Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Geschäftsfähigkeit
§ 107 BGB, lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte/Unterscheidung Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
§ 107 BGB, lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte/Unterscheidung Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Das Kaninchen Krümel der 8-jährigen K hat Nachwuchs. Ohne das Wissen ihrer Eltern klingelt K bei Nachbar N und bietet ihm die Kaninchenbabies zum Kauf an. N kauft ihr für €20 zwei Stück ab. Als die Eltern davon erfahren, erklären sie K, dass sie damit nicht einverstanden sind.
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Einordnung des Falls
§ 107 BGB, lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte/Unterscheidung Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Kaufvertrag (§ 433 BGB) zwischen K und N ist unwirksam.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K ist nach wie vor Eigentümerin der Kaninchenbabies, die sie an N übergeben hat.
Ja, in der Tat!
3. K ist nun Eigentümerin des 20-Euro-Scheins, den ihr N zur Bezahlung der Kaninchen gegeben hat (§ 929 S. 1 BGB).
Ja!
4. K hat gegen N einen Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe der Kaninchen.
Genau, so ist das!
5. N hat gegen K einen Anspruch aus § 985 BGB auf Herausgabe des 20-Euro-Scheins.
Nein, das trifft nicht zu!
6. N hat einen Anspruch auf Rückübereignung des Scheins (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Raphaeljura
19.6.2023, 08:34:17
Eine Minderjähriger kann als Erwerber Eigentum übereignet bekommen, da es
rechtlich vorteilhaftist. Wo ist da die Grenze? Bei Geld ist es kein Problem. Aber wenn ein Auto übereignet wird, dann entstehen auch Pflichten (Kosten für Versicherung, Steuern). Wie kann man das sauber juristisch abgrenzen?
Elias Von der Brelie
10.7.2023, 13:47:03
Ich bin kein Profi aber soweit ich weiß ist die
Übereignungeines Autos eben nicht
lediglich rechtlich vorteilhaft. Ist das gleiche wie mit den Fällen der Hausübertragung an Minderjährige, welche auch nicht als
lediglich rechtlich vorteilhaftgilt. Sobald auch Verpflichtungen mit einhergehen ist es nicht mehr
lediglich rechtlich vorteilhaft.
Raphaeljura
10.7.2023, 13:51:37
Naja,
Übereignungvon Grundstück ist
rechtlich vorteilhaft, obwohl zb Grundsteuer als Nachteil entsteht (spielt aber keine Rolle, weil das mit Grundstückswert beglichen werden kann). Eigentumswohnung ist aber nicht vorteilhaft, weil man da Verpflichtungen in der WEG hat. Also ist irgendwie immer etwas schwammig.
LR
16.7.2023, 22:43:55
Also grundsätzlich ist es immer noch so lange vorteilhaft, wie die Nachteile den Minderjährigen nicht in seinem übrigen Vermögen treffen, also ihn nicht stärker treffen, als hätte er die Sache gar nicht erhalten. Daher ist auch eine Hypothek auf einem Grundstück kein Nachteil, da bei ihr nur das Grundstück haftet und der Minderjährige im Verwertungsfall so steht, als hätte er das Grundstück nie erhalten. Treffen die Nachteile aber sein sonstiges Vermögen (z.B. Verpflichtungen aus Mietvertrag) ist die
Übereignungeben nicht mehr vorteilhaft.
ehemalige:r Nutzer:in
1.8.2023, 12:50:02
Grundsätzlich ist es so, dass der rechtliche Nachteil unmittelbar aus dem Rechtsgeschäft folgen muss. Bei Grundstücken ist das im Bezug auf die Grundsteuer laut h.M. unschädlich. Hier scheitert es an der Unmittelbarkeit, da ein separater Steuerbescheid durch die
Behördeergehen muss. Gleiches gilt für KFZe. Anders sieht es bei der
Übereignungvermieteter Grundstücke aus. Dazu gibt es einen Meinungsstreit. Den sollte sich jeder Jurastudent ansehen. Das ist ein echter Klassiker.
ehemalige:r Nutzer:in
1.8.2023, 12:51:53
Eine wirtschaftliche Abwägung im Wege einer Saldierung, ob ein Geschäft vorteilhaft ist, findet explizit nicht statt. Es geht dabei einzig und allein darum, ob der Minderjährige unmittelbar in einem Recht beschränkt, ob er verpflichtet wird oder ein Recht verliert.
