Zivilrecht

Sachenrecht

Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

Abzugrenzen: Sachsubstanz und Surrogat (Verbrauch)

Abzugrenzen: Sachsubstanz und Surrogat (Verbrauch)

8. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A erwirbt von Dieb D eine Flasche Champagner und trinkt diese aus. D hatte die Flasche zuvor von E gestohlen.

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Einordnung des Falls

Abzugrenzen: Sachsubstanz und Surrogat (Verbrauch)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E hat gegen A einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB.

Nein!

Ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. E war zwar ungeachtet der Veräußerung noch Eigentümer, da ein gutgläubiger Erwerb wegen § 935 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen ist. Allerdings ist A nicht mehr Besitzer, da die Sache durch den Verzehr verbraucht wurde. Damit fehlt ein Gegenstand zur Herausgabe.Zugleich verliert E durch den Verbrauch sein Eigentum, da der Champagner durch die Verbindung mit As Körper nicht mehr eigentumsfähig ist.
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2. E kann von A Nutzungsersatz verlangen (§§987 Abs. 1, 990 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Anspruch auf Nutzungsersatz aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB setzt (1) eine Vindikationslage, (2) Ziehung von Nutzungen durch den Besitzer und (3) Bösgläubigkeit des Besitzers voraus. Zum Zeitpunkt des Verbrauchs bestand zwar eine Vindikationslage. Allerdings handelt es sich bei dem Verbrauch bereits nicht um eine Nutzung iSd § 100 BGB, sondern um einen Eingriff in die Sachsubstanz. Daher scheidet hier ein Anspruch auf Nutzungsersatz aus.

3. E kann aber von A Wertersatz verlangen.

Ja, in der Tat!

Die Sperrwirkung des EBV greift lediglich im Hinblick auf Nutzungs- und Schadensersatzansprüche.Da es sich bei dem Verbrauch nicht um eine Nutzung, sondern um einen Eingriff in die Sachsubstanz handelt, greift die Sperrwirkung des § 993 Abs. 1 Hs. 2 BGB nicht. E kann daher von A Wertersatz nach dem Bereicherungsrecht verlangen. Der Anspruch richtet sich in dem Fall nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 iVm § 818 Abs. 2 BGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Andeutungstheorie

Andeutungstheorie

30.6.2022, 14:40:36

Müsste sich der Anspruch nicht nach 823 ff BGB richten, anstatt nach 812 Abs. 1 Satz 1 Alt 2 iVm 828 Abs 2 BGB ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.7.2022, 13:46:31

Hallo

Andeutungstheorie

, der gutgläubige, unverklagte Besitzer ist durch die

Sperrwirkung des EBV

vor deliktischen Schadensersatzansprüchen geschützt (§ 993 Abs. 1 BGB). Im Hinblick auf das Bereicherungsrecht greift die Abschlussfunktion des EBV bei Verbrauch, Veräußerung, Verarbeitung dagegen nicht ein. Es handelt sich nicht um einen Ausgleich von Schäden, sondern um einen Rechts

fortwirkung

sanspruch, der an die Stelle des ursprünglichen

Herausgabeanspruch

s tritt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Andeutungstheorie

Andeutungstheorie

1.7.2022, 13:58:42

Stellen Verbrauch, Veräußerung und Verarbeitung dann Übermaßfrüchte iSd 993 Abs 1 Erster Halbsatz BGB dar ?

Blackpanther

Blackpanther

6.10.2023, 16:44:03

Verbrauch, Veräußerung und Verarbeitung sind keine Früchte iSd. § 99 BGB.

ajboby90

ajboby90

16.1.2024, 16:30:23

@[

Andeutungstheorie

](164712) Verbrauch, Veräußerung, Verarbeitung sind selbst keine Ziehung von Übermaßfrüchten. Jedoch werden sie, dem Rechtsgedanken des 993 I HS. 1 folgend, als Eingriffe in die Sachsubstanz selbst gewertet (genau das bewirkt nämlich die Ziehung von Ü-Früchten, Angriff der Sachsubstanz). Daraus sowie aus einer

Fortwirkung

des Anspruchs aus 985, wird eine Ausnahme von der Abschlusswirkung des EBV begründet.

CR7

CR7

22.1.2024, 21:30:11

Warum greift hier nicht der Vorrang der LK? Weil es sich um den Besitz handelt und nicht um das Eigentum, was der A von D erlangt hat? Dann greift der Vorrang der LK nicht oder?

ajboby90

ajboby90

30.1.2024, 16:19:55

Ich glaube, weil der Besitz, den er zwar durch Leistung erlangt hat, nicht zu kondizieren ist, sondern es um den Verbraucht der Sachsubstanz geht, und diese wurde durch Eingriff erlangt.

LS2024

LS2024

28.2.2024, 12:44:16

Müsste man hier in der Prüfung nicht schon beim Eigentum scheitern? Oder ist es wirklich so, dass man an verbrauchten Sachen zwar kein Besitz, aber Eigentum haben kann?

QUAR

Quarklo

20.7.2024, 06:57:35

Es geht um das Vorliegen der

Vindikationslage

im Zeitpunkt des relevanten Ereignisses. Also im Zeitpunkt, in dem D die Flasche trinkt und zu diesem Zeitpunkt hat er noch Eigentum. Ansonsten würden ja auch Ansprüche aus §§ 989, 990 ausscheiden wenn die Sache zerstört wurde

Kind als Schaden

Kind als Schaden

18.5.2024, 16:43:30

Scheidet eine

Entreicherung

des A hier aus?

LELEE

Leo Lee

21.5.2024, 14:11:49

Hallo Kind als Schaden, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man eine

Entreicherung

andenken. Allerdings würde eine solche

Entreicherung

insofern wegfallen, als hier der Alkohol ausgetrunken wurde (einverleibt wurde) und gerade deshalb nicht ersatzlos weggefallen ist. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Schwab § 818 Rn. 187 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

VALA

Vanilla Latte

18.6.2024, 03:32:47

Haftet er nicht auch verschörft?


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