Einführungsfall zur Wegnahme

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Babysitterin B passt auf den kleinen O auf, während Os Mutter M im Nebenraum schläft. B steckt eine im Badezimmer liegende Perlenkette der M in ihre Hosentasche.

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Einordnung des Falls

Einführungsfall zur Wegnahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Perlenkette ist eine für B fremde, bewegliche Sache (§ 242 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Die Kette ist ein körperlicher Gegenstand im Sinne des § 90 BGB. Zudem ist sie beweglich, da sie tatsächlich fortgeschafft werden kann. Eine Sache ist für den Täter fremd, wenn sie weder in dessen Alleineigentum steht noch herrenlos ist. Die Fremdheit der Sache bestimmt sich nach den Regeln des BGB. Die Kette stand im Eigentum der M. Diese hat ihr Eigentum nicht aufgegeben.
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2. Der objektive Tatbestand des Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass eine fremde bewegliche Sache weggenommen wird.

Ja, in der Tat!

Geschütztes Rechtsgut ist das Eigentum. Der Tatbestand erfasst auch wirtschaftlich wertlose Sachen. Tathandlung ist die Wegnahme der Sache. Wegnahme bedeutet den Bruch fremden Gewahrsams und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams. Dies setzt voraus, dass (1) die Sache sich im Gewahrsam eines anderen befindet, (2) neuer Gewahrsam begründet und (3) der fremde Gewahrsam auch gebrochen wird.

3. Die Kette stand im Tatzeitpunkt im „Gewahrsam“ der M.

Ja!

Gewahrsam ist die vom Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft. Ob und wessen Gewahrsam besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalles und den Anschauungen des Verkehrs oder des täglichen Lebens zu beurteilen. Eine tatsächliche Sachherrschaft liegt vor, solange der Berechtigte auf die Sache unter normalen Umständen einwirken kann und seiner Herrschaft keine Hindernisse entgegenstehen. Einen natürlichen Herrschaftswillen können auch Kinder und Geisteskranke haben. Bei Schlafenden und Bewusstlosen besteht der Wille fort (diese haben einen generellen Herrschaftswillen an den in ihrer Herrschaftsspähre befindlichen Gegenständen). Der Wohnungsinhaber hat bei Sachen in seiner Wohnung somit selbst wenn er schläft oder bei längerer Abwesenheit Gewahrsam.

4. Indem B die Kette eingesteckt hat, hat sie „neuen Gewahrsam begründet“.

Genau, so ist das!

Der Gewahrsamserwerber muss die tatsächliche Herrschaft über die Sache erlangen. Auch dies bestimmt sich maßgeblich nach der Verkehrsanschauung. Entscheidend ist, ob der Erwerber die Herrschaft ungehindert durch den früheren Gewahrsamsinhaber ausüben kann und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen. An kleinen, unauffälligen, leicht zu verbergenden Sachen erlangt der Täter regelmäßig Gewahrsam, wenn er sie, sei es auch in der Herrschaftssphäre des früheren Inhabers, in der Kleidung oder in einem Rucksack verbirgt. Er überführt die Sache hier in seine „Gewahrsamsenklave“ im Sinne eines „Tabubereichs“ (Körperversteck). Die Herrschaftsmacht des Berechtigten ist aufgehoben, wenn dieser zur Wiedererlangung des ungehinderten Gewahrsams in die persönliche Sphäre des Wegnehmenden eindringen müsste.

5. B hat die Kette ohne den Willen der M eingesteckt und so den Gewahrsam der M „gebrochen“.

Ja, in der Tat!

Der Täter bricht den Gewahrsam, wenn er ihn ohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers aufhebt. Liegt ein Einverständnis vor, entfällt bereits das Merkmal der Wegnahme (sog. tatbestandsausschließendes Einverständnis). B hat die Kette ohne den Willen der M eingesteckt.
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