Platzverweis Überblick

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Aktivist A setzt sich gegen Massentierhaltung ein. Er fährt nach Rheda Wiedenbrück und setzt sich mitten auf die Zufahrtsstraße zu einem großen Schlachtbetrieb. Polizistin P fordert A auf, die Einfahrt zu verlassen und diese nicht wieder zu betreten.

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Einordnung des Falls

Platzverweis Überblick

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Gemäß (§ 34 Abs. 1 PolG NRW), kann die Polizei eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen (Platzverweis). Stellt (§ 34 Abs. 1 PolG NRW) die richtige Ermächtigungsgrundlage dar?

Genau, so ist das!

Die Polizei kann anordnen, dass eine Person vorübergehend einen bestimmten Ort verlassen (sog. Entfernungsgebot) oder einen bestimmten Ort nicht betreten soll (sog. Betretungsverbot) (§ 34 Abs. 1 PolG NRW). In der Praxis kombiniert die Polizei in der Regel beide Anordnungsbefugnisse zu einem einheitlichen Platzverweis. P fordert A auf, dass er die Einfahrt verlassen und nicht wieder betreten soll. P sprich ein Entfernungsgebot und Betretungsverbot gegenüber A aus. Es liegt ein Platzverweis vor, sodass (§ 34 Abs. 1 PolG NRW) die richtige Ermächtigungsgrundlage ist.
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2. Der Platzverweis (§ 34 Abs. 1 PolG NRW) ist ein Realakt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Verwaltungsaktqualität einer polizeilichen Maßnahme richtet sich nach § 35 VwVfG NRW. Entscheidendes Element für Abgrenzung zum Realakt ist das der Regelung (§ 35 S. 1 VwVfG NRW). Eine Regelung liegt vor, wenn die Maßnahme darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen. Spricht die Polizei ein Handlungsgebot oder -verbot aus, ist das Handeln auf Setzung einer Rechtsfolge gerichtet. Fehlt es an der Setzung einer Rechtsfolge, ist das Handeln ein reiner Realakt. P ordnet an, dass A die Einfahrt verlassen soll und nicht wieder betreten soll. P spricht ein Entfernungsgebot und Betretungsverbot aus, sodass ihre Maßnahme auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist.

3. Der Platzverweis greift in die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) ein.

Nein!

Unstrittig garantiert die Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) die positive Freiheit, einen Ort zu verlassen und jeden anderen beliebigen Ort aufzusuchen (sog. Fortbewegungsfreiheit). Nach überwiegender Auffassung ist nicht das Recht umfasst, einen bestimmten Ort aufzusuchen (sog. Hinbewegungsfreiheit) oder das Recht einen bestimmten Ort nicht zu verlassen oder nicht aufzusuchen, es sei denn denn es wird unmittelbarer Zwang angewandt (sog. negative Bewegungsfreiheit). P ordnet an, dass A die Einfahrt verlassen soll. Somit wird A in ihrer Freiheit beschränkt, einen bestimmten Ort nicht zu verlassen (sog. negative Bewegungsfreiheit) bzw. einen bestimmten Ort aufzusuchen (sog. Hinbewegungsfreiheit). Nach überwiegender Auffassung sind diese Freiheitsgehalte nicht von Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG umfasst. Es liegt kein Eingriff in die Freiheit der Person vor.

4. Der Platzverweis greift in die allgemeine Handlungsfreiheit ein (Art. 2 Abs. 1 GG).

Genau, so ist das!

Insoweit die Einschränkung der Bewegungsfreiheit nicht die Schwelle zur Beeinträchtigung der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG) überschreitet, kommt eine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) oder der Freizügigkeit (Art. 11 GG) in Betracht. Eine Beeinträchtigung von Art. 11 GG ist erst ab einer gewissen zeitlichen Erheblichkeit gegeben, kurzfristige Beeinträchtigungen sind nicht ausreichend. P ist gemäß § 34 Abs. 1 PolG NRW nur dazu befugt, A nur vorübergehend eines Platzes zu verweisen. Somit liegt eine kurzfristige Einschränkung der räumlichen Bewegungsfreiheit vor, sodass allein die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) beeinträchtigt ist. Was genau der Begriff "vorübergehend" bedeutet oder wann die zeitliche Erheblichkeitsschwelle zur Beeinträchtigung von Art. 11 GG überschritten ist, ist nicht abschließend und eindeutig geklärt.

5. Der Platzverweis (§ 34 Abs. 1 PolG NRW) kann zur Abwehr einer abstrakten Gefahr erteilt werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Platzverweis kann zur Abwehr einer Gefahr ausgesprochen werden (§ 34 Abs. 1 S. 1 PolG NRW). Gemeint ist eine konkrete Gefahr. Erforderlich ist eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden am Schutzgut der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führen wird. Der Platzverweis kann "ferner" gegen Personen angeordnet werden, die Feuerwehr- oder von Hilfs- oder Rettungskräfte behindern (§ 34 Abs. 1 S. 2PolG NRW). Teilweise wird dies aufgrund des Wortes "ferner" als Regelbeispiel und nicht als eigenständige Ermächtigungsgrundlage gesehen. Demzufolge reiche die bloße Behinderung nicht aus, sondern durch die Behinderung müsse gerade eine Gefahr vorliegen.
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