Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Schadensersatz wegen Unmöglichkeit (Leistungsstörungsrecht)

Schadensersatz statt der ganzen Leistung bei Teilunmöglichkeit/irreparabler Schlechtleistung

Schadensersatz statt der ganzen Leistung bei Teilunmöglichkeit/irreparabler Schlechtleistung

3. Juli 2025

13 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K kauft von V ein Wohnmobil. V weiß, dass die Reihe 13% mehr Kraftstoff verbraucht, als vom Hersteller angegeben. Dies kann nicht behoben werden. Dennoch verkauft sie K den Wagen. Als K dies entdeckt, möchte sie von V die Mehrkosten für ein vergleichbares Wohnmobil ersetzt haben.

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Einordnung des Falls

Schadensersatz statt der ganzen Leistung bei Teilunmöglichkeit/irreparabler Schlechtleistung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K kann von V die Mehrkosten als Schaden verlangen, wenn die Voraussetzungen der §§437 Nr. 3, 311a Abs. 2 BGB vorliegen.

Genau, so ist das!

Der Anspruch auf Schadensersatz wegen anfänglicher Unmöglichkeit311a Abs. 2 BGB) setzt voraus: (1) Schuldverhältnis, (2) Pflichtverletzung in Form der anfänglichen Unmöglichkeit, (3) Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Unmöglichkeit (Vertretenmüssen) und (4) Schaden.§ 311a Abs. 2 BGB enthält eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Anders als § 283 BGB handelt es sich insoweit nicht um einen Unterfall des allgemeinen Pflichtverletzungstatbestands (§ 280 BGB).
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2. Zwischen K und V besteht ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis.

Ja, in der Tat!

Zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses ist grundsätzlich ein Vertrag zwischen den Beteiligten notwendig (§ 311 Abs. 1 BGB). Beim Kaufvertrag schuldet der Verkäufer Übergabe und Übereignung der mangelfreien Kaufsache (§ 433 Abs. 1 BGB). Der Käufer schuldet den Kaufpreis (§ 433 Abs. 2 BGB). K und V haben sich über die Übergabe und Übereignung des mangelfreien Wagens gegen Zahlung des Kaufpreises geeinigt. Somit liegt ein Kaufvertrag vor.

3. Durch die Übergabe des Fahrzeuges hat V ihre vertraglich geschuldete Pflicht erfüllt.

Nein!

Beim Kaufvertrag schuldet der Verkäufer eine mangelfreie Sache. Eine Sache ist nach § 434 Abs. 1 BGB n.F. mangelfrei, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven und den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht.Das Wohnmobil verbraucht mehr Kraftstoff als K nach den Herstellerangaben erwarten durfte. Damit entspricht es nicht den objektiven Anforderungen (§ 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2b BGB nF) und ist mangelhaft. V hat ihre geschuldete Leistung nicht erbracht.

4. V kann den Mangel beheben.

Nein, das ist nicht der Fall!

Kann der Schuldner die geschuldete Leistung nicht (mehr) erfüllen, so liegt Unmöglichkeit vor und er wird von seiner Leistungspflicht frei (§ 275 Abs. 1 BGB). Liegt das Leistungshindernis bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschluss vor, so handelt es sich um anfängliche UnmöglichkeitAusweislich des Sachverhaltes ist der Mangel weder behebbar (Nachbesserung) noch ist eine Nachlieferung möglich, da die ganze Serie betroffen ist. Damit ist die Nacherfüllung unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB).

5. V wusste, dass der Wagen mangelhaft war.

Ja, in der Tat!

§ 311a Abs. 2 S. 2 BGB schließt die Haftung des Schuldners aus, wenn er das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis nicht zu vertreten hatte.V hatte zum Zeitpunkt des Vertragsschluss positive Kenntnis von dem Mangel und auch von der Unmöglichkeit der Nacherfüllung. Damit hat sie die Unmöglichkeit auch zu vertreten.

6. K kann Schadensersatz statt der ganzen Leistung in Form der Mehrkosten des anderen Wohnmobils verlangen.

Ja!

Für die Frage, ob der Gläubiger bei teilweiser Unmöglichkeit oder irreparabler Schlechtleistung Schadensersatz statt der ganzen Leistung fordern kann, verweist § 311a Abs. 2 S. 3 BGB auf § 281 Abs. 1 S. 2, 3 BGB. Es gelten insoweit die gleichen Maßstäbe. Bei der Schlechtleistung darf der Mangel also nicht unerheblich sein (§ 311a Abs. 2 S. 3 BGB i.V.m. § 281 Abs. 1 S. 3 BGB). BGH: Liege der Kraftstoffverbrauch weniger als 10% über den Herstellerangaben, so handele es sich bloß um einen unerheblichen Mangel.Da vorliegend der Kraftstoffverbrauch 13% über den Herstellerangaben liegt, handelt es sich um einen erheblichen Mangel. K kann somit die Mehrkosten als Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
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