Zivilrecht

Kaufrecht

Gefahrübergang

Versendungskauf bei Verbrauchern

Versendungskauf bei Verbrauchern

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Neues Kaufrecht 2022

Jurastudentin J bestellt auf Amazon (A) das Jurafuchs Kaufrecht-Buch. Der Hermes-Fahrer lässt bei seinen Stopps die Wagentür auf, wodurch der stürmische Regen das Paket und damit auch das Buch völlig durchnässt. Als K es auspackt, ist das Buch wellig und die Tinte verlaufen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Versendungskauf bei Verbrauchern

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sofern nichts anderes vereinbart ist, geht die Gefahr mit der Übergabe der Sache über (§ 446 S. 1 BGB).

Ja!

Grundsätzlich geht mit der Übergabe der verkauften Sache die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über (§ 446 S. 1). Übergabe meint die Übertragung des unmittelbaren Besitzes (§ 854 BGB). Nur bei Schickschulden ist § 447 BGB einschlägig, wonach die Gefahr des zufälligen Untergangs der Kaufsache beim Versendungskauf bereits mit Übergabe an die Transportperson auf den Käufer übergeht. Voraussetzungen des Gefahrübergangs bei § 447 Abs. 1 BGB sind (1) die Vereinbarung eines Versendungskaufs und (2) die ordnungsgemäße Auslieferung der Kaufsache an die Transportperson am Leistungsort.
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2. Der Gefahrübergang richtet sich hier nach § 447 Abs. 1 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei Verbrauchsgüterkäufen (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB) ist § 447 Abs. 1 BGB nur dann anwendbar, wenn der Käufer die Transportperson mit der Ausführung beauftragt hat, ohne dass der Verkäufer ihm diese Person vorher benannt hat (§ 475 Abs. 2 BGB). § 447 Abs. 1 BGB ist danach nur in dem seltenen Fall einschlägig, in dem der Verbraucher den Transport der Sache selbst organisiert, d. h. den Beförderer ohne Rückgriff auf einen Vorschlag des Unternehmers auswählt. Auch bei Schickschulden geht daher bei Verbrauchsgüterkäufen die Gefahr regelmäßig erst mit Übergabe an den Käufer bzw. Annahmeverzug über (§ 446 BGB). Da J als Verbraucher (§ 13 BGB) von A als Unternehmer (§ 14 BGB) eine Ware kauft (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB) und J den Transport nicht selbst organisiert hat, richtet sich der Gefahrübergang hier wegen § 475 Abs. 2 BGB nach § 446 S. 1.

3. Bei Gefahrübergang war das Buch mangelhaft.

Ja, in der Tat!

Mit der Übergabe der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über (§ 446 S. 1 BGB). Übergabe meint die Übertragung des unmittelbaren Besitzes (§ 854 BGB). Als J unmittelbaren Besitz an dem Buch erhielt, hatte dieses Feuchtigkeitsschäden, wodurch das Buch von der üblichen Beschaffenheit abwich (§ 434 Abs. 3 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PSR

PSR

10.1.2021, 10:08:49

Hier könnte noch der Klassiker "Sendung durch eigene Leute" ergänzt werden.

Marilena

Marilena

10.1.2021, 20:57:32

Vielen Dank für den guten Hinweis! Werden wir umgehend ergänzen.

Der BGBoss

Der BGBoss

3.3.2021, 10:16:14

Ich hab erstmal auf Amazon nach dem Jurafuchs Lehrbuch gesucht 😂

celina99

celina99

5.7.2022, 18:34:25

Ich bin zugeben etwas verwirrt. Wo ist hier der Unterschied zum „I-Mac“ Fall davor? Auch hier wurde die Sendung doch an den Transportdienst übergeben, wodurch der Gefahrenübergang erfolgt sein müsste? Wieso ist die Übergabe hier erst bei Ankunft beim Verbraucher?

celina99

celina99

5.7.2022, 18:36:19

wait ….. liegt das am Verbraucherschutz? 😅 Sprich, Unternehmer erlangen Besitz bei Abgabe an den Transportdienst, Verbraucher jedoch erst bei tatsächlich physischem Besitz? Stehe gerade etwas auf dem Schlauch, sorry also für die vielleicht blöde Frage..

