+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
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Klassisches Klausurproblem
T wartet auf einem Parkplatz in seinem Auto. Als er den angreifenden O bemerkt, will T fliehen. Er fährt mit Vollgas davon, wobei er billigend in Kauf nimmt, dass O nicht ausweichen kann und verletzt wird. T erfasst O mit dem Wagen. O erleidet durch den Zusammenstoß eine Hirnblutung.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat O durch seine Handlung körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt (§ 223 Abs. 1 StGB).
Ja!
Unter einer körperlichen Misshandlung (§ 223 Abs. 1 Var. 1) versteht man eine üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird.
Unter einer Gesundheitsschädigung (§ 223 Abs. 1 Var. 2) versteht man das Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften (=pathologischen) Zustands.
T hat O mit dem Auto erfasst und durch diese üble, unangemessene Behandlung O nicht nur unerheblich in seinem körperlichen Wohlbefinden beeinträchtigt. Die Hirnblutung bedarf der Heilung und stellt somit auch einen krankhaften Zustand dar.
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2. T könnte sich auch der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) strafbar gemacht haben. Handelt es sich bei dem Auto um eine Waffe (Var. 1)?
Nein, das ist nicht der Fall!
Mit dem Begriff Waffe sind nur die sog. technischen Waffen gemeint. Waffen sind solche Werkzeuge, die ihrer Natur nach dazu bestimmt sind, auf mechanischem oder chemischen Wege Menschen zu verletzen.
Ein Kraftfahrzeug ist seiner Natur nach nicht zur Verletzung von Menschen bestimmt, sondern zur Fortbewegung. Es handelt sich nicht um eine Waffe.
3. T könnte sich auch der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) strafbar gemacht haben. Handelt es sich bei dem Auto hier um ein gefährliches Werkzeug (Var. 2 StGB)?
Ja, in der Tat!
Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und der Art seiner Benutzung im konkreten Fall erhebliche Verletzungen hervorrufen kann. Es handelt sich um einen Oberbegriff. Alle möglichen „Alltagsgegenstände“ können davon erfasst sein.
Ein Auto kann – seiner objektiven Beschaffenheit nach und je nach Benutzung im Einzelfall – Menschen erheblich verletzen. T fährt mit seinem Auto auf einen Menschen zu. Der Zusammenprall zwischen einem Auto und einem Menschen kann erhebliche Verletzungen hervorrufen.
4. Eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt nur vor, wenn die Verletzung auch „mittels“ des gefährlichen Werkzeugs hervorgerufen wurde.
Ja!
Welche Anforderungen an den Zusammenhang zwischen Werkzeug und Verletzung zu stellen sind, ist umstritten:
Nach Auffassung des BGH ist eine Körperverletzung nur dann „mittels“ des gefährlichen Werkzeugs begangen, wenn das eingesetzte Tatmittel unmittelbar auf den Körper des Opfers einwirkt . Diese unmittelbare gegenständliche Einwirkung muss geeignet sein, erhebliche Verletzungen hervorzurufen.
Eine Ansicht in der Literatur sieht das Kriterium „mittels“ schon erfüllt, wenn die Verletzungsgefahr kausal und objektiv zurechenbar auf dem Einsatz des Werkzeugs beruht.
5. Nach Auffassung des BGH ist es im vorliegenden Fall unerheblich, ob die Verletzung durch den Zusammenstoß mit dem Wagen oder den anschließenden Aufprall auf dem Parkplatzboden entstanden ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
Bei einem Kraftfahrzeug muss die Verletzung nach Aufassung des BGH durch den unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körperdes Opfers entstehen. Das kann nur das Anfahren oder Überfahren selbst sein. Nicht „mittels“ des Autos entstanden seien dagegen Verletzungen, die erst durch einen nachfolgenden Sturz oder eine Ausweichbewegung des Opfers entstanden sind.
T erfasst O mit dem Auto so, dass dieser unmittelbar infolge des Zusammenstoß eine Hirnblutungen erleidet. T hat die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs begangen ( § 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2) Zu dem gleichen Ergebnis kommt auch die abweichende Literaturauffassung, sodass ein Streitentscheid hier dahinstehen kann. Ebenfalls zu prüfen wäre in einem solchen Fall noch die lebensgefährdende Behandlung (Nr. 5).
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