Paulah
1.1.2024, 19:11:59
Direkt die erste Frage "Der Kaufvertrag zwischen K und N ist unwirksam" wird in der Auflösung als korrekt bewertet. So ganz stimmt das aber nicht - der Vertrag ist
schwebend unwirksam. Das finde ich irritierend.
Sandra
3.1.2024, 13:08:23
Ich würde sagen, das liegt daran, dass hier schon im Sachverhalt steht, dass die Eltern mit dem Verkauf nicht einverstanden waren. Demnach ergibt sich vorliegend nicht die Möglichkeit einer schwebenden Unwirksamkeit.
Paulah
3.1.2024, 19:35:53
Danke für die Antwort! Das ist vermutlich wieder die nicht einheitliche Abfragetechnik. In einigen Fragen wird erst gefragt "ist der Vertrag wirksam" und die Antwort muss heißen "nein,
schwebend unwirksam" bei anderen Fragen muss man direkt alle Informationen aus dem Sachverhalt berücksichtigen und direkt sagen "ja, der ist unwirksam". Das Problem habe ich hier öfter.
mwally
7.3.2024, 21:46:08
Man muss immer alle Informationen aus dem Sachverhalt berücksichtigen (und keine weiteren dazudichten). Wen im SV nicht steht, ob die Eltern zugestimmt haben oder nicht, ist der
Vertrag schwebend unwirksam. Wenn die Eltern, wie hier, bereits geäußert haben, dass sie die Zustimmung nicht erteilen, ist er unwirksam.
Denis
18.4.2024, 21:20:18
Hallo miteinander, ist K nicht eigentlich der Eigentümer des 20€ Scheines, wohingegen das kleine Mädchen nur als un
mittelbarer Besitzer agiert? Somit hätte doch K, auch einen Anspruch, auf die Rückgabe des 20€ Scheines
Gruttmann
19.4.2024, 00:01:44
Ich glaube du verwechselst K mit N oder? Ursprünglich war N Eigentümer der 20€. Jedoch haben die N sozusagen bezahlt und nach 929 übereignet. Da die K beschränkt geschäftsfähig ist, kommt es darauf an, ob die Eltern eingewilligt haben oder nachträglich zugestimmt haben, WENN es nicht
lediglich rechtlich vorteilhaftist. JEDOCH ist es
lediglich rechtlich vorteilhaftfür K in Bezug auf den 20€ Schein. In der
Übereignungging es nur um die 20€. 929 setzt die Einigung, Übergabe, und Recht zur Eigentumsübertragung voraus. Dies war auch gegeben, sodass das Eigentum wirksam übergegangen ist. Jetzt kommen zwei Ansprüche von N gegenüber K in Betracht, 985 und 812. 985 setzt voraus das N Eigentümer ist, ist er aber nicht mehr, deshalb ist dieser Anspruch nicht entstanden. 812 verlangt nicht, dass man Eigentümer ist, lediglich dass man
etwas erlangthat (20€) durch Leistung (N haben ihm den 20€ übergeben, willentlich), ohne Rechtsgrund-> (Ohne Rechtsgrund könnte hier der unwirksame Kaufvertrag sein, da die Eltern der K nicht in den Kaufvertrag eingewilligt/genehmigt haben)-> bedeutet der nichtige Kaufvertrag stellt das Erlangen durch Leistung OHNE Rechtsgrund dar.