Zivilrecht
Bereicherungsrecht
Die Leistungskondiktion
Nachträgliche Rechtsgrundlosigkeit (Auflösende Bedingung)
Nachträgliche Rechtsgrundlosigkeit (Auflösende Bedingung)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M schenkt und übereignet dem gerade 18 Jahre alten S ihr Auto. Sie sagt, dass S es nur dauerhaft behalten dürfe, wenn dieser sein Abitur besteht. Beide wollen nicht, dass die Rücktrittsregeln zur Anwendung kommen. Zwei Monate später fällt S durch das Abitur.
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Einordnung des Falls
Nachträgliche Rechtsgrundlosigkeit (Auflösende Bedingung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hat Eigentum und Besitz am Auto „erlangt“ (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. S hat das Auto durch Leistung der M erlangt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
3. M hat ursprünglich mit „rechtlichem Grund“ geleistet (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
4. Der Rechtsgrund ist nachträglich entfallen. M kann die Leistung zurückverlangen (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jana-Kristin
29.6.2020, 22:29:07
Bei dem Besitz als „erlangtes Etwas“ bin ich noch konform. Beim Eigentum sehe ich das anders: als Die dingliche Einigung zwischen M und S ist doch aufschiebend bedingt (929 S.1, 158 I BGB). Die aufschiebende Bedingung tritt ein sobald M sein Abi bestanden hat. Da er dies nicht hat, liegt mE keine dingliche Einigung und somit keine
Eigentümerstellung des M vor.
Christian Leupold-Wendling
30.6.2020, 00:26:41
Hi Jana-Kristin, laut Sachverhalt (1. Satz) hat sie bereits übereignet. Die Schenkung war allerdings auflösend bedingt.
Eigentum verpflichtet 🏔️
30.6.2020, 10:01:19
Würde bei dem Sachverhalt auch eine auflösende Bedingung der dinglichen Einigung für möglich halten. Dann könnte M den Besitz von S vindizieren und kondizieren.
InDubioProsecco
10.6.2023, 16:15:23
Korrigiert mich bitte, aber Rücktrittsrecht kommt hier m. E. nicht zur Anwendung, auch dann nicht, wenn M und S dieses nicht ausschließen. Es handelt sich bei einer Schenkung nicht um einen gegenseitigen Vertrag, dieser wird in der amtlichen Überschrift der §§ 320 ff. aber gerade vorausgesetzt.
CR7
4.1.2024, 12:38:20
Ich gebe dir Recht @indubioprosecco; ich glaube aber, dass der SV den Widerruf nach §§ 530, 531, 532 BGB meint. Beides sind Gestaltungswerkzeuge, die einen Grund, eine Erklärung eine Frist (wie beim Rücktritt) voraussetzen und der Widerruf nicht ausgeschlossen ist. LG
Efecan Ö.
16.1.2024, 18:05:42
Es könnte ein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart werden
Sebastian Schmitt
10.9.2024, 17:55:53
Hallo @[InDubioProsecco](1641), vielen Dank für die gute Nachfrage. Du hast Recht, dass eine direkte Anwendung der §§ 320 ff BGB hier daran scheitern dürfte, dass wir es nicht mit einem gegenseitigen Vertrag zu tun haben. Ein Widerruf nach §§ 530 ff BGB, wie es @[CR7](145419) einbringt, ist theoretisch denkbar. Allerdings stellt das Nichtbestehen des Abiturs keine schwere Verfehlung iSd § 530 I BGB dar, jedenfalls würde es an der subjektiv fehlenden tadelnswerten Gesinnung scheitern. Ein vertragliches Widerrufsrecht könnte man schon eher annehmen, deswegen haben wir den Sachverhalt jetzt so erweitert. Näherliegender scheint mir aber ein besonderes vertragliches Rücktrittsrecht, wie @[Efecan Ö.](197365) einwirft. Aus dem Bestehen des Abiturs könnte man ggf auch eine Auflage iSd § 525 I BGB konstruieren. Bei Nichterfüllung wären über § 527 I BGB ebenfalls rücktrittsrechtliche Vorgaben heranzuziehen. Vor diesem Hintergrund wollten wir rücktrittsrechtliche Vorgaben "zur Sicherheit" ausschließen, weil daraus bekanntermaßen ein Rückgewährschuldverhältnis entstehen würde, das ein Rechtsgrund im Rahmen unserer bereicherungsrechtlichen Prüfung wäre. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Stella2244
27.6.2024, 19:32:00
die Rücktrittsregeln würden doch grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen oder?
Leo Lee
29.6.2024, 09:30:41
Hallo steall2244, vielen Dank für die sehr gute Frage! Bei dieser Aufgabe haben wir insofern bisschen „getrickst“, als wir den Rücktritt durch „Einigung“ ausgeschlossen haben. Denn würde Rücktritt vorliegen, würde ein sog. Rückgewährschuldverhältnis (nach den 346 ff.) entstehen. Und ein solches Rückgewährschuldverhältnis ist eine FORTSETZUNG des ursp. SVs, das i.S.d. 812 einen RECHTSGRUND darstellen würde. Wenn also ein Rücktritt stattgefunden hätte, wären wir „raus“ aus dem Bereicherungsrecht, weshalb in diesem Fall der Fall so gestrickt war, dass der Rücktritt nicht in Betracht kam. i.Ü. kann ich hierzu die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Schwab § 812 Rn. 428 sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Vanilla Latte
20.7.2024, 23:45:01
wieso kommt hier keine Zweckverfehlungskondiktion in Betracht kommen?