§ 154 StGB: Zuständige Stelle (Referendar)


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Zeuge T findet sich im Gericht ein und will dort zugunsten eines Kumpels falsch aussagen und dies auch beeidigen lassen. Vor dem Referendar spricht er die Eidesformel.

Einordnung des Falls

§ 154 StGB: Zuständige Stelle (Referendar)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T ist als Zeuge tauglicher Täter des Meineids (§ 154 Abs. 1 StGB). Er hat seine falsche Aussage auch beschworen.

Ja!

Tatbestandsvoraussetzung des Meineids (§ 154 Abs. 1 StGB) ist, dass ein (1) tauglicher Täter (2) vor einer zuständigen Stelle (3) falsch schwört. Der Täterkreis des Meineids (§ 154 Abs. 1 StGB) umfasst Zeugen, Sachverständige, Parteien im Zivilprozess und Dolmetscher. Für das Vorliegen eines tatbestandlichen Eids reicht es aus, dass die wesentlichen äußeren Formen der Eidesleistung beachtet werden ("Ich schwöre."). Als Zeuge weist T die nötige Täterqualität auf. Er beschwört seine Aussage auch.

2. Der Rechtreferendar ist zur Eides-Abnahme befugt. T hat somit auch vor einer zuständigen Stelle falsch geschworen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Täter muss vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle falsch geschworen haben (§ 154 Abs. 1 StGB). Darüber hinaus fordert der Tatbestand, dass der Eid in einem Verfahren abgenommen wird, in dem das Gesetz einen Eid dieser Art überhaupt zulässt. Als Gerichte kommen alle Zivil-, Straf-, Verwaltungs- und Verfassungsgerichte in Betracht (nicht: private Schiedsgerichte). Eine andere Stelle kann beispielsweise der Notar sein. Dagegen sind Polizei und Staatsanwaltschaft nicht erfasst. Auch Referendare sind nicht befugt, einen Eid abzunehmen (§ 10 S. 2 GVG). Der Rechtsreferendar ist keine "andere zur Abnahme von Eiden zuständige Stelle" (§ 154 Abs. 1 StGB).

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Tigerwitsch

Tigerwitsch

31.5.2021, 17:02:00

Hat T insoweit einen untauglichen Versuch begangen? Also Strafbarkeit wegen §§ 153, 22, 23 Abs. 1 StGB (+)?

Tigerwitsch

Tigerwitsch

31.5.2021, 17:02:16

*154 StGB

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.6.2021, 10:01:02

Hallo Tigerwitsch, jedenfalls nach der Rechtsprechung dürfte hier in jedem Fall ein

untauglicher Versuch

vorliegen. Unproblematisch ist dies, wenn der Täter sich vorstellt, dass der Referendar ein Richter sei und damit die zuständige Stelle zur Eidesabnahme (vgl. BGH, NJW 1951, 160; BeckOK-StGB/Kudlich, § 154 Rn. 17). Während der BGH dies aber zunächst nur auf solche Fälle beschränkte, wo der Täter sich Tatsachen vorstellte, bei deren Vorliegen die entsprechende Stelle zuständig wäre (zB die Vorstellung der Referendar sei Richter - vgl. BGH, NJW 1951, 160), so hat er dies kurz darauf erweitert und bereits den bloßen Glauben an die Zuständigkeit genügen lassen. Es bedürfe bei rechtlichen Tatbestandsmerkmalen einer "

Parallelwertung in der Laiensphäre

des Täters (BGH NJW 1953, 113). Sofern sich der Täter die Zuständigkeit irrtümlich vorstellt, so genügt das (zB der Glaube ein Referendar sei generell zur Eidesabnahme befugt). Die Literatur nimmt dagegen vielfach ein bloßes

Wahndelikt

an und kommt damit zur Straffreiheit (vgl. BeckOK-StGB/Kudlich, § 154 Rn. 18 mwN) Beste Grüße, Lukas

I-m-possible

I-m-possible

21.8.2022, 20:58:45

Da es sich bei dem Refrendar um keine zur Abnahme eines solches Eides vorgesehene Stelle handelt, scheidet der Versuch wohl aus @[Tigerwitsch](2840).

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.8.2022, 11:56:06

Hallo I-m-possible, schau Dir hierzu gerne noch einmal die Erläuterung im parallelen Thread an. Folgt man der Rechtsprechung, so kommt durchaus ein (untauglicher) Versuch in Betracht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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