Enklaventheorie | größere, leicht transportierbare Sachen (1)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T nimmt in einem Selbstbedienungladen einen Schokoriegel aus dem Regal und steckt ihn in ihre Jackentasche. An der Kasse wird sie von dem Hausdetektiv D gestellt, der sie die ganze Zeit beobachtet hatte.
Einordnung des Falls
Enklaventheorie | größere, leicht transportierbare Sachen (1)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Als der Schokoriegel noch im Regal lag, hatte der Inhaber des Ladengeschäfts Gewahrsam.
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Genau, so ist das!
2. T erlangt den Gewahrsam über den Schokoriegel erst, wenn sie das Ladengeschäft verlässt.
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Nein, das trifft nicht zu!
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Raphaeljura
18.10.2023, 01:53:16
Es gibt Unverpackläden. Leute packen da Einkaufssachen in eigens mitgebrachte Behältnissen noch bevor Sie an der Kasse sind. Wie kann man das denn lösen? Manchmal sieht man auch im Supermarkt Leute die Sachen in eigenen Taschen zur Kasse bringen. Wie kann man das so lösen, dass keine Gewahrsamsenklave entsteht?
se.si.sc
18.10.2023, 07:50:50
Zunächst mal: Ob ein Gegenstand überhaut schon im Laden in eine Gewahrsamsenklave verschafft wird, hängt wie gesagt von der Verkehrsanschauung ab. ZB das bloße Stecken in eine mitgebrachte Einkaufstüte dürfte dafür jedenfalls nicht pauschal ausreichen. Unabhängig davon: Warum sollte es ein "Problem" sein, dass ein Gegenstand in eine Gewahrsamsenklave verbracht wird, dh warum sollte man Fälle so lösen, dass das nicht der Fall ist? Rein tatsächlich wird es dem Ladeninhaber und einem eventuellen Kaufhausdetektiv weitgehend egal sein, wie man einen Gegenstand zur Kasse transportiert, sofern man ihn denn auch bezahlt. Und rein rechtlich begründet selbst eine vollendete Wegnahme nur dann die Strafbarkeit, wenn der Gewahrsamsinhaber nicht einverstanden ist und auch entsprechender Vorsatz zur Wegnahme vorliegt.

Lukas_Mengestu
19.10.2023, 11:47:55
Nur eine kleine Ergänzung aus der Praxis: Gerade der Wegnahmevorsatz ist hier von großer Bedeutung, weswegen ein Zugriff in der Regel erst nach dem Kassenbereich erfolgt. Denn bis dahin wird der entsprechende Vorsatz regelmäßig schwer nachzuweisen sein. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team