Zivilrecht

Werkrecht

Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel

Verjährungsfristen – Mangelfolgeschaden

Verjährungsfristen – Mangelfolgeschaden

20. Mai 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B ist Juwelier. 2014 beauftragt er U, den wertvollen Schmuck im Schaufenster durch Planung und Installation einer speziellen Alarmanlage zu sichern. Wegen eines Fehlers der U funktioniert die Anlage nur teilweise. 2022 gelingt es Dieben deshalb, den Schmuck zu entwenden.

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Einordnung des Falls

Verjährungsfristen – Mangelfolgeschaden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist das Werk mangelhaft?

Genau, so ist das!

Das Werk ist mangelhaft, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit bei Gefahrübergang aufweist (§ 633 Abs. 2 BGB). Der Gefahrübergang richtet sich beim Werkvertrag grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Abnahme (§§ 644 Abs. 1, 640 Abs. 1 BGB). Ohne abweichende Vereinbarung schuldet der Unternehmer dabei die Beachtung der anerkannten Regeln seines Fachs. B und U vereinbarten, dass U eine spezielle Alarmanlage planen und installieren sollte. Wegen eines Fehlers der U funktionierte die Anlage bei Gefahrübergang aber nur teilweise.
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2. Greifen die Gewährleistungsrechte, wenn der Schaden durch den Diebstahl nicht an der Sache selbst (der Alarmanlage), sondern an der gestohlenen Ware entstanden ist?

Ja, in der Tat!

Auch wenn der Schaden nicht an der mangelhaften Sache entstanden ist, verdeutlicht der Verweis aus § 634 Nr. 4 BGB auf § 280 BGB, dass auch solche Mangelfolgeschäden durch die Gewährleistungsrechte erfasst werden, sofern sie mittelbar oder unmittelbar mit dem Werkmangel zusammenhängen. Durch die Mangelhaftigkeit der Sicherheitsanlage, konnten die Diebe die Waren der B stehlen. Die Mangelhaftigkeit war somit ursächlich für den Diebstahl an der Waren durch die Diebe.

3. Die Verjährung des Schadensersatzanspruch hinsichtlich des Diebstahls gegen U richtet sich nach den allgemeine Verjährungsfristen (§§ 195, 199 BGB)?

Nein!

Der Mangelfolgeschaden wird nach §§ 634 Nr. 4, 280 ff. BGB ersetzt, sodass die Verjährungsfrist des § 634a BGB greift. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB zwei Jahre ab Abnahme. Die Abnahme erfolgte 2014, sodass der Anspruch im Jahre 2022 bereits verjährt ist. Vor der Schuldrechtsreform 2002 unterlagen Mangelfolgeschäden dagegen nicht den werkvertraglichen Verjährungsregelungen (§ 638 BGB a.F.). Sie verjährten damals erst nach 30 Jahren!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

22.7.2023, 14:16:58

Warum hat man die Verjährungsvorschriften so stark geändert? Ist ja eine krasse Privilegierung von 30 Jahren auf 2 Jahre.

EVA

evanici

2.9.2023, 17:36:50

Da würde mich auch interessieren, ggf. um einen Gleichlauf zum

Mangelfolgeschaden

im

Kaufrecht

zu erzielen?

Nils

Nils

15.10.2024, 00:53:07

Kurz: Beweisprobleme, Rechtssicherheit und Umsetzung der

Verbrauchsgüterkauf

RL Die detaillierte Gesetzesbegründung kann hier ab S. 95 f. nachgelesen werden 🙂: https://dserver.bundestag.de/btd/14/060/1406040.pdf

TO

TonksBlack

23.4.2024, 05:06:47

Müsste es nicht so sein, dass die Verjährung erst mit Kenntnis des Mangels und damit Ende 2022 beginnt?

TI

Timurso

23.4.2024, 09:39:51

Nein, nach § 634a II BGB beginnt die Verjährung abweichend von den allgemeinen Vorschriften mit der Abnahme! Gleiches gilt übrigens im

Kaufrecht

, auch dort kommt es nicht auf die Kenntnis des Mangels an.

TO

TonksBlack

23.4.2024, 09:58:36

Dankeschön für das Erklären! :)

Nils

Nils

15.10.2024, 00:26:01

Im Sachverhalt steht doch gar nichts dazu, ob und wann eine Abnahme erfolgt sein soll.

MaxRaspody

MaxRaspody

10.2.2025, 15:52:06

wenn das werk noch nicht abgenommen wurde, können aber auch keine gewährleistungsrecht geltend gemacht werden. es spricht wenig dafür, dass die abnahme ausgerechnet 2020 erfolgt ist, wenn die beauftragung doch schon 2014 stattfand

cSchmitt

cSchmitt

16.4.2025, 10:45:52

Die Abnahme dürfte spätestens

konkludent

durch die vorbehaltlose Inbetriebnahme der Anlage erfolgt sein; ähnlich eines Hauses, welches durch vollständigen Bezug spätestens nach einer kurzen Überprüfungsfrist (3-14 Tage) als abgenommen gilt. Auf diesen Zwang zur Abnahme verweist u.a. § 640 Abs. 1 BGB. Gerade da im Sachverhalt nichts von dem Fehlen einer Abnahme steht, ist von einer erfolgten Abnahme auszugehen.

Peter im Pech

Peter im Pech

23.4.2025, 12:30:02

Bei dem

Mangelfolgeschaden

handelt es sich demnach um einen

Schadensersatz neben der Leistung

oder?

Major Tom(as)

Major Tom(as)

23.4.2025, 12:47:21

Ja, genau, das ist ein

Schadensersatz neben der Leistung

:) Nach BGH und h.M. sind Fälle wie der solche auch dort einzusortieren, die Leistung sei es eben nur, die Alarmanlage zu bauen. Es wird aber teilweise von der Literatur auch vertreten, dass der hier erfolgte

Schaden

gerade zum

Äquivalenzinteresse

gehöre und kein

Mangelfolgeschaden

ist. (Ich hatte den Fall mal in einer Klausur, dort wurde als mögliche aA meines Profs ausgeführt:) "Der zukünftige Diebstahl war im status quo (= Lage ohne den Einbau der Alarmanlage) bereits angelegt. Er wäre auch ohne den fehlerhaften Einbau eingetreten. Seine Verhinderung war also ein Teilgesichtspunkt dessen, was sich der Besteller von dem pflichtgemäßen Verhalten des Unternehmers erhoffte, ein Teilaspekt des status ad quem (= Lage nach der

Erfüllung

)". Damit könnte man auch einen SE statt der Leistung annehmen, das ist aber mE eine sehr selten vertretene Mindermeinung.


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