Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Formfreiheit und Grenzen

Kündigung von Wohnraummietverträgen § 568 Abs. 1 BGB

Kündigung von Wohnraummietverträgen § 568 Abs. 1 BGB

4. Juli 2025

9 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E ist Eigentümerin einer vermieteten Wohnung in Frankfurt. M nutzt die Wohnung zu privaten Wohnzwecken. E möchte M ordentlich kündigen. Dazu setzt E ein unterschriebenes Schreiben auf. E macht deutlich, dass das Mietverhältnis enden soll. Einen Kündigungsgrund nennt E nicht.

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Einordnung des Falls

Kündigung von Wohnraummietverträgen § 568 Abs. 1 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein gesetzliches Schriftformerfordernis ist für die Kündigung vorgesehen.

Genau, so ist das!

Die Kündigung eines Wohnraummietverhältnissesbedarf der Schriftform (§ 568 Abs. 1 BGB). Ein Mietverhältnis über Wohnraum ist dadurch gekennzeichnet, dass die Mietsache die Wohnbedürfnisse erfüllt. Maßgebend ist der vertragliche Verwendungszweck. Die Anforderungen an die Schriftform normiert § 126 BGB. Die Wohnung nutzt M zu privaten Wohnzwecken, wodurch er seine Wohnbedürfnisse erfüllt. Es handelt sich um die Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum.
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2. Das Formerfordernis zielt darauf ab, den Mieter vor einer spontan erklärten Kündigung zu schützen.

Ja, in der Tat!

Primär dient das Formerfordernis dem Übereilungsschutz. Der Mieter wird sowohl vor einer eigenen Kündigung aus dem Affekt heraus geschützt, als auch vor einer solchen des Vermieters. Darüber hinaus wird auch die Klarstellungs- und Beweisfunktion beabsichtigt. E wird eine mündliche Kündigung aus dem Affekt heraus verwehrt.

3. Das Formerfordernis ist unabhängig von der Angabe der Kündigungsgründe.

Nein!

Die Frage, inwieweit ein Kündigungsgrund erforderlich ist, normiert § 568 Abs. 1 BGB nicht. Eine ordentliche Kündigung erfordert die Angabe des berechtigten Interesses des Vermieters, welches ihn zur Kündigung berechtigt (§ 573 Abs. 3 BGB). Wird ein bestehender Kündigungsgrund nicht schriftlich in der Kündigungserklärung fixiert, so kann dieser Grund nicht für die konkrete Kündigung herangezogen werden. Die Angabe des Kündigungsgrundes wird somit zum weiteren Formerfordernis. E benennt den konkreten Grund für die Kündigung nicht im Kündigungsschreiben. Als Konsequenz kann dieser Grund nicht mehr die Kündigung begründen.

4. E müsste das Wort Kündigung explizit im Kündigungsschreiben benennen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ausreichend ist, dass die Intention zum Ausdruck kommt, das Mietverhältnis zu beenden. Das Wort Kündigung muss nicht ausdrücklich verwendet werden. Der Wille der E, das Mietverhältnis nicht länger fortzuführen, wird hinreichend deutlich.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BEN

Benjamin

22.12.2021, 19:41:29

Warum ist der Grund Voraussetzung für die Erfüllung des Schriftformerfordernisses? Ist das nicht unabhängig von der Angabe von Gründen, die Kündigung lediglich wegen deren Fehlen unwirksam?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.12.2021, 10:45:40

Hallo Benjamin, auch wenn dies in

§ 568 Abs. 1 BGB

nicht explizit angeordnet ist, gehört zur Einhaltung der Schriftform auch, dass die Begründung schriftlich erfolgt. Sofern diese nicht vorliegt (egal, ob die Kündigung gar nicht oder nur mündlich begründet wird), führt dies zur Formunwirksamkeit der Kündigung (vgl. Häublein, in: MüKo-BGB, 8.A. 2020, § 568 RdNr. 8). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

4.10.2022, 07:48:09

In der Erklärung zu Aufgabe 1 stecken drei redaktionelle Fehler. Bei der Erklärung zu Aufgabe 3 gehört das Komma vor, nicht hinter "inwieweit". Nun auch noch etwas Juristisches: Die Erklärung bei Frage 3 bezieht sich mehr darauf, dass die Kündigungsgründe nicht unabhängig vom Formerfordernis sind, als umgekehrt. Dass fehlende Gründe auch die Form

beschädigen

, wird erst durch Lukas' Erläuterung klar. Sie gehört daher auch in die Erklärung der Aufgabe.

QUIG

QuiGonTim

4.10.2023, 09:10:10

Würde das Gericht die Kündigung in diesem Fall wegen der Formnichtigkeit oder wegen des fehlenden berichtigten Kündigungsinteresses für unwirksam erklären? Der Wortlaut des § 573 Abs. 3 S. 2 BGB („Gründe [als die im Kündigungsschreiben angegebene ] werden nur berücksichtigt…“) legt doch den Schluss nahe, dass die Unwirksamkeit der Kündigungserklärung aufgrund des fehlenden/nicht berücksichtigten Kündigungsinteresses eintritt.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

4.10.2023, 14:03:25

Hallo QuiGonTim, danke dir für deine Frage. Tatsächlich ist das Begründungserfordernis eine besondere Formanforderung. Neben der einfachen Schriftform ist zusätzlich die Angabe von Gründen erforderlich. Die beiden Gründen stehen also nicht ausschließend nebeneinander, sondern sind im Prinzip beide ein Formerfordernis. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

SARAS

SaraSenu

24.1.2024, 19:38:24

Verstehe ich es richtig, dass die Kündigung aufgrund der nicht schriftlich fixierten Gründe unwirksam ist? Letztendlich kann sich E ja auf keinen einzigen Kündigungsgrund berufen.

Paulah

Paulah

26.1.2024, 19:18:50

Dazu stehen in den anderen beiden Threads zu diesem Fall schon Erklärungen.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

28.1.2024, 17:12:33

Danke Paulah für den Hinweis! Genauso ist es, das Erfordernis der Angabe von Kündigungsgründen ist ein weiteres Formerfordernis für die Wirksamkeit der Kündigung. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Sophix58

Sophix58

20.4.2024, 07:04:02

Huhu, ich hätte an dieser Stelle eine kleine Verständnisfrage. Dass sich das Schriftformerfordernis insofern auf die Angabe der Kündigungsgründe erstreckt ist doch dann anders als die Anforderungen an eine wirksame Kündigungserklärung im Arbeitsrecht, oder? Wenn ich das richtig verstanden habe, müssen bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Gründe nicht auch zwingend schriftlich im Kündigungsschreiben mitgeteilt werden, sondern sind nur auf Verlangen des Arbeitnehmers anzugeben?


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