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Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Lieferung unbestellter Waren - Rückforderung vom Verbraucher
Lieferung unbestellter Waren - Rückforderung vom Verbraucher
16. Juni 2025
10 Kommentare
4,8 ★ (15.510 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Unternehmerin U liefert an Verbraucher V ein Tablet in der Hoffnung, V würde es kaufen. V hatte das Tablet nicht bestellt. Als sich V auch nach mehreren Wochen nicht zurückmeldet, verlangt U die Herausgabe des Tablets.
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Einordnung des Falls
Lieferung unbestellter Waren - Rückforderung vom Verbraucher
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zwischen U und V ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.
Nein, das trifft nicht zu!
2. Der Ausschluss von Ansprüchen in § 241a Abs. 1 BGB umfasst unstreitig den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB.
Nein!
3. Kann U von V nach h.M. Herausgabe des Tablets nach § 985 BGB verlangen?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Maurice Fritz
12.4.2023, 12:37:28
juramk
17.4.2023, 11:04:54
das habe ich mich auch gefragt. Aus der Aufgabe geht das leider nicht eindeutig hervor.

CitiesOfJudah
9.10.2023, 15:49:47
"Nach zutreffender Ansicht steht
§ 241aBGB der
Vindikationdes Unternehmers gegen einen Verbraucher bei der Zusendung unbestellter Waren – auch nach der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie – entgegen. Doch erwirbt der Verbraucher damit kein
Recht zum Besitz." (Spohnheimer in: BeckOGK, § 986 Rn. 51)

Sebastian Schmitt
6.9.2024, 16:05:10
Hallo @[Maurice Fritz](80938), hallo @[juramk](199510), @[CitiesOfJudah](187795) hat schon einen wertvollen Hinweis gegeben, von mir nur einige Ergänzungen. IRv
§ 241aBGB ist schon seit Jahres vieles umstritten. Hauptgrund dafür ist, dass es sich um eine EU-Vorgabe handelt, die sich nicht ohne Weiteres gut in unser BGB einfügt. So kann man schon daran zweifeln, ob die Norm im allgemeinen
SchuldR so gut aufgehoben ist. Mehrheitlich scheint man dem Verbraucher aus
§ 241aBGB jedenfalls tatsächlich kein
Recht zum Besitzzugestehen zu wollen, sondern hält einen Anspruch aus § 985 BGB nur allgemein für "ausgeschlossen" (in diese Richtung zB MüKo-BGB/Baldus, 9. Aufl 2023, § 986 Rn 81). Ob und wie sehr das iE zu wesentlichen Unterschieden führt, sei dahingestellt. In der Klausur dürfte hier einiges vertretbar sein, sofern das Problem gesehen und ordentlich behandelt wird. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Jessica
28.3.2025, 18:10:27

Selma🌻
22.2.2024, 22:46:40
Ist vielleicht eine dumme Frage, aber ist
241aII BGB hier nicht anwendbar/zu erwähnen? Dass gesetzliche Ansprüche (= 985?) nur nicht ausgeschlossen sind, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte?
Timurso
23.2.2024, 10:01:22
Das ist ein Argument für die h.M., ja. Also anwendbar ist er natürlich nicht, da hier ja kein
Irrtum/Fehler vorliegt.

fuchs_
20.8.2024, 18:36:47
Gibt es also gar keine Ansprüche, das Tablet wieder herauszuverlangen oder nur nicht nach §985? Anders gefragt, schließt §
241aI jegliche Ansprüche aus? Auch ohne §
241aI würde ich beispielsweise bei §812 I 1 Var. 1 schon daran zweifeln, ob eine Leistung vorliegt, da der Unternehmer ja wusste, dass kein Vertrag besteht. §814 als Ausschlussgrund heranzuziehen, wäre dann ja nicht einmal notwendig. Eine
Eingriffskondiktionscheint mir darüber hinaus auch nicht einschlägig, da der Verbraucher, dem unaufgefordert etwas zugeschickt wird, ja nicht in den
Zuweisungsgehalteines fremden Rechts eingreift. Dadurch würde ich darauf kommen, dass auch ohne §
241aI dem Unternehmer in einem solchen Fall keine weiteren Herausgabeansprüche zustehen, und dass §
241aI vor allem bei §985 und dem
Recht zum BesitziRd §986 relevant ist. Auch §823 iVm §249 I wäre ohne Bestehen des §
241aI doch nicht einschlägig, oder? Oder würde der Verbraucher durch das Behalten der Sache eine Verletzung des Eigentums begehen?

Kathi
29.3.2025, 12:35:25
Würde denn dann der Verbraucher irgendwann Eigentum erlangen durch
Ersitzung? Oder ist es wirklich ein dauerhaftes Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum? Dann dürfte der Verbraucher selbst das Tablet auch nie veräußern o.Ä.?
Sophia
30.3.2025, 11:19:48
Für eine
Ersitzungmüsste der Verbraucher gutgläubig sein, § 937 II BGB. Das würde ich in diesem Fall eher verneinen, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Verbraucher dachte, einen Anspruch auf die gelieferte Ware zu haben.