Zivilrecht

Schuldrecht Allgemeiner Teil

Unmöglichkeit (§ 275 BGB) (Leistungsstörungsrecht)

Echte Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB), Subjektive Unmöglichkeit Dritter nicht zum Verkauf bereit

Echte Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB), Subjektive Unmöglichkeit Dritter nicht zum Verkauf bereit

13. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V verkauft K das Ölgemälde "Klimawandel". K will es am nächsten Tag abholen. Am selben Tag verkauft und übereignet Vs Angestellter A das Gemälde wirksam an Sammlerin S. S ist hin und weg und für kein Geld der Welt bereit, es wieder zurückzugeben.

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Einordnung des Falls

Echte Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB), Subjektive Unmöglichkeit Dritter nicht zum Verkauf bereit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K hatte nach Abschluss des Kaufvertrages einen Anspruch darauf, dass V ihr das Ölgemälde übergibt und übereignet (§ 433 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Bei Abschluss eines Kaufvertrages ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 BGB). V und K haben einen Kaufvertrag über das Ölgemälde "Klimawandel"geschlossen. V war somit verpflichtet, dieses zu übergeben und zu übereignen.
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2. Ks Anspruch auf Besitzverschaffung und Übereignