Referendariat

Die zivilrechtliche Urteilsklausur

Erledigung

Einseitige Erledigungserklärung - Leistungsklage ist zulässig und begründet, Erledigung nach Rechtshängigkeit ist eingetreten.

Einseitige Erledigungserklärung - Leistungsklage ist zulässig und begründet, Erledigung nach Rechtshängigkeit ist eingetreten.

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K klagt gegen B auf Zahlung von €7.000, die diese der K tatsächlich noch schuldet. Nach Klagezustellung zahlt B alles. K erklärt sodann den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. B widerspricht und beantragt weiterhin Klageabweisung.

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Einordnung des Falls

Einseitige Erledigungserklärung - Leistungsklage ist zulässig und begründet, Erledigung nach Rechtshängigkeit ist eingetreten.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K und B haben den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine übereinstimmende Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache liegt nur vor, wenn die Parteien übereinstimmend Erledigungserklärungen abgeben oder eine solche Erklärung des Beklagten nach § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO fingiert wird. Da B der Erledigungserklärung der K ausdrücklich widersprochen hat, hat sie keine Erledigungserklärung abgegeben. Es liegt keine übereinstimmende Erledigung vor. Vielmehr hat die Klägerin den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt.
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2. Durch die einseitige Erledigungserklärung der K wird der Prozess beendet.

Nein, das trifft nicht zu!

Anders als nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen von Kläger und Beklagtem, endet der Prozess nicht durch die einseitige Erledigungserklärung des Klägers. Denn von dem Beklagten kann nicht stets verlangt werden, dass er auf eine rechtskräftige Entscheidung in der Sache verzichtet. Vielmehr endet der Prozess durch Urteil. Die Entscheidung hängt dabei davon ab, ob die Hauptsache sich tatsächlich erledigt hat.Ungeachtet Ks Erledigungserklärung wird der Prozess also fortgesetzt.

3. Durch die einseitige Erledigungserklärung der K erfolgt eine Klageänderung ihrer ursprünglichen Leistungsklage in eine Feststellungsklage.

Ja!

Die einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist ein Sachantrag auf die Feststellung, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Der Kläger begehrt mithin Feststellung, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nachträgliches, erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Dieser Übergang vom ursprünglichen Sachantrag zur Erledigungserklärung stellt entsprechend der hM eine nach § 264 Nr.2 ZPO privilegierte Klageänderung dar. Jedenfalls handelt es sich aber um eine nach § 263 ZPO sachdienliche Klageänderung unter Einschränkung des Klageziels. Das stattgebende Urteil ist daher ein Feststellungsurteil.„Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.“

4. In den Entscheidungsgründen ist vor der Zulässigkeit als Vorfrage die Umstellung des Klageantrags zu diskutieren.

Genau, so ist das!

Durch die einseitige Erledigungserklärung des Klägers begehrt dieser nunmehr Feststellung, dass die ursprünglich zulässige und begründete Klage durch ein nachträgliches, erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Es ist daher in den Entscheidungsgründen als Vorfrage bereits vor der Zulässigkeit kurz zu erläutern, dass dieser Übergang von der ursprünglichen Leistungsklage zur Feststellungsklage eine nach § 264 Nr.2 ZPO privilegierte, zumindest aber eine nach § 263 ZPO sachdienliche Klageänderung unter Einschränkung des Klageziels und damit zulässig ist. Bei konkludenter Erledigungserklärung ist zudem zunächst die Auslegung des Klageantrags erforderlich.

5. Genügt es bei der einseitigen Erledigungserklärung im Rahmen der Zulässigkeit allein die Zuständigkeit des Gerichts festzustellen?

Nein, das trifft nicht zu!

Wie gewohnt sollte zunächst kurz auf die Zuständigkeit des Gerichts eingegangen werden. Zudem muss immer auch das Vorliegen eines Feststellungsinteresses (§ 256 Abs.1 ZPO) geprüft werden. Ein solches Feststellungsinteresse folgt regelmäßig aus dem Kosteninteresse des Klägers, der eine abschließende Entscheidung über die gesamten Kosten des Rechtsstreits haben will. K will durch die Erledigungserklärung die Kostenhaftung nach § 91 ZPO vermeiden. Würde K den Rechtsstreit in der Hauptsache nicht für erledigt erklären, würde sie mit ihrer Klage unterliegen, da die ursprünglich bestehende Forderung iHv. €7.000 durch die Zahlung der B erloschen ist (§ 362 Abs.1 BGB) und die Klage nunmehr unbegründet wäre. K hätte daher die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs.1 ZPO zu tragen. Ein Feststellungsinteresse nach § 256 Abs.1 ZPO liegt daher vor.

6. Im Rahmen der Begründetheit ist zu prüfen, ob die Klage ursprünglich zulässig und begründet war und durch ein nach Rechtshängigkeit eintretendes, erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Ist dies hier der Fall?

Ja!

Im Fall einer einseitigen Erledigungserklärung ist die Feststellungsklage immer dann begründet, wenn die (1) Klage ursprünglich zulässig und (2) begründet war und durch (3) ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis (4) unzulässig oder unbegründet geworden ist. Die Klage war ursprünglich zulässig. Sie war auch begründet, da der K zunächst der geltend gemachte Anspruch iHv. €7.000 zustand. Der Anspruch der K ist jedoch gem. § 362 Abs.1 BGB erloschen, weil B durch Zahlung die geschuldete Leistung bewirkt hat. Dadurch ist die ursprünglich begründete Klage unbegründet geworden. Dieses erledigende Ereignis ist nach der Zustellung der Klage, damit nach Rechtshängigkeit eingetreten.
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