Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Mord, § 211 StGB
Irrige Vorstellung einer Straftat
Irrige Vorstellung einer Straftat
28. Mai 2025
8 Kommentare
4,8 ★ (16.560 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Nachdem T zwei Bier getrunken hat (0,7‰ Blutalkoholgehalt), fährt er unauffällig mit seinem PKW. Als der Polizist P ihn im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle anhält, tötet er den P. T denkt, er habe eine strafbare Trunkenheitsfahrt begangen. Dafür möchte er nicht belangt werden.
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Einordnung des Falls
Irrige Vorstellung einer Straftat
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den P in "Verdeckungsabsicht" getötet (§ 211 Abs. 2 Gr. 3 Var. 2 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Obwohl T sich die Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) nur vorstellt, liegt eine "andere Straftat" (§ 211 Abs. 2 Gr. 3 Var. 2 StGB) vor.
Ja!
3. Die Ordnungswidrigkeit des T (§ 24a StVG) ist eine "andere Straftat" (§ 211 Abs. 2 Gr. 3 Var. 2 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ehemalige:r Nutzer:in
11.7.2020, 17:13:25
🦊LEXDEROGANS
7.2.2021, 23:00:34
@S3tr, m. E. überhaupt nicht fernliegend! T müsste den SV erfasst (BAK) und sodann gedacht haben,
§ 316umfasse seinen Fall. AGrd. des ausdr. Hinweises auf eine „strafbare Trunkenheitsfahrt“ (vgl. Titel von
§ 316) ist ein
Tatumstandsirrtumaber vllt. näherliegend.

Lukas_Mengestu
22.6.2021, 01:41:43
Hallo ihr beiden, dass ist durchaus ein naheliegender Gedanke, denn beim umgekehrten Verbots
irrtum(auch "
Wahndelikt" genannt), stellt der Täter sich ja bloß vor, sich strafbar zu machen, obschein ein entsprechender Tatbestand nicht existiert (zB T stellt sich vor, der von ihm verübte Ehebruch sei strafbar). Man könnte insoweit versucht sein, die Konstellationen hier zu vergleichen, da ja auch hier eine Fehlvorstellung des T vorliegt, da er glaubt, mit 0,7 Promille ohne Ausfallerscheinungen bereits den Tatbestand des
§ 316Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB verwirklicht zu haben. Der Fall unterscheidet sich aber in einem wesentlichen Punkt von den Fällen des
Wahndelikts. Die Straffreiheit des
Wahndelikts resultiert daraus, dass die Rechtsordnung die vorgestellte Tat nicht unter Strafe stellt und der Täter keinerlei "Handlungsunrecht" verwirklicht. Anders liegt der Fall hier. T hat
vorsätzlicheinen Menschen getötet und damit entsprechendes Handlungsunrecht verwirklicht. Insoweit liegt kein Tatbestands
irrtum(§ 16 Abs. 1 S. 1 StGB) vor. Die "andere Straftat" ist hingegen kein Merkmal des objektiven Tatbestands. Vielmehr knüpft das Gesetz allein an eine entsprechende Absicht an. Nach der Rechtsprechung des BGH genügt es deshalb, dass der Täer irrig glaubt, mit seinem Vorverhalten, das er verdecken will, habe er eine Straftat begangen (vgl. BGHSt 28, 95). T macht sich hier also des
vollendeten Mordes strafbar. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Rechtsausleger
19.6.2021, 10:54:46
Hallo, ich hätte nur eine kleine Frage zur Klarstellung für meine eigenes Verständnis. Wurde die
Verdeckungsabsichthier bejaht weil generell eine Ordnungswidrigkeit (objektiv) als Bezugstat ausreicht, oder weil eine (subjektiv) irrtümlich angenommene Tat ausreicht (
VerdeckungsABSICHT)?

Speetzchen
20.6.2021, 13:16:00
Rechtsausleger
20.6.2021, 13:36:32
Hallo Speetzchen, vielen Dank für die Klarstellung 😊.
Kai
20.5.2025, 09:37:16
Warum gelten Fälle, in denen es lediglich um die Verdeckung einer OWi geht, nicht als Mord aus
Verdeckungsabsicht? Wertungsmäßig macht es doch keinen Unterschied, ob der Täter eine Straftat begangen hat, sich eine Straftat vorstellt (obwohl er zuvor vlt. nicht mal eine OWi begangen hat) oder nur eine OWi verdeckt werden soll. Knüpft man diese Unterscheidung einfach nur an den WL "Straftat"? Und wäre die Verdeckung einer OWi dann ggf. Habgier (Vermeidung eines Bußgelds) oder niedrige Beweggründe?
Kai
20.5.2025, 09:40:32
Nevermind, es wird in den Kommentaren unter der nächsten Aufgabe erklärt. 😅