Versendungskauf bei Verbrauchern
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Jurastudentin J bestellt auf Amazon (A) das Jurafuchs Kaufrecht-Buch. Der Hermes-Fahrer lässt bei seinen Stopps die Wagentür auf, wodurch der stürmische Regen das Paket und damit auch das Buch völlig durchnässt. Als K es auspackt, ist das Buch wellig und die Tinte verlaufen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Versendungskauf bei Verbrauchern
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sofern nichts anderes vereinbart ist, geht die Gefahr mit der Übergabe der Sache über (§ 446 S. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Gefahrübergang richtet sich hier nach § 447 Abs. 1 BGB.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Bei Gefahrübergang war das Buch mangelhaft.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
PSR
10.1.2021, 10:08:49
Hier könnte noch der Klassiker "Sendung durch eigene Leute" ergänzt werden.
Marilena
10.1.2021, 20:57:32
Vielen Dank für den guten Hinweis! Werden wir umgehend ergänzen.
Der BGBoss
3.3.2021, 10:16:14
Ich hab erstmal auf Amazon nach dem Jurafuchs Lehrbuch gesucht 😂
celina99
5.7.2022, 18:34:25
Ich bin zugeben etwas verwirrt. Wo ist hier der Unterschied zum „I-Mac“ Fall davor? Auch hier wurde die Sendung doch an den Transportdienst übergeben, wodurch der Gefahrenübergang erfolgt sein müsste? Wieso ist die Übergabe hier erst bei Ankunft beim Verbraucher?
celina99
5.7.2022, 18:36:19
wait ….. liegt das am Verbraucherschutz? 😅 Sprich, Unternehmer erlangen Besitz bei Abgabe an den Transportdienst, Verbraucher jedoch erst bei tatsächlich physischem Besitz? Stehe gerade etwas auf dem Schlauch, sorry also für die vielleicht blöde Frage..
PlatschekJünger
7.7.2022, 09:17:33
Ja, der Unterschied liegt im Verbraucherschutz nach §§ 475 II, 474. Wenn kein
Verbrauchsgüterkaufvorliegt, dann geht die Preisgefahr nach § 447 I mit Übergabe der Sache an die Transportperson auf den Käufer über, sodass dieser weiterhin den Kaufpreis zu zahlen hätte. Im
Verbrauchsgüterkaufist der § 447 I grundsätzlich durch § 475 II ausgeschlossen. Die Preisgefahr geht erst mit tatsächlicher Übergabe an den Käufer auf ihn über. Damit wird dieser geschützt, wenn die Sache davor untergeht hat er nicht den Kaufpreis zu zahlen.
ll373
24.1.2023, 20:11:27
Also nach §475 II findet der Gefahrenübergang auf den Käufer während des Transports nur statt, wenn der Käufer den Spediteur etc. selbst beauftragt hat und wenn das Unternehmen dem Käufer nicht zuvor den Spediteur etc. genannt hat, richtig? Also angewendet auf diesen Fall: - Hat die Käuferin den Spediteur nicht irgendwo selbst beauftragt, indem sie etwas ZU SICH bestellt hat, oder scheidet das aus, weil sie dies über Amazon bestellt hat und Amazon sich dann letztendlich um den Spediteur etc. kümmert? - Kann man bei Amazon nicht meist selbst die Versandart auswählen, sodass man einerseits den Spediteur etc. selbst bestellt und man auch vom Unternehmen mitgeteilt bekommt, welcher Spediteur etc. einem das Paket liefert?
Nora Mommsen
26.1.2023, 13:20:28
Hallo ll373, die Konstellation des selbstauswählens der Transportperson ist nicht bereits durch die Bestellung erfüllt. Es reicht auch nicht aus, dass der Verkäufer m
ehrere Transportunternehmen beim Bestellvorgang zur Auswahl stellt. Vielmehr muss die Transportperson/das Unternehmen von dem Käufer proaktiv ausgewählt worden sein und die Beauftragung auf seinen Vorschlag hin erfolgen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Juraddicted
19.9.2024, 13:49:18
Ist es dafür ausreichend, wenn der Verbraucher online aus zwei, drei verschiedenen Versendungsunternehmen "wählen darf", die auf der Webside angegeben sind? Oder sind die dann trotzdem vom Unternehmer gestellt? Vielen Dank :)
Leo Lee
21.9.2024, 14:23:12
Hallo Juraddicted, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! zu deinem konkreten Beispiel gibt es zwar keine Literaturstellen oder spezifische Entscheidungen. Allerdings bietet der Blick auf die Ratio der Norm Aufschluss. Hiernach soll die
Gefahrübergangnur bei Verlangen des Käufers vorzeitig stattfinden, um eine Abwälzung zu vermeiden, wenn die Sache eben nicht auf "Verlangen" oder durch Selbstorganisation des Käufers stattfindet. Da bei einem VBK noch der Gedanke des Verbraucherschutzes hinzukommt, dürfte insofern egal sein, ob der Verbraucher zwei oder drei verschiedene Wahlmöglichkeiten hat. Denn auch hier wird die Sendung eben nicht durch den Käufer, sondern durch den Verkäufer/Unternehmer organisiert. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Maultzsch § 447 Rn. 9 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Juraddicted
23.9.2024, 09:54:54
Super, vielen lieben Dank für die schnelle und ausführliche Antwort! Das hat es für mich gut erklärt! Liebe Grüße :)