Grundfall: Schuldurkunde

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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A engagiert T am 15.08. als Traurednerin. Um Ts Forderung abzusichern, stellt A der T am 17.08. eine unterschriebene „Zahlungsverpflichtung gegenüber T am 01.10.“ in Höhe von €500 aus, die sie ihr am 19.08. übergibt. Am 01.10. bezahlt A das Honorar der T.

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Einordnung des Falls

Grundfall: Schuldurkunde

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die schriftliche Zahlungsverpflichtung ist ein Schuldschein (§ 952 BGB).

Ja!

Ein Schuldschein ist eine privatrechtliche Urkunde, die der Schuldner über eine Forderung des Gläubigers ausstellt. Die Ausstellung des Schuldscheins erfolgt in der Regel zur Beweiserleichterung für den Gläubiger. Grundsätzlich ist es aber auch möglich, dass die Forderung erst mit Ausstellung des Schuldscheins entsteht. Eine Urkunde ist die schriftliche (§ 126 BGB) Verkörperung eines Gedankeninhalts. Die Zahlungsverpflichtung gibt Auskunft darüber, dass A der T ein Honorar i.H.v. €500 schuldet und soll es T erleichtern, dies nachzuweisen. Die Zahlungsverpflichtung wahrt auch die Schriftform.
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2. T wird am 19.08. mit Übergabe der „Zahlungsverpflichtung“ Eigentümerin des Papiers (§ 929 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Eigentum an einer Schuldurkunde über eine Forderung richtet sich nicht nach §§ 929ff. BGB, sondern nach § 952 BGB. Demnach steht dem Gläubiger der Forderung das Eigentum an der Schuldurkunde zu. Das heißt, der Gläubiger wird mit Ausstellung der Urkunde deren Eigentümer. Die Fälligkeit der verbrieften Forderung spielt keine Rolle.Die Schuldurkunde wird von A am 17.08. ausgestellt. T ist damit schon am 17.08. Eigentümerin der Urkunde.Besteht die Forderung zum Zeitpunkt der Ausstellung der Schuldurkunde (noch) nicht (z.B., weil sie aufschiebend bedingt ist) richtet sich der Eigentumserwerb bis die Forderung entsteht nach §§ 929ff. BGB.Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier.

3. Kann A am 02.10. die Herausgabe der „Zahlungsverpflichtungs“-Urkunde von T verlangen?

Ja, in der Tat!

Mit Erfüllung der Forderung (§ 362 I BGB) kann der Schuldner die Rückgabe des Schuldscheins verlangen (§ 371 S. 1 BGB).Am 01.10. bezahlte A das Honorar der T und erfüllt damit die Forderung der T. Anschließend kann T – neben einer Quittung – auch die Rückgabe des Schuldscheins verlangen.Es ist streitig, ob der Schuldner mit Erfüllung der Forderung auch Eigentum an dem Schuldschein analog § 952 BGB erwirbt. Details zu diesem Streit in der folgenden Aufgabe.Soweit dies in deinem Bundesland zulässig ist, solltest du dir § 371 BGB neben § 952 BGB kommentieren.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

🦊²

🦊²

16.7.2022, 13:43:30

Hi, Ich hätte an dieser Stelle noch eine Verständnisfrage: Könnte hier auch ein Fall der §§ 780,781 BGB vorliegen? („Zahlungsverpflichtung gegenüber T am 01.10.") Also, dass neben der vertraglichen Honorar Forderung, eine selbständige Forderung aufgrund der Urkunde gem. §§ 780,781 BGB bestehen könnte? Wie grenzt man dies von einander ab? Gewöhnlich nach §§ 133,157 BGB? Liebe Grüße 🦊 ²

Nora Mommsen

Nora Mommsen

3.8.2022, 11:19:15

Hallo fuchs², das ließe sich durchaus diskutieren. Die Abgrenzung erfolgt mittels Auslegung. Die Auslegung entscheidet zunächst darüber, ob in den Erklärungen der Parteien überhaupt - wie hier - ein Vertragsschluss zu finden ist. Ist ein Vertrag geschlossen, so muss weiter durch Auslegung geklärt werden, ob der Wille der Parteien auf Abstraktion gerichtet ist oder ob lediglich der Inhalt einer Verbindlichkeit festgestellt werden soll. Von wesentlicher Bedeutung für die Anwendung der §§ 780 ff. ist es also, den Abstraktionswillen als das Auslegungsziel richtig zu erfassen. (vgl. auch MüKoBGB/Habersack BGB § 780 Rn. 9, 16). Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DO

Doli

21.12.2022, 22:25:50

Die Antwort auf die erste Frage (Verweis auf §126) klingt so als wäre eine Urkunde nur eine Urkunde wenn sie der Schriftform des 126 genügt. Meines wissens muss sie das aber nicht (Schlussfolgerung aus 416 ZPO), die Formvorschrift für

Schuldurkunde

n ergibt sich doch erst aus 781 BGB?


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