Klassiker: Der Jungbullenfall (BGH, Urt. v. 11.01.1971 - VIII ZR 261/69) - gegen Dieb
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
D stiehlt von L zwei Jungbullen (Wert: € 200) und veräußert sie für € 300 an die gutgläubige Fleischerin F. F verarbeitet die Bullen zu Schinken (Wert: € 500). L möchte gegen D vorgehen.
Einordnung des Falls
Klassiker: Der Jungbullenfall (BGH, Urt. v. 11.01.1971 - VIII ZR 261/69) - gegen Dieb
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L kann von D Herausgabe der Bullen verlangen (§ 985 BGB).
Nein!
2. Kann L von D Herausgabe des Kaufpreises i.H.v. € 300 nach §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB verlangen?
Genau, so ist das!
3. L steht gegen D auch ein Anspruch auf Herausgabe des Kaufpreises aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB zu, da die Verfügung der Bullen ihr gegenüber wirksam war.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Genehmigt L die Veräußerung (§ 185 Abs. 2 S. 1 BGB) kann sie von D nach h.M. die Herausgabe der € 300 nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen.
Ja!
5. Auch über etwaige Schadensersatzansprüche kann L den Kaufpreis von D herausverlangen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Fundstellen
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paul
1.8.2023, 19:39:51
Lorenz sprach im Podcast noch von der Rückwirkungsfiktion der Genehmigung
Leo Lee
2.8.2023, 14:48:30
Hallo paul, genauso ist es! Die Genehmigung - wie im vorliegend Fall - wirkt ex tunc, d.h gem. § 184 I BGB auf den Zeitpunkt zurück, wo das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde. Im hiesigen Fall ist es also so, dass die Verfügung an die F nicht berechtigt sein konnte, weil er weder Eigentümer noch Ermächtigter (185 I BGB) war; somit war die Verfügung unwirksam, somit auch 816 I nicht gegeben. Jedoch wurde durch die Genehmigung des L rückwirkend die Verfügung des D (also die Veräußerung an die F) wirksam, womit 816 I nunmehr doch vorliegt und der L nunmehr ggü. D den 816 I geltend machen kann :) Liebe Grüße Leo @Lukas Mengestu
Leo Lee
2.8.2023, 16:39:33
@[Lukas_Mengestu](136780)
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ajboby90
16.5.2024, 16:06:27
Kurze Nachfrage, wieso kommt 951 nicht in Betracht?
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Paulah
16.5.2024, 21:52:39
Es geht um die Ansprüche L gegen D. D hat die Verarbeitung nicht vorgenommen, sondern F
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ajboby90
17.5.2024, 11:13:28
Danke. Aber den Diebstahl als Eingriff, ist das denkbar?
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Paulah
17.5.2024, 11:18:42
Den Begriff "Eingriff" kenne ich im Zusammenhang mit den Grundrechten. Was genau meinst du?
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ajboby90
17.5.2024, 11:39:27
Ich dachte an die
Eingriffskondiktion. Meine Frage hat sich aber erübrigt, 951 wird ja nur als Verweis ins BR bei ges. Eigentumserwerb benötigt, und kommt daher nur gegen den Metzger in Betracht, nicht gegen den Dieb (der gleichwohl durch Eingriff etwas erlangt - Besitz).
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ajboby90
17.5.2024, 11:48:09
Deshalb müsste ich meine ursprüngliche Frage korrigieren: wieso hat L gegen D keinen Anspruch aus 812 I 1 Alt. 2 (NLK)? Antwort: weil 816 die speziellere
Eingriffskondiktiondarstellt.
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ajboby90
30.6.2024, 10:58:26
Kurioserweise Wird 951, 812 I 1 Alt.2 allerdings im Erklärungstext zur letzten Frage als in Betracht kommender SEA erwähnt.