Zivilrecht
Werkrecht
Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel
Verjährungsfristen – Organisationspflichtverletzung des Unternehmers bei arbeitsteilig erbrachten Werkleistungen
Verjährungsfristen – Organisationspflichtverletzung des Unternehmers bei arbeitsteilig erbrachten Werkleistungen
20. Mai 2025
6 Kommentare
4,7 ★ (11.133 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B beauftragt U 2014, eine Wand neu zu isolieren. U überträgt dies D, von dem sie weiß, dass er unsauber arbeitet. U überprüft das Werk des D nicht, damit sie im Falle eines Mangels nicht arglistig ist. 2022 bemerkt B, dass sie wegen der unsauberen Isolierung Feuchtigkeitsprobleme hat.
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Einordnung des Falls
Verjährungsfristen – Organisationspflichtverletzung des Unternehmers bei arbeitsteilig erbrachten Werkleistungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Werk der U ist bei Gefahrübergang mangelfrei (§ 633 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ob ein etwaiger Nacherfüllungsanspruch der B bereits verjährt ist, richtet sich danach, ob U arglistig hinsichtlich des Mangels ist.
Ja, in der Tat!
3. Weil U keine Kenntnis von dem Mangel hatte, beträgt die Verjährungsfrist zwei Jahre ab der Abnahme (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Nein!
4. Etwaige Mängelrechte der B sind verjährt.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
evanici
2.9.2023, 17:32:28
Ist das dann ein Fall von "Wissenszurechnung" und stützt sich das dann auch auf eine gesetzliche Grundlage?
L.Goldstyn
24.7.2024, 15:56:39
Hi evanici, ich würde sagen, dass hier gerade kein Fall der Wissenszurechnung vorliegt. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte handelte D selbst zwar fahrlässig, er selbst wusste aber nicht von der Mangelhaftigkeit. Damit gibt es kein Wissen, das dem U zuzurechnen ist. Es geht vielmehr um ein eigenes arglistiges Verhalten des U. Ich hoffe, das hilft ein wenig weiter.

Nils
14.10.2024, 18:44:27
„Die Organisationspflicht ist keine vertragliche Verbindlichkeit gegenüber dem Besteller; sie ist vielmehr eine
Obliegenheit, deren Verletzung zu einer für den Unternehmer nachteiligen Verjährung führt. Es liegt in seinem eigenen Interesse, seinen Betrieb so zu organisieren, dass er sich nicht dem Vorwurf aussetzt, er habe durch Arbeitsteilung von vornherein verhindert, arglistig zu werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Gleichstellung einer Organisation, die Arglist verhindert, mit arglistigem Verhalten schafft keinen neuen vertraglichen Haftungsgrund mit dreißigjähriger Verjährung, sondern schließt Lücken im Bereich der Verjährung bei Arglist (BGH NJW 2008, 145).“ Die gesetzliche Grundlage ist § 634a Abs. 3 BGB.
Peter im Pech
22.4.2025, 17:12:11
Ich würde das Werk -losgelöst von der Frage nach der arglistigen
Täuschung- als Arbeit an einem Bauwerk nach § 634a I Nr. 2 einstufen. Es unterläge dann nicht der zwei-, sondern fünfjährigen Verjährungsfrist. Hierzu folgender Kommentarausschnitt: "Reparatur- und Erneuerungsarbeiten sind nach der bisherigen Qualifikation, an der auch für das neue Recht festgehalten werden sollte (...), nur dann Arbeiten an einem Bauwerk, wenn der Bearbeitungsgegenstand mit dem Bauwerk fest verbunden und die Arbeiten für das Bauwerk wesentlich sind, sodass sie den Arbeiten bei einer Neuerrichtung vergleichbar sind." "Bei der Frage, ob die Arbeiten der Neuerrichtung vergleichbar sind, spielt es neben der Höhe der Aufwendungen auch eine Rolle, welche Bedeutung die Arbeiten für die Substanz des Bauwerks und seine Zweckbestimmung haben. Nicht entscheidend ist es, ob das Bauwerk auch ohne die nachträglichen Arbeiten funktionsfähig wäre (BGH NJW 1999, NJW Jahr 1999 Seite 2434)" BeckOK BGB, Hau/Poseck, § 634a Rn. 10. 73. Edition Stand: 01.02.2024