Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen
Die zivilrechtliche Urteilsklausur
Erledigung
Einseitige Erledigungserklärung - Die Leistungsklage ist zulässig und begründet, Erledigung aber nicht eingetreten
Einseitige Erledigungserklärung - Die Leistungsklage ist zulässig und begründet, Erledigung aber nicht eingetreten
2. April 2025
9 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

K klagt gegen B auf Zahlung von €2.000. Nachdem gegen B ein Versäumnisurteil ergangen ist, vollstreckt K aus diesem. Im Einspruchstermin erklärt K den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, B widerspricht.
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Einordnung des Falls
Einseitige Erledigungserklärung - Die Leistungsklage ist zulässig und begründet, Erledigung aber nicht eingetreten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Da K den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, liegt nun eine Feststellungsklage vor.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat sich die Klage infolge der Vollstreckung erledigt?
Nein, das trifft nicht zu!
3. Ist die hier zulässige Feststellungsklage begründet?
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jack Lawson
19.4.2023, 17:04:40
Hier frage ich mich, ob in diesem Fall die Klageänderung noch privilegiert nach § 264 Nr. 2 ZPO oder sachdienlich nach § 263 ZPO anzusehen ist. Im Idealfall müsste ein Richter hier doch wohl eher einen Hinweis geben oder halt die Klageänderung nicht zulassen.
Aleks_is_Y
19.2.2024, 15:55:37
Es wäre hilfreich, wenn die Aufgabe/ Erklärung um einen Block ergänzt werden würde, die das richige Vorgehen für den Kläger darstellt, nach dem er aus einem Versäumnisurteil vollstreckt und nun über den Einspruch verhandelt wird.

Nocebo
22.5.2024, 19:54:52
Er sollte seinen Klageantrag aufrechterhalten :) Er hat ja gerade nur aus dem VU vorläufig vollstreckt, das hat sich aber durch den Einspruch erledigt, d.h. er braucht noch ein vollstreckbares Endurteil.
Aleks_is_Y
22.5.2024, 19:57:51
Super! Danke für die Antwort!

Nocebo
17.1.2025, 14:44:16
Allerdings ist auch meine bisherige Antwort nicht vollständig präzise: Das VU erledigt sich nicht "automatisch" durch den Einspruch, sondern bleibt bis zum Endurteil wirksam. Deshalb tenoriert man ja auch die Aufhebung des VU etc. ausdrücklich - die erst dadurch geschieht. Weiterhin kann auch nach Einspruch aus dem VU vollstreckt werden, weshalb man regelmäßig als Beklagter mit dem Einspruch auch einen Antrag nach §§ 719, 707 ZPO stellen wird. Wenn man nun allerdings nach dem VU die Klage zurücknehmen würde, würde das VU gem. § 269 Abs. 3 S. 1 VwGO wirkungslos werden (https://rewis.io/urteile/urteil/0mg-23-12-2021-03-o-126821/ Rn. 36). Wenn man nun also auf Basis eines VU vorläufig vollstreckt hätte und dann das VU wegfällt, man aber kein vollstreckbares Endurteil hat, dürfte ein
Schadensersatzanspruch gem. § 717 Abs. 2 ZPO entstehen (siehe Wortlaut). Deshalb ist es wichtig, das Endurteil zu erstreiten, dass das VU aufrechterhält. Aus diesem kann man dann die Zwangsvollstreckung fortsetzen (vgl. § 709 S. 3 ZPO).
Felix Finito
18.4.2024, 18:19:19
Dass im Falle einer Zwangsvollstreckung keine
Erledigungeintritt, ist m.E. nicht richtig. Man kann sich zwar darüber streiten, ob Erfüllung iSd § § 362 BGB eintritt oder die Forderung nach den Regeln der Zwangsvollstreckung erlischt, aber dass sie zum Erlöschen kommt, ist zumindest nach dem, was ich gefunden habe, die vorherrschende Ansicht (MüKoBGB/Fetzer BGB § 362 Rn. 42; Grünerberg § 362 Rn. 15; Staudinger/Kern, 2022, Vor § 362 Rn. 6.) Einige nehmen sogar eine Erfüllung iSd § 362 BGB an und betonen, dass eine Freiwilligkeit der Leistung gerade nicht erforderlich ist. Vielleicht könntet ihr eure Ansicht noch einmal etwas mehr begründen
Benedikt
30.4.2024, 10:24:19
Was Du gefunden hast, gilt für die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil. Im Fall ist das VU jedoch nur vorläufig vollstreckbar. Nach der Rn. im MüKo, die Du zitierst, erlischt das Rechtsverhältnis durch die Vollstreckung aus einem nicht rechtskräftigen Urteil nicht, sondern bleibt "in der Schwebe". Die Leistung erfolgt "unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts".

Sebastian Schmitt
25.10.2024, 17:47:34
Hallo @[Felix Finito](241506), @Benedikt hat Deine Frage schon gut beantwortet. Man kann für die "normale" Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen Titeln durchaus diskutieren, ob die Erfüllung nach § 362 I BGB eintritt. Wie ich das sehe, kommt es nach der Rspr und eines TdL infolge der "freiwilligen" Zahlung auf ein nur vorläufig (!) vollstreckbares Versäumnisurteil hin aber gerade nicht zum Erlöschen nach § 362 I BGB, weil der Schuldner nur unter der Prämisse, unter dem Vorbehalt leistet, dass er letztlich auch wirklich rechtskräftig zur Zahlung verurteilt wird (BeckOGK-BGB/Looschelders, Stand 1.7.2024, § 362 Rn 137 mwN). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Semi
4.12.2024, 11:23:42
Hallo @[Sebastian Schmitt](263562), es wäre vielleicht dementsprechend verständlicher, die fehlende Rechtskraft bzw. den Vorbehalt der Zahlung in der Antwort hervorzuheben und nicht die fehlende Freiwilligkeit der Zahlung. So lassen sich mE die unterschiedlichen Ergebnisse nachvollziehbar und besser einprägen. Denn unfreiwillig zahlt der Beklagte wohl auch nach einer rechtskräftigen Verurteilung und dennoch ist der Rechtsstreit in diesem Fall (wenn auch durch Urteil) erledigt. LG