Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
"Täter hinter dem Täter" 3 – Irrtum über Unrechtsquantifizierung
"Täter hinter dem Täter" 3 – Irrtum über Unrechtsquantifizierung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
H bringt T dazu, ein dem O gehörendes Bild zu zerstören, indem sie ihm vorspiegelt, es handele sich um ein wertloses Geschmiere. H selbst weiß jedoch, dass es sich um ein wertvolles Gemälde handelt.
Diesen Fall lösen 79,3 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
"Täter hinter dem Täter" 3 – Irrtum über Unrechtsquantifizierung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T selbst ist Täter einer Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. T handelte volldeliktisch. Daher scheidet eine mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) des H immer aus.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. H hat sich wegen Sachbeschädigung in mittelbarer Täterschaft (§§ 303 Abs. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) strafbar gemacht, indem sie T dazu brachte, Os wertvolles Gemälde zu zerstören.
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jana-Kristin
19.7.2021, 17:29:26
In der Frage müsste es im letzten Satz "T" statt "H" heißen, wenn man darauf hinaus will, dass T volldeliktisch handelt.
Marilena
20.7.2021, 16:33:18
Hi Jana-Kristin, vielen Dank für den Hinweis und Deine wertvolle Mithilfe, die Inhalte zu verbessern. Ich habe mir die Aufgabe nochmal angesehen, konnte aber keine Stelle finden, an der ich T und H vertauschen sollte. Liegt hier vielleicht ein Missverständnis vor? Liebe Grüße für das Jurafuchs-Team, Marilena
Daniel
27.7.2021, 20:19:52
Die Aufgabe ist schon richtig formuliert. Auch ohne Wissen um den Wert des Bildes handelt T volldeliktisch.
Rüsselrecht 🐘
14.9.2021, 15:21:02
Hallo 👋🏼 im Bereich der graduellen Tatbestandsirrtümer wird neben der vorgestellten Ansicht der mittelbaren Täterschaft des H - neben anderen - auch die Ansicht vertreten, dass Hintermann H als Anstifter zu bestrafen ist und sein überschießender
Vorsatzbei der Strafzumessung gem. § 46 berücksichtigt wird. Würde das Strafmaß für H in beiden Fällen nicht identisch ausfallen? Oder gäbe es einen materiellen Unterschied, den ich nicht sehe? Danke.
der unerkannt geisteskranke E
2.5.2023, 18:43:50
Ich denke, es ist einfach der Grundgedanke, dass das Unrecht bei einem Täter größer ist als bei einem Teilnehmer, wobei das eine Rolle spielt. Das wirkt sich (zumindest rein theoretisch) auch bei gleichem Strafrahmen auf die konkrete Strafe aus.
K. Dilper
24.11.2021, 19:10:58
Ist das hier nicht eine falsche Subsumtion? Der T weiß doch selbst vom Wert des Bildes, hierbei ist der H doch im Irrtum, weil er glaubt, der T wisse nicht um den Wert. Hier liegt doch gerade kein Fall eines irgendwie gearteten Minus beim Vordermann vor, auch nicht "nur" bezüglich des Wertes des Bildes.
K. Dilper
24.11.2021, 19:15:07
Ich muss mich selbst korrigieren, das überlegene Wissen liegt ja laut Sachverhalt nur bei H
Lukas_Mengestu
25.11.2021, 10:56:02
Super, dass Du es noch einmal selbst überprüft hast. Auch in Klausuren ist es wichtig, sich immer zu vergewissern, dass man den Sachverhalt richtig aufgefasst hat. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
JCF
16.8.2023, 00:24:21
Es wäre super, wenn man seine eigenen Kommentare bearbeiten oder löschen könnte.
lennart20
14.6.2023, 09:09:55
Bei mir im Lehrbuch (Wessels, Satzger) steht für diese Art von Konstellation des Täters hinter dem Täter, dass eine Täuschung über die Unrechtshöhe, wie den Wert eines gestohlenen
Tatobjekts und sonstige Tatmotive nur Raum für eine Strafbarkeit als Teilnehmer verbleibt und dadurch die Täuschung über die Unrechtshöhe und sonstige Tatmotive untauglich sind für die Begründung einer mittelbaren Täterschaft. (Rn.855). Ich finde eure Ausführung hier stehen im Widerspruch zur Darlegung des Lehrbuchs. Könntet ihr das Überprüfen, oder bin ich hier falsch? Auch kann ich leider nicht über einen graduellen
Tatumstandsirrtumim Lehrbuch finden.
marimo
13.7.2024, 15:20:43
Ja, viele Lehrbuchautoren haben (wie ich finde zu Recht) ein Problem mit der Anerkennung von Fällen der Unrechtsquantifizierung (wie es Rengier nennt) als
mittelbare Täterschaft. Rengier lehnt die Konstellation mit der Begründung ab, dass die Abgrenzung nach Unrechtshöhe zu unbestimmt ist und ein Irrtum über allein Strafzumessungsrelevante Merkmale keine Ausnahme von dem Verantwortungsprinzip rechtfertigt. (Rengier, AT § 43 Rn. 49) Welcher Ansicht man folgen will ist wohl - wie vieles im Strafrecht - Geschmackssache. Die Darstellung hier ist aber in der Rspr. & der Kommentarliteratur sehr weit verbreitet. In der Fallbearbeitung wird wohl beides richtig sein (es sei denn man erwischt einen hardliner-korrektor ahaha)
Juratiopharm
25.7.2023, 22:08:49
Die Behandlung von Irrtümern zur Unrechtsquantifizierung bzw. von graduellen Tatbestandsirrtümern scheint mir so umstritten zu sein, dass dieser Fall dem nicht gerecht wird. Auch für solche Ansichten, die nur eine Anstiftung anerkennen, weil der Irrtum zur Strafzumessung keine Abkehr von Verantwortungsprinzip rechtfertige, spricht mMn einiges.
benjaminmeister
20.11.2023, 14:20:09
Sehe ich ebenfalls so. Ist hier eine Änderung geplant?