PLA

PlatschekJünger

7.7.2022, 09:17:33

Ja, der Unterschied liegt im Verbraucherschutz nach §§ 475 II, 474. Wenn kein

Verbrauchsgüterkauf

vorliegt, dann geht die Preisgefahr nach § 447 I mit Übergabe der Sache an die Transportperson auf den Käufer über, sodass dieser weiterhin den Kaufpreis zu zahlen hätte. Im

Verbrauchsgüterkauf

ist der § 447 I grundsätzlich durch § 475 II ausgeschlossen. Die Preisgefahr geht erst mit tatsächlicher Übergabe an den Käufer auf ihn über. Damit wird dieser geschützt, wenn die Sache davor untergeht hat er nicht den Kaufpreis zu zahlen.

ll373

ll373

24.1.2023, 20:11:27

Also nach §475 II findet der Gefahrenübergang auf den Käufer während des Transports nur statt, wenn der Käufer den Spediteur etc. selbst beauftragt hat und wenn das Unternehmen dem Käufer nicht zuvor den Spediteur etc. genannt hat, richtig? Also angewendet auf diesen Fall: - Hat die Käuferin den Spediteur nicht irgendwo selbst beauftragt, indem sie etwas ZU SICH bestellt hat, oder scheidet das aus, weil sie dies über Amazon bestellt hat und Amazon sich dann letztendlich um den Spediteur etc. kümmert? - Kann man bei Amazon nicht meist selbst die Versandart auswählen, sodass man einerseits den Spediteur etc. selbst bestellt und man auch vom Unternehmen mitgeteilt bekommt, welcher Spediteur etc. einem das Paket liefert?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.1.2023, 13:20:28

Hallo ll373, die Konstellation des selbstauswählens der Transportperson ist nicht bereits durch die Bestellung erfüllt. Es reicht auch nicht aus, dass der Verkäufer m

ehre

re Transportunternehmen beim Bestellvorgang zur Auswahl stellt. Vielmehr muss die Transportperson/das Unternehmen von dem Käufer proaktiv ausgewählt worden sein und die Beauftragung auf seinen Vorschlag hin erfolgen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Juraddicted

Juraddicted

19.9.2024, 13:49:18

Ist es dafür ausreichend, wenn der Verbraucher online aus zwei, drei verschiedenen Versendungsunternehmen "wählen darf", die auf der Webside angegeben sind? Oder sind die dann trotzdem vom Unternehmer gestellt? Vielen Dank :)

LELEE

Leo Lee

21.9.2024, 14:23:12

Hallo Juraddicted, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! zu deinem konkreten Beispiel gibt es zwar keine Literaturstellen oder spezifische Entscheidungen. Allerdings bietet der Blick auf die Ratio der Norm Aufschluss. Hiernach soll die

Gefahrübergang

nur bei Verlangen des Käufers vorzeitig stattfinden, um eine Abwälzung zu vermeiden, wenn die Sache eben nicht auf "Verlangen" oder durch Selbstorganisation des Käufers stattfindet. Da bei einem VBK noch der Gedanke des Verbraucherschutzes hinzukommt, dürfte insofern egal sein, ob der Verbraucher zwei oder drei verschiedene Wahlmöglichkeiten hat. Denn auch hier wird die Sendung eben nicht durch den Käufer, sondern durch den Verkäufer/Unternehmer organisiert. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Maultzsch § 447 Rn. 9 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Juraddicted

Juraddicted

23.9.2024, 09:54:54

Super, vielen lieben Dank für die schnelle und ausführliche Antwort! Das hat es für mich gut erklärt! Liebe Grüße :)


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