§ 528 BGB

11. Juni 2025

6 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Herr H schenkt der Frau F eine wertvolle chinesische Vase im Wert von € 10.000. Ein Jahr später befindet sich der H in drastischen finanziellen Schwierigkeiten und ist nicht mehr in der Lage seiner Ehefrau und seinen Kindern den Unterhalt zu zahlen. Er fordert daher von F die Vase zurück. F wendet ein, dass nur € 5.000 für seine Unterhaltspflichten benötigt werden (was zutrifft).

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Einordnung des Falls

§ 528 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Anspruchsgrundlage für den Rückforderungsanspruch des H ist § 528 BGB.

Ja!

§ 528 BGB ist eine Anspruchsgrundlage im Schenkungsrecht zur Rückforderung aufgrund der Verarmung des Schenkers. Der Norm liegt der Gedanke zugrunde, dass der Schenker durch seine Freigebigkeit nicht der Gefahr des wirtschaftlichen Ruins ausgesetzt werden soll. H und F haben einen Schenkungsvertrag geschlossen und die Schenkung wurde bereits vollzogen. Die Anspruchsgrundlage für die Rückforderung aufgrund Verarmung des H ist § 528 BGB. § 519 BGB regelt die Fälle in denen die Verarmung des Schenkers schon vor Vollzug der Schenkung und nach Eingehung des Schenkungsversprechens einstellt. Der Schenker hat dann eine Einrede des Notbedarfs und muss nicht erfüllen.
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2. H ist verarmt iSv. § 528 BGB, da er seinen Unterhaltspflichten nicht mehr nachkommen kann.

Genau, so ist das!

Voraussetzung für eine Rückforderung wegen Verarmung nach § 528 BGB ist, dass der Schenker nach dem Vollzug der Schenkung außerstande ist, seinen eigenen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder seine gesetzlichen Unterhaltspflichten (zB. §§ 1360 ff., §§ 1569 ff., §§ 1601 ff. BGB) zu erfüllen. Entgegen des Wortlaut der Norm genügt es, wenn eine der beiden Tatbestandsvarianten erfüllt ist. H ist nicht in der Lage seinen gesetzlichen Unterhaltpflichten für seine Frau und seine Kinder nachzukommen. Er ist daher verarmt iSv. § 528 BGB.

3. Der Rückforderungsanspruch von H nach § 528 richtet sich nach den §§812 ff. BGB und F könnte diesen durch Zahlung von 5.000 noch abwenden.

Ja, in der Tat!

Gemäß § 528 BGB kann der Schenker bei Verarmung nach Vollzug der Schenkung vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) fordern. Es handelt sich um eine Rechtsfolgenverweisung. Nach § 528 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Beschenkte den Rückforderungsanspruch durch Zahlung des erforderlichen Betrags abwenden. H kann nach § 528 gegen F vorgehen, wobei sich die Rückforderung nach den §§ 812 ff. BGB bestimmt. F könnte den Anspruch des H durch Zahlung von € 5.000 abwenden.

4. H kann von F die Vase im Wert von € 10.000 zurückverlangen.

Nein!

Der Anspruch aus § 528 iVm. § 812 ff. BGB besteht nur, soweit der Schenker nach Vollzug der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder bestimmte gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen. Ist der Unterhaltsbedarf geringer als der Wert des Geschenkes, ist das Geschenk daher nur teilweise herauszugeben. Ist dies bei Unteilbarkeit des Geschenks nicht möglich hat der Beschenkte Wertersatz in Form einer Ausgleichszahlung zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB). H kann von F nur Rückforderung wegen Verarmung nach § 528 BGB fordern, soweit er außerstande ist seine gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen. Da dies nur in Höhe von €5.000 der Fall ist und die Vase unteilbar ist, hat er gegen F einen Anspruch auf Wertersatz von €5.000.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAN

Daniel

12.2.2022, 12:13:18

Ist es tatsächlich so, dass H gegen nur einen Anspruch auf Zahlung i.H.v. 5.000€ hat? Ich entnehme dem Gesetz einen Anspruch auf Rückübergabe und -übereignung der Vase, welcher nur durch die Zahlung i.H.v. 5.000€ abgewendet werden könnte. Da hierzu aber keine Angaben im SV stehen, würde ich die letzte Fragen entsprechend anders beantworten. Oder ist es so, dass auch ohne Geltendmachung des Rechtes des Beschenkten zur Zahlung des benötigten Unterhaltes der Anspruch sich zunächst auf eben diese Unterhaltszahlung beschränkt, bis der Beschenkte die Zahlung verweigert? Das würde mich allerdings verwundern, weil das im Gesetz so nicht zum Ausdruck kommt.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.2.2022, 19:02:35

Hallo Daniel, ausweislich des Gesetzeswortlautes ist der Rückforderungsanspruch darauf begrenzt, dass er nur besteht "soweit" es eben notwendig ist. Bei real unteilbaren Geschenken (z.B. der Vase) führt das dazu, dass eine Teilrückübertragung nicht möglich ist, weswegen lediglich

Wertersatz

ge

schuld

et ist (§ 818 Abs. 2 BGB). Hierzu auch Koch, in: MüKo-BGB, 8.A. 2019, § 528 RdNr. 5. Beste Grüße Lukas - für das Jurafuchs-Team

DAN

Daniel

15.2.2022, 10:38:30

Achso, hier greift also nicht § 528 I 2 sondern § 818 II, danke!

EVA

evanici

5.9.2023, 14:29:20

§ 528 I 2 hat dann wahrscheinlich nur einen eigenen Regelungsgehalt, wenn das Geschenk weniger wert ist als der ge

schuld

ete Unterhalt, da ja die Herausgabe grundsätzlich möglich wäre und somit keine

Entreicherung

des Bereicherungs

schuld

ners vorläge. Die "Wahlmöglichkeit" ist dann quasi lex specialis zum BeR?

TUBAT

TubaTheo

12.11.2024, 10:58:20

Wie ist der Fall zu behandeln, wenn F keine 5.000 € hat, mit der sie die Rückforderung abwehren kann? Ist sie dann verpflichtet, das Geschenk zu veräußern und aus diesem Erlös die 5.000 € zu zahlen oder muss sie in diesem Fall das gesamte Geschenk zurückgeben?

LMA

Lt. Maverick

30.4.2025, 13:51:21

Grundsätzlich hat der Schenker bei Verarmung einen Anspruch auf Herausgabe des Schenkungsgegenstandes. Dem Beschenkten wird nur die Möglichkeit einer

Ersetzungsbefugnis

(§ 518 I S. 2 BGB) eingeräumt. Das bedeutet, dass der Beschenkte diesen Herausgabeanspruch mit eigenen Mitteln abwenden kann. Das hat für den Beschenkten den Vorteil, dass er bei eigener finanzieller Stabilität z.B. nicht das wichtige Familienerbstück aufgeben muss, welches der Schenker dann notgedrungen verkaufen oder verpfänden könnte. Aus dem Zusammenspiel aus § 518 I S. 1 und S. 2 BGB lässt sich feststellen, dass der Wert des herauszugebenden Schenkungsgegenstandes nicht über dem angemessenen Unterhalt des Schenkers liegen darf. Handelt es sich aber um einen unteilbaren Schenkungsgegenstand, kann der Beschenkte eben nicht nur anteilig das herausgeben, was für einen angemessenen Unterhalt des Schenkers erforderlich ist. Er müsste vielmehr „Teil

wertersatz

“ leisten. Das heißt, dass der Beschenkte bei fehlenden finanziellen Mitteln selbst verkaufen müsste, um dem Schenker den erforderlichen Anteil zu überlassen.


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