Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Lieferung unbestellter Waren - Rückforderung vom Verbraucher
Lieferung unbestellter Waren - Rückforderung vom Verbraucher
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Unternehmerin U liefert an Verbraucher V ein Tablet in der Hoffnung, V würde es kaufen. V hatte das Tablet nicht bestellt. Als sich V auch nach mehreren Wochen nicht zurückmeldet, verlangt U die Herausgabe des Tablets.
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Einordnung des Falls
Lieferung unbestellter Waren - Rückforderung vom Verbraucher
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zwischen U und V ist ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Ausschluss von Ansprüchen in § 241a Abs. 1 BGB umfasst unstreitig den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB.
Nein!
3. Kann U von V nach h.M. Herausgabe des Tablets nach § 985 BGB verlangen?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Maurice Fritz
12.4.2023, 12:37:28
§241a stellt hier eine Ausschlussnorm dar und kein Recht zum Besitz, oder?
juramk
17.4.2023, 11:04:54
das habe ich mich auch gefragt. Aus der Aufgabe geht das leider nicht eindeutig hervor.
CitiesOfJudah
9.10.2023, 15:49:47
"Nach zutreffender Ansicht steht § 241a BGB der
Vindikationdes Unternehmers gegen einen Verbraucher bei der Zusendung unbestellter Waren – auch nach der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie – entgegen. Doch erwirbt der Verbraucher damit kein Recht zum Besitz." (Spohnheimer in: BeckOGK, § 986 Rn. 51)
Sebastian Schmitt
6.9.2024, 16:05:10
Hallo @[Maurice Fritz](80938), hallo @[juramk](199510), @[CitiesOfJudah](187795) hat schon einen wertvollen Hinweis gegeben, von mir nur einige Ergänzungen. IRv § 241a BGB ist schon seit Jahres vieles umstritten. Hauptgrund dafür ist, dass es sich um eine EU-Vorgabe handelt, die sich nicht ohne Weiteres gut in unser BGB einfügt. So kann man schon daran zweifeln, ob die Norm im allgemeinen SchuldR so gut aufgehoben ist. Mehrheitlich scheint man dem Verbraucher aus § 241a BGB jedenfalls tatsächlich kein Recht zum Besitz zugestehen zu wollen, sondern hält einen Anspruch aus § 985 BGB nur allgemein für "ausgeschlossen" (in diese Richtung zB MüKo-BGB/Baldus, 9. Aufl 2023, § 986 Rn 81). Ob und wie sehr das iE zu wesentlichen Unterschieden führt, sei dahingestellt. In der Klausur dürfte hier einiges vertretbar sein, sofern das Problem gesehen und ordentlich behandelt wird. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Selma🌻
22.2.2024, 22:46:40
Ist vielleicht eine dumme Frage, aber ist 241a II BGB hier nicht anwendbar/zu erwähnen? Dass gesetzliche Ansprüche (= 985?) nur nicht ausgeschlossen sind, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte?
Timurso
23.2.2024, 10:01:22
Das ist ein Argument für die h.M., ja. Also anwendbar ist er natürlich nicht, da hier ja kein Irrtum/Fehler vorliegt.
fuchs_
20.8.2024, 18:36:47
Gibt es also gar keine Ansprüche, das Tablet wieder herauszuverlangen oder nur nicht nach §985? Anders gefragt, schließt §241a I jegliche Ansprüche aus? Auch ohne §241a I würde ich beispielsweise bei §812 I 1 Var. 1 schon daran zweifeln, ob eine Leistung vorliegt, da der Unternehmer ja wusste, dass kein Vertrag besteht. §
814als Ausschlussgrund heranzuziehen, wäre dann ja nicht einmal notwendig. Eine
Eingriffskondiktionscheint mir darüber hinaus auch nicht einschlägig, da der Verbraucher, dem unaufgefordert etwas zugeschickt wird, ja nicht in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts eingreift. Dadurch würde ich darauf kommen, dass auch ohne §241a I dem Unternehmer in einem solchen Fall keine weiteren Herausgabeansprüche zustehen, und dass §241a I vor allem bei §985 und dem Recht zum Besitz iRd §986 relevant ist. Auch §823 iVm §249 I wäre ohne Bestehen des §241a I doch nicht einschlägig, oder? Oder würde der Verbraucher durch das Behalten der Sache eine Verletzung des Eigentums begehen?