Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Geschäftsfähigkeit

Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Empfängers (§ 131 Abs. 2 BGB)

Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Empfängers (§ 131 Abs. 2 BGB)

8. April 2025

16 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die 16 jährige M hat von Vermieter V eine Garage gemietet, in der sie alte Mofas repariert. V will die Garage für sein neues Auto nutzen. Da er weiß, dass M minderjährig ist, händigt V der M eine an ihre Eltern gerichtete Kündigung aus und bittet M um Übergabe an die E.

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Einordnung des Falls

Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Empfängers (§ 131 Abs. 2 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Kündigung wird in dem Moment wirksam, in dem V sie der M aushändigt.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Willenserklärung, die gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen abgegeben wird, wird erst wirksam, wenn sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht (§ 131 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BGB). Ausnahme: Ist die WE für den beschränkt Geschäftsfähigen lediglich rechtlich vorteilhaft oder hat der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung erteilt, wird die Willenserklärung schon mit Zugang beim beschränkt Geschäftsfähigen wirksam (§ 131 Abs. 2 S. 2 BGB). M ist als 16-Jährige gem. § 106 BGB nach Maßgabe der §§ 107-113 BGB beschränkt geschäftsfähig. Gesetzlicher Vertreter der M sind ihre Eltern (§ 1629 BGB). Die Kündigung des V ist für M rechtlich nachteilig. Sie muss den Eltern zugehen, um wirksam zu werden.
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2. Indem V die M mit der Übermittlung der Kündigung an die Eltern beauftragt hat, hat er M als Erklärungsbotin eingesetzt. Die Kündigung geht zu, wenn M sie tatsächlich an ihre Eltern übermittelt.

Ja!

Erklärungsbote ist, wer vom Erklärenden mit der Übermittlung der Erklärung an den Empfänger beauftragt wurde. Das Risiko, dass die Erklärung nicht oder nicht richtig weitergeleitet wird, trägt der Erklärende. M ist auch nach der Verkehrsauffassung nicht als Empfangsbotin oder Empfangsvertreterin der E anzusehen. Das scheidet nach Sinn und Zweck des § 131 BGB (Minderjährigenschutz) aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Rambo

Rambo

12.10.2020, 12:45:02

Wieso kann hier M nicht empfangsbotin sein? Minderjährige können je nach Eignung zur Weitergabe

empfangsbote

sein. Dies wird zumindest in den Unterrichtsmaterialien meines Profs so ausgeführt. Bitte begründet, wieso hier M keine Empfangsbotin sein kann.

Eigentum verpflichtet 🏔️

Eigentum verpflichtet 🏔️

12.10.2020, 12:57:39

Hey Rambo, danke für die Frage. Grundsätzlich hast du recht, ein Minderjähriger kann

Empfangsbote

für an seine Eltern gerichtete Erklärungen sein. Hier geht es jedoch um eine Willenserklärung (Kündigung) die ein Rechtsverhältnis mit der Minderjährigen (Mietvertrag § 535 BGB über die Garage betrifft). Hier wäre § 1

31 Abs

. 2 BGB ohne Wirkung, wollte man beschränkt Geschäftsfähige als Empfangsbotin der Eltern für solche Erklärungen ansehen. Wie in unserer Aufgabe auch steht, würde damit der Minderjährigenschutz unterlaufen. LG ;)

Rambo

Rambo

12.10.2020, 13:12:54

Vielen Dank für die zügige Antwort :)

LO

Lorbeerbekränzte🦩

26.3.2021, 09:23:29

Könnte man auch so argumentieren, dass in der Zustimmung der Eltern eine Garage zu mieten auch eine Zustimmung für die Annahme der Kündigungserklärung liegt?

JO

Jone

6.6.2022, 20:06:16

Die selbe Frage stellt sich mir auch.. vielleicht könnte man darauf noch eine Antwort erhalten..? :)

Steinfan

Steinfan

8.4.2024, 01:38:40

Aber warum konkret würde denn der Minderjährigenschutz unterlaufen?

TI

Tinki

31.12.2024, 12:48:15

@[Steinfan](235363) die WE des V wäre, wenn M hier Empfangsbotin wäre, dann zugegangen, wenn normalerweise mit der Weiterleitung an die Eltern zu rechnen ist (normale

Zugang

sdef.) Ob sie es tatsächlich tut, ist Risiko der Eltern, die Empfänger der Erklärung sind. D.h., ein

schwebend unwirksam

er Vertrag kommt potentiell zustande, ohne dass die Eltern die WE tatsächlich zur Kenntnis genommen haben. Und das nicht wegen anderer Umstände, sondern wg. des Minderjährigen, zu dessen Schutz offensichtlich nach dem Sinn des § 130 II schon kein

schwebend unwirksam

er Vertrag zustande kommen soll. Dieser soll gerade aber im Sinne des Minderjährigenschutzes ja rausgehalten werden aus dem

Zugang

von nachteiligen WE. Deswegen wäre es widersinnig, den MJ als

Empfangsbote

n anzusehen. ER hätte es ja wieder "in der Hand". So verstehe ich es zumindest :) Welches Risiko konkret für den MJ wg. eines

schwebend unwirksam

en Vertrags besteht, ist mir allerdings etwas rätselhaft. Schließlich hängt die Wirksamkeit ja eh noch von der Genehmigung ab. - Vielleicht hat jemand eine Idee? @[Linne_Karlotta_](243622)@[Sebastian Schmitt](263562)@[Leo Lee](213375)

Allegra.B

Allegra.B

6.7.2021, 20:39:01

Ist die Antwort der Frage dann nicht falsch bzw. die Frage ungünstig formuliert? Im Ergebnis sagen wir ja, dass die M gerade keine Erklärungsbotin sein kann, wenn es um die Übermittlung der Kündigung an ihre Eltern geht. In der Frage steht aber, dass der V die M als Erklärungsbotin einsetzt und dass das Wirksamwerden vom

Zugang

abhängt – als Lösung wird angegeben, dass das korrekt ist.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.7.2021, 20:45:55

Hi Allegra, hier ist die Terminologie etwas missverständlich. M ist hier durchaus ERKLÄRUNGSbotin, aber eben nicht EMPFANGSbotin. Der Unterschied liegt darin begründet, dass bei der Erklärungsbotin der Erklärende das Risiko trägt, dass hier die Erklärung auf dem Weg zwischen Erklärungsbote und Empfänger verloren geht. Bei der Empfangsbotin wäre dieses Risiko dagegen dem Empfänger zuzurechnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

TI

Tinki

31.12.2024, 12:51:23

Im vorherigen Fall wurde es schon gefragt meine ich...Ist wie im Fall des Geschäftsunfähigen erforderlich, dass der andere Teil die WE ggü. den gesetzlichen Vertretern des MJ abgibt (also an ihn richtet??) oder reicht es für das Wirksamwerden, wenn sie an MJ gerichtet, aber für den Vertretern zugeht? Vielen Dank für Antworten!!


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