Normalfall § 477 Abs. 1 BGB
19. Mai 2025
19 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Großkanzleianwältin A kauft privat bei Porschehändler P einen neuen Porsche. Zwei Monate nach Übergabe brennt der Motor während der täglichen Heimfahrt um 23 Uhr aufgrund eines Motorschadens völlig aus. Es ist nicht aufklärbar, ob der Motorschaden auf einem Herstellungsfehler oder der Fahrweise der A beruht.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Normalfall § 477 Abs. 1 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Grundsätzlich trägt der Käufer die Beweislast dafür, dass der Mangel schon bei Gefahrübergang vorlag.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Durch § 477 Abs. 1 S. 1 BGB wird nur in zeitlicher Hinsicht vermutet, dass ein innerhalb von 12 Monaten nachgewiesener Mangel schon bei Gefahrübergang vorlag.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Gestützt auf § 477 Abs. 1 S. 1 BGB wird hier vermutet, dass bei Gefahrübergang ein Sachmangel vorlag.
Ja, in der Tat!
4. Kann ein Unternehmer die Vermutung des § 477 Abs. 1 S. 1 BGB widerlegen?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Richi
5.5.2023, 10:08:32
Hallo liebes JuraFuchs-Team, im Sachverhalt wird von einem Motorenbrand des Porsches geschrieben, im Bild brennt allerdings nur der Kofferraum ;) Nichtsdestotrotz eine gelungene Aufgabe! Liebe Grüße

Nora Mommsen
5.5.2023, 13:19:37
Hallo Richi, danke für den Hinweis! Auch wenn die 911er den Motor seit Jahrzehnten hinten haben, haben wir uns die künstlerische Freiheit heraus genommen :) Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
LR
23.5.2023, 12:35:43
Zudem ist im Sachverhalt die Bezeichnung für den Käufer uneinheitlich: es wird einmal von A und einmal von K gesprochen. Der Sachverhalt ist aber dennoch verständlich :)
Nickname
22.5.2024, 16:20:19
Hi, was genau ist der Anknüpfungspunkt für den Sachmangel, wenn hier dann aber im
Verbrauchsgüterkaufeinen
Grundmangelvermute und eine Mangelerscheinung vorliegen habe? Wenn ich einen
Nacherfüllungsanspruchprüfe, dann prüfe ich ja 1) Wirksamer Kaufvertrag, 2) Vorliegen eines Mangels, 3) Bei Gefahrenübergang und Co. Stelle ich in der hiesigen Konstellation dann bei 2) auf den Motor
schadenab und sage, dass darin ein Sachmangel liegt und bei 3) prüfe ich die Voraussetzungen des
§ 477 BGBund sage, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen gem. § 477 vermutet wird, dass der
Grundmangel(Herstellungsfehler) bereits bei Gefahrenübergang vorlag und dem vorliegenden Sachmangel (Motor
schaden) zugrundeliegt. Ergo:
Grundmangelführte zu Mangelerscheinung (Ob) und ersterer lag auch im maßgeblichen Zeitpunkt vor (wann)?

Maximilian Puschmann
23.5.2024, 08:47:53
Hallo Nickname, genau, du würdest im Sachmangel darauf eingehen, dass der Sachmangel des Motor
schadens schon im Zeitpunkt der Übergabe im Form eines
Grundmangels vorlag gemäß der Vermutung aus § 477 I 1 BGB. Viele Grüße Max - Für das Jurafuchs-Team
Magnum
18.12.2024, 15:40:00
Liebes Jurafuchs-Team, ich hätte nochmal zwei Fragen zur Differenzierung von
Grundmangelund Mangelerscheinung. Kann man sich das so vorstellen, dass der
Grundmangeleine kaputte Schraube im Motor ist und die Mangelerscheinung der dadurch in Brand gesetzte Motor? Und falls das der Fall ist, wäre die Mangelerscheinung nicht ein
Weiterfresserschaden, den man problematisieren müsste? Ich bin dankbar für jeden Hinweis!
Lt. Maverick
23.4.2025, 19:29:21
Ja, der
Grundmangelwird im Regelfall beim Kaufvertragsabschluss nicht direkt ersichtlich gewesen sein. Aufgrund dieses bestehenden und nicht erkannten
Grundmangels treten im Laufe der Zeit aber sichtbare Mangelerscheinungen auf. Es kann sich dabei auch um einen
Weiterfressermangelhandeln.
§ 477 BGBwälzt die Beweislast auf den Verkäufer ab, während der Käufer im Fall eines
Weiterfressermangels nach § 823 I BGB die Beweislast für das Ver
schulden des Verkäufers trägt. Nach diesem Gesichtspunkt ist das
kaufrechtliche Gewährleistungsrecht günstiger für den Käufer. § 823 I BGB hat aber den Vorteil, dass eine längere Verjährungsfrist gilt und so eine Mangelerscheinung oftmals eben nicht bereits binnen eines Jahres auftritt, sondern regelmäßig auch später (Hier ist
§ 477 BGBaber unbedeutend, denn sind die Mängelgewährleistungsrechte verjährt, dann gilt erst recht nicht mehr die Fiktion). Man kann den
Weiterfressermangeldurchaus problematisieren, kann aber die Fiktionsregel des
§ 477 BGBnicht auf § 823 I BGB übertragen, sodass ohne klare Sachverhaltsangaben hinsichtlich der Mangelhaftigkeit bei Gefahrübergang regelmäßig mangels Ver
schulden kein Anspruch aus § 823 I BGB gegeben ist. Steht im Sachverhalt nämlich fest, dass der
Grundmangelbereits bei Gefahrübergang vorgelegen hatte, müsste nicht auf die Fiktion des
§ 477 BGBzurückgegriffen werden.

Sege
29.1.2025, 13:30:46
Bei einem 911er Porsche ist der Motor hinten. Auf dem Bild brennt nur der Kofferraum. ;)