Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Abzugrenzen: Sachsubstanz und Surrogat (Verbrauch)
Abzugrenzen: Sachsubstanz und Surrogat (Verbrauch)
11. Juli 2025
19 Kommentare
4,7 ★ (9.269 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

A erwirbt von Dieb D eine Flasche Champagner und trinkt diese aus. D hatte die Flasche zuvor von E gestohlen.
Diesen Fall lösen 69,4 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Abzugrenzen: Sachsubstanz und Surrogat (Verbrauch)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E hat gegen A einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB.
Nein!
2. E kann von A Nutzungsersatz verlangen (§§ 987 Abs. 1, 990 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. E kann aber von A Wertersatz verlangen.
Ja, in der Tat!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Andeutungstheorie
30.6.2022, 14:40:36
Müsste sich der Anspruch nicht nach 823 ff BGB richten, anstatt nach 812 Abs. 1 Satz 1 Alt 2 iVm 828 Abs 2 BGB ?

Lukas_Mengestu
1.7.2022, 13:46:31
Hallo
Andeutungstheorie, der gutgläubige, unverklagte Besitzer ist durch die
Sperrwirkung des EBVvor deliktischen Schadensersatzansprüchen geschützt (§ 993 Abs. 1 BGB). Im Hinblick auf das Bereicherungsrecht greift die Abschlussfunktion des EBV bei Verbrauch, Veräußerung, Verarbeitung dagegen nicht ein. Es handelt sich nicht um einen Ausgleich von Schäden, sondern um einen
Rechtsfortwirkungsanspruch, der an die Stelle des ursprünglichen Herausgabeanspruchs tritt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Andeutungstheorie
1.7.2022, 13:58:42
Stellen Verbrauch, Veräußerung und Verarbeitung dann
ÜbermaßfrüchteiSd 993 Abs 1 Erster Halbsatz BGB dar ?

Blackpanther
6.10.2023, 16:44:03
Verbrauch, Veräußerung und Verarbeitung sind keine Früchte iSd. § 99 BGB.

ajboby90
16.1.2024, 16:30:23
@[
Andeutungstheorie](164712) Verbrauch, Veräußerung, Verarbeitung sind selbst keine Ziehung von
Übermaßfrüchten. Jedoch werden sie, dem Rechtsgedanken des 993 I HS. 1 folgend, als Eingriffe in die Sachsubstanz selbst gewertet (genau das bewirkt nämlich die Ziehung von Ü-Früchten, Angriff der Sachsubstanz). Daraus sowie aus einer
Fortwirkungdes Anspruchs aus 985, wird eine Ausnahme von der Abschlusswirkung des EBV begründet.

CR7
22.1.2024, 21:30:11
Warum greift hier nicht der Vorrang der LK? Weil es sich um den Besitz handelt und nicht um das Eigentum, was der A von D erlangt hat? Dann greift der Vorrang der LK nicht oder?

ajboby90
30.1.2024, 16:19:55
Ich glaube, weil der Besitz, den er zwar durch Leistung erlangt hat, nicht zu kondizieren ist, sondern es um den Verbraucht der Sachsubstanz geht, und diese wurde durch Eingriff erlangt.
Findet Nemo Tenetur
16.5.2025, 23:28:10
Was wäre denn dann das erlangte Etwas? Gebrauchsmöglichkeit?

LS2024
28.2.2024, 12:44:16
Müsste man hier in der Prüfung nicht schon beim Eigentum scheitern? Oder ist es wirklich so, dass man an verbrauchten Sachen zwar kein Besitz, aber Eigentum haben kann?
Quarklo
20.7.2024, 06:57:35
Es geht um das Vorliegen der
Vindikationslageim Zeitpunkt des relevanten Ereignisses. Also im Zeitpunkt, in dem D die Flasche trinkt und zu diesem Zeitpunkt hat er noch Eigentum. Ansonsten würden ja auch Ansprüche aus §§ 989, 990 ausscheiden wenn die Sache zerstört wurde
Kind als Schaden
18.5.2024, 16:43:30
Leo Lee
21.5.2024, 14:11:49
Hallo
Kind als Schaden, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man eine
Entreicherungandenken. Allerdings würde eine solche
Entreicherunginsofern wegfallen, als hier der Alkohol ausgetrunken wurde (einverleibt wurde) und gerade deshalb nicht ersatzlos weggefallen ist. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Schwab § 818 Rn. 187 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Vanilla Latte
18.6.2024, 03:32:47
Haftet er nicht auch verschörft?
Findet Nemo Tenetur
16.5.2025, 23:29:39
@[Vanilla Latte](217055) wieso meinst du? A wusste doch nichts
Vincent
6.1.2025, 13:39:14
In der Konsequenz hieße dass ja, dass der A zweimal zahlt - einmal an den Dieb für die Flasche Champagner - und einmal als Ersatz an den Eigentümer. Wieso muss der Eigentümer nicht den Weg über den Dieb gehen ?

Lexpecto Patronum
7.7.2025, 16:44:51
@[Vincent](211990) Ich könnte mir vorstellen, dass der Käufer (hier A) in solchen Konstellationen den Kaufvertrag mit dem Dieb wegen arglistiger Täuschung nach § 123 I Alt. 1 anfechten könnte, da ihm der Verkäufer (der Dieb), um ihn zum Vertragsschluss zu bewegen, seine Eigentümerstellung vorgetäuscht hat. Ohne diesen Anschein der Eigentümer-Stellung hätte der Käufer den Kaufvertrag wohl nicht geschlossen. Das wäre zumindest meine Idee :)). Dann könnte der Kaufpreis über §§ 812 ff. kondiziert werden. Oder man konstruiert sich, wenn eine Anfechtung im Fall nicht gehen würde, etwas abenteuerlich eine Schutzpflichtverletzung nach §§ 280 I, 241 II? Der Verkäufer-Dieb hätte darauf hinweise müssen, dass der Käufer nicht Eigentum erwerben kann und Ansprüchen des Eigentümers ausgesetzt ist und den Schaden ersetzen, der kausal auf diesem Versäumnis beruht. Zur Frage, ob sich nicht vorrangig an den Dieb gewendet werden muss: ich vermute du deutest damit auf den Vorrang der Leistungskondiktion an. Der Eigentümer soll nicht nach § 812 I 1 Alt. 2 Ersatz der Nutzung verlangen können, wenn der Käufer diese durch Leistung des Diebes erlangt hat. Das wurde bereits in einem anderen Threat thematisiert. Anscheinend stellt man nicht auf den geleisteten Besitz durch den Dieb ab, dieser ist schließlich nicht Kondiktionsgegenstand, sondern die gewonnene Nutzung durch den Verbrauch der Sachsubstanz, die der Käufer aber nicht durch Leistung erlangt hat. Eine saubere Formulierung im "erlangten etwas" fällt mir da aber auch schwer, das würde mich auch sehr interessieren 😅
Magnum
31.1.2025, 11:48:53
Wie grenzt man denn den Verbrauch von den
Übermaßfrüchten ab? Ich meine, dass in einem Fall zu letzterem, die Schlachtung von Milchkühen als Übermaßfrucht bezeichnet wurde. Aber besteht nicht darin zugleich ein Verbrauch? Vielen Dank!