgt dies D, von dem sie weiß, dass er unsauber arbeitet. U überprüft das Werk des D nicht, damit er im Falle eines Mangels nicht arglistig ist. 2022 bemerkt B, dass er wegen der unsauberen Isolierung Feuchtigkeitsprobleme hat.

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Einordnung des Falls

Verjährungsfristen – Organisationspflichtverletzung des Unternehmers bei arbeitsteilig erbrachten Werkleistungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Werk des U ist bei Gefahrübergang mangelfrei (§ 633 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit bei Gefahrübergang aufweist (§ 633 Abs. 2 BGB). Der Gefahrübergang richtet sich beim Werkvertrag grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Abnahme (§§ 644 Abs. 1, 640 Abs. 1 BGB). Ohne abweichende Vereinbarung schuldet der Unternehmer dabei die Beachtung der anerkannten Regeln seines Fachs. Es traten Feuchtigkeitsprobleme nach der Isolierung bei B auf.
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2. Ob ein etwaiger Nacherfüllungsanspruch des B bereits verjährt ist, richtet sich danach, ob U arglistig hinsichtlich des Mangels ist.

Ja, in der Tat!

Sofern U arglistig hinsichtlich des Mangels ist, richtet sich die Verjährung nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften (§§ 195, 199 BGB). Die Frist beginnt dann mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Besteller Kenntnis von den Umständen erlangt hat, die den Anspruch begründen (§ 199 Abs. 1 BGB). Spätestens verjährt der Anspruch aber nach zehn Jahren (§ 199 Abs. 3 BGB). Handelte U aber nicht arglistig, so verjährt der Anspruch bereits innerhalb von zwei Jahre ab der Abnahme (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB).

3. Weil U keine Kenntnis von dem Mangel hatte, beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre ab der Abnahme (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Nein!

Lässt der Unternehmer das Werk arbeitsteilig herstellen und hat er deshalb keine Kenntnis vom Mangel, so soll sich das nicht für den Besteller nachteilig auswirken. Er muss die organisatorische Voraussetzung schaffen, dass er auch hier beurteilen kann, ob das Werk mangelfrei ist. Macht er dies bewusst nicht oder verschließt sich dieser Erkenntnis und hätte der Mangel bei ordnungsgemäßer Organisation entdeckt werden können, so steht dies einem arglistigen Verhalten gleich. U überprüft das Werk nicht, um nicht arglistig zu sein. Die Verletzung der Organisationspflicht muss ein vergleichbares Gewicht wie ein arglistiges Verschweigen haben.

4. Etwaige Mängelrechte des B sind verjährt.

Nein, das ist nicht der Fall!

U hat bewusst das Werk des D nicht überprüft, obwohl D bekannt dafür ist, unsauber zu arbeiten. Er kam seinen organisatorischen Pflichten also nicht nach. Er hat sich der Kenntnis eines möglichen Mangels verschlossen, um nicht arglistig zu werden. Die Verletzung der Organisationspflicht hat demnach ein vergleichbares Gewicht wie ein arglistiges Verschweigen. Es greift die regelmäßige Verjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB). Die Frist beginnt erst mit dem Schluss des Jahres 2022 an zu laufen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EVA

evanici

2.9.2023, 17:32:28

Ist das dann ein Fall von "Wissenszurechnung" und stützt sich das dann auch auf eine gesetzliche Grundlage?

L.G

L.Goldstyn

24.7.2024, 15:56:39

Hi evanici, ich würde sagen, dass hier gerade kein Fall der Wissenszurechnung vorliegt. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte handelte D selbst zwar fahrlässig, er selbst wusste aber nicht von der Mangelhaftigkeit. Damit gibt es kein Wissen, das dem U zuzurechnen ist. Es geht vielmehr um ein eigenes arglistiges Verhalten des U. Ich hoffe, das hilft ein wenig weiter.

Nils

Nils

14.10.2024, 18:44:27

„Die

Organisationspflicht

ist keine vertragliche Verbindlichkeit gegenüber dem Besteller; sie ist vielmehr eine

Obliegenheit

, deren Verletzung zu einer für den Unternehmer nachteiligen Verjährung führt. Es liegt in seinem eigenen Interesse, seinen Betrieb so zu organisieren, dass er sich nicht dem Vorwurf aussetzt, er habe durch Arbeitsteilung von vornherein verhindert, arglistig zu werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Gleichstellung einer Organisation, die Arglist verhindert, mit arglistigem Verhalten schafft keinen neuen vertraglichen Haftungsgrund mit dreißigjähriger Verjährung, sondern schließt Lücken im Bereich der Verjährung bei Arglist (BGH NJW 2008, 145).“ Die gesetzliche Grundlage ist § 634a Abs. 3 BGB.


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