ob rem
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
H arbeitet jahrelang im Haushalt des E. Sie erhält hierfür lediglich Unterkunft und Verpflegung, aber keinen Lohn. Sie arbeitet in der Erwartung, dass sie als Erbin eingesetzt wird. E kennt und akzeptiert diese Erwartung. Vor seinem Tod setzt E seine Cousine als Alleinerbin ein. H möchte aus ungerechtfertigter Bereicherung vorgehen.
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Einordnung des Falls
ob rem
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E hat "etwas erlangt" (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. E hat etwas "durch Leistung" der H" erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
3. H hat die Leistung an E "ohne rechtlichen Grund" (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) erbracht.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Nach hM ist die condictio ob rem (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) hier anwendbar, obwohl H (auch) auf ihre Verbindlichkeit aus dem Dienstvertrag geleistet hat.
Ja, in der Tat!
5. Der mit der Leistung "nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg" ist nicht eingetreten (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Juri
7.9.2020, 16:10:37
Hier fehlt glaub in der Klammer etwas nach „sonst“ (
Störung der Geschäftsgrundlageeinerseits oder 812 I 1 Alt. 1 andererseits?)
Juri
7.9.2020, 16:12:13
313 dabei natürlich nur denkbar bei einseitiger Erwartung, die dem VPartner bekannt ist (einseitige Vorstellung sonst irrelevant)
Eigentum verpflichtet 🏔️
7.9.2020, 19:25:46
Hallo D, danke für den wertvollen Hinweis. Ganz recht, bei einer nur einseitigen Erwartung liegt das reale Element einer
Störung der Geschäftsgrundlagenach
§ 313 BGBvor. Falls auch das hypothetische und das normative Element vorliegen, kann Anpassung des Vertrages verlangt werden (Abs. 1) oder, falls das nicht möglich oder zumutbar ist, vom Vertrag zurückgetreten oder dieser gekündigt werden (Abs. 3). In unserem Fall wäre beides für die H nicht so hilfreich. Im Falle einer vertraglichen Vereinbarung der Erbeinsetzung im Rahmen des Dienstvertrags nach § 611 BGB kann i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz wegen vertraglicher Pflichtverletzung verlangt werden. Wir haben die Antwort entsprechend ergänzt.
Doli
26.8.2022, 12:36:53
Handelt es sich hier um eine sog. Zweckstaffelung? Denn einerseits bezweckt H die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Dienstvertrag, andererseits die Einsetzung als Erbin
Lukas_Mengestu
17.10.2022, 14:55:48
Hallo Doli, in der Tat ist diese Konstellation auch unter dem Begriff der "Zweckanstaffelung" bekannt (Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 9.A., 2019, § 10 RdNr. 62). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
InDubioProsecco
10.6.2023, 16:09:16
Verstehe ich es richtig, dass man in der Klausur einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ablehnen würde mit dem Hinweis, dass ein Rechtsgrund in Form eines Dienstvertrages besteht; dann aber einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BGB bejaht, weil der mit der Dienstleistung bezweckte Erfolg nicht eintritt?
Richter Alexander Hold
20.11.2023, 17:48:05
Korrekt. Der mit der Dienstleistung bezweckte Erfolg ist die Erfüllung der Verbindlichkeit aus dem Dienstvertrag einerseits und darüber hinaus die Erbeinsetzung, die von beiden Parteien als Zweckabrede vereinbart wurde, andererseits. Letzterer tritt nicht ein, sodass ein Anspruch aus
condictio ob rembesteht.
Natze
23.2.2024, 10:10:27
Was ist denn die Rechtsfolge? Lediglich Ersatz in Höhe eines Lohnanspruches? H hat ja keinen Anspruch auf eine Erbenstellung. ich hätte jetzt irgendwo doch noch die Testierfreiheit mit eingebaut.
as.mzkw
13.9.2024, 13:51:53
Ich hätte jetzt einen Anspruch auf Wertersatz gem. §§ 812 I 2 Alt. 2, 818 II BGB in den Raum geworfen, bin mir aber selbst nicht sicher. Immerhin hat sich E ja durch die unentgeltliche Beschäftigung der H Aufwendungen erspart in Gestalt des nach § 611 BGB grundsätzlich geschuldeten Dienstlohns für eine Haushaltshilfe. Insbesondere stellt die Anstellung einer Haushaltshilfe - vor allem im hohen Alter - wohl auch keine
Luxusaufwendungdar, sodass E sich auch nicht auf
Entreicherunggem.
§ 818 III BGBberufen kann. Wie gesagt, sicher bin ich mir bzgl. meiner Ausführungen leider auch nicht.
Vanilla Latte
20.7.2024, 23:40:03
Was wäre hier die Rechtsfolge? greift das nicht in die Testierfreiheit ein?
Lea B
14.10.2024, 17:01:36
Liebes JuraFuchs Team, bei kleiner Recherche (teils auch unter den angegeben Quellen) lässt sich für mich nicht entnehmen, dass es sich bei der Annahme der Anwendbarkeit tatsächlich noch um die h.M. handelt. Nun bin ich mir bewusst, dass dieser Begriff sehr missverständlich verwendet wird in unterschiedlichster Konstellation und hier deshalb nicht alle Ansichten gegeneinander gewertet werden können. Allerdings erscheint es mir quantitativ jedenfalls durchaus so, dass eine Mehrheit der Autoren in Kommentaren diese Ansicht inzwischen ablehnen. Viele grüße