Zivilrecht
Sachenrecht
Vindikation & Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
Anwartschaftsrecht II (Dolo-agit-Einrede)
Anwartschaftsrecht II (Dolo-agit-Einrede)
5. Juli 2025
12 Kommentare
4,7 ★ (33.710 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

K kauft von V ein Handy. V behält sich das Eigentum bis zur vollständigen Zahlung der 24 Kaufpreisraten vor. Eine Weitergabe des Handys in dieser Zeit ist K vertraglich untersagt. Als nur noch eine Rate fällig ist, veräußert K die Anwartschaft an G und übergibt ihr das Handy. Die letzte Rate will G selbst zahlen. V verlangt von G Herausgabe.
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Einordnung des Falls
Anwartschaftsrecht II (Dolo-agit-Einrede)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat das Eigentum an dem Handy an K durch rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung verloren (§ 929 S. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
2. Hat V das Eigentum an dem Handy an G verloren?
Nein, das trifft nicht zu!
3. G ist Besitzerin des Handys.
Ja!
4. G steht aus dem Kaufvertrag zwischen K und V ein relatives Besitzrecht (§ 986 Abs. 1 BGB) zu.
Nein, das ist nicht der Fall!
5. Das Anwartschaftsrecht verleiht unstreitig auch ein dingliches Recht zum Besitz.
Nein, das trifft nicht zu!
6. Lehnt man mit der h.M. ein dingliches Besitzrecht ab, kann V von G vorliegend die Herausgabe des Handys verlangen (§ 985 BGB).
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Helena
7.4.2022, 10:57:28
Super dass ihr endlich ein Kapitel zum
Anwartschaftsrechtals
Besitzrechthabt! Das kommt in so vielen Klausuren vor und kann so viele Punkte kosten. 

ajboby90
14.12.2023, 13:21:18
spielt diese hier nur wegen des abgeleiteten
Besitzrechts nach 986 I 1 Alt. 2 eine Rolle, oder auch darüberhinausgehend bzgl. Ansprüchen V -> K wegen dessen vetragswidrigen Verhaltens?

MenschlicherBriefkasten
26.7.2024, 11:35:25
Wie wirkt es sich denn aus, dass die Weitergabe hier vertraglich ausgeschlossen wurde?

Paulah
27.7.2024, 22:17:11
Ist die Weitergabe ausgeschlossen, kann K nach der h. M. nur das
Anwartschaftsrechtals Eigentumssicherungsrecht übertragen. Die Übertragung des
Besitzrechts haben K und V ausgeschlossen, deshalb fehlt K die Berechtigung zur Übertragung des
Besitzrechts.
annsophie.mzkw
21.11.2024, 09:26:25
@[MenschlicherBriefkasten](151200) unbeachtlich nach § 137 S. 1 BGB

Paulah
21.11.2024, 11:54:09
Die Frage nach § 137 BGB hatte ich auch mal gestellt und Leo hat dazu eine Erklärung abgegeben: https://applink.jurafuchs.de/x1OCTX8EHOb
annsophie.mzkw
21.11.2024, 16:04:01
@[Paulah](135148) ja, danke dir :) das meinte ich mit „unbeachtlich“. Es ist irrelevant für die dingliche Ebene.
Jimmy105
4.9.2024, 15:56:33
Die
Dolo Agit Einredegreift also bereits dann, wenn das
Anwartschaftsrechtzwar erstarkt ist, jedoch noch nicht zum vollwertigen Eigentumsrecht erwachsen ist, dies aber zumindest in absehbarer Zeit kurz bevor steht?
Skylawker
23.9.2024, 20:43:27
So wie ich es verstanden habe ist das
Anwartschaftsrechthier nicht erstarkt. Ich denke hier kommt es darauf an, dass nur noch die eine Zahlung notwendig ist, damit das
Anwartschaftsrechtzum Vollrecht erstarkt und der G gewillt ist die letzte Zahlung zu leisten. Die dolo-agit Einrede greift dann, weil V das Eigentum kurz nach der Herausgabe der Sache einräumen muss und die Sache dann wieder übergeben muss. Wenn das
Anwartschaftsrechtbereits zum Eigentum erstarkt wäre, könnte K dieses ja einfach an G übertragen.

Juraddicted
8.1.2025, 20:52:12
„
abgeleitetes Besitzrecht, wenn (1) der mittelbare Besitzer ein
Besitzrechtgegenüber dem Eigentümer hat, (2) der mittelbare Besitzer zur Weitergabe des Besitzes berechtigt ist und (3) der unmittelbare Besitzer dem mittelbaren Besitzer gegenüber ein
Besitzrechthat.“ wie kann 1 und 2 verwirklicht sein und 3. nicht? Durch einen nichtigen Vertrag zB? Vielen Dank :)
okalinkk
5.6.2025, 14:52:05
wenn hier die Weitergabe nicht untersagt wäre, bestünde dann ein
abgeleitetes Besitzrecht? Eigentlich doch auch nicht oder? In der letzten Besitzkette liegt doch nur ein normaler
Kaufvertragund nicht ein Kauf unter Eigentumsvorbehalt vor?
Aaron
24.6.2025, 14:59:11
ich frage mich, warum hier nicht prinzipiell ein dingliches
besitzrechtangenommen wird. selbst die hM bejaht dies ja unter anwendung der dolo-agit einrede. inwiefern macht es aber einen unterschied ob die eintretende bedingung nach dem vertrag kurz bevor steht (zb 23 der 24 raten gezahlt) oder eben nicht. denn der AWR-Inhaber kann doch zu absolut jederzeit einseitig die Beringzng erfüllen. auch die regelung des §936 iii ist für mich ein hinweis dass der AWR-Inhaber ein dingliches
recht zum besitzhat. würde mich über eine angeort freuen. vielleicht übersehenich etwas grundlegendes