Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG)


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Polizei löst eine gewalttätige Versammlung auf und fordert die Teilnehmer zum Gehen auf. Gewaltbereite Demonstranten kommen der Aufforderung nicht nach. Nach erfolgloser Androhung setzt die Polizei Wasserwerfer ein. Demonstrant D erleidet Hämatome.

Einordnung des Falls

Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Grundgesetz schützt das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Der Wasserwerfereinsatz greift in das Recht des D auf körperliche Unversehrtheit ein.

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Ja!

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) ist eines der elementaren Grundrechte des GG. Es schützt die körperliche Integrität, also den biologisch-physiologischen Zustand, und auch die psychische Gesundheit jedes Menschen vor Beeinträchtigungen durch staatliche Maßnahmen. D erleidet durch den Einsatz der Wasserwerfer Hämatome, also eine Beeinträchtigung seiner körperlichen Integrität (des biologisch-physiologischen Zustands von Ds Körper). Es liegt ein Eingriff in die D's Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit vor.

2. Jeder Eingriff in ein Grundrecht - wie der vorliegende Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von D - bedarf einer Rechtfertigung. Andernfalls ist er rechtswidrig.

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Genau, so ist das!

Möchte der Staat durch eine Maßnahme in den Freiheitsraum eingreifen, den ein Grundrecht gewährt (sog. Schutzbereich), muss er diesen Eingriff rechtfertigen können. Andernfalls ist der Eingriff rechtswidrig. D.h. die Maßnahme darf nicht durchgeführt werden oder muss, wenn bereits durchgeführt, in Zukunft unterbleiben; im Einzelfall muss der Staat Betroffene entschädigen. Eingriffe sind insbesondere gerechtfertigt zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter (z.B. zum Schutz der Grundrechte anderer). Jeder Eingriff muss zudem verhältnismäßig sein. Dies hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

3. Hier ist der Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit des D (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) gerechtfertigt.

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Ja, in der Tat!

Die Polizei nutzt Wasserwerfer, um die Auflösung der gewalttätigen Versammlung gegenüber gewaltbereiten Demonstranten wie D durchzusetzen. Gewalttätige Versammlungen sind verboten. Die Maßnahme dient der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und dem Schutz der Grundrechte Dritter (z.B. friedlicher Demonstranten, Ladenbesitzer, Unbeteiligter, der Polizeibeamten) vor den Gewalthandlungen der Demonstranten. Die Maßnahme war auch verhältnismäßig. Insbesondere war ein milderes Mittel nicht verfügbar; das Wegtragen der Demonstranten als Alternative scheidet wegen der unabsehbaren Gefahren für die Polizeibeamten durch gewaltbereite Demonstranten aus. Der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des D ist folglich gerechtfertigt.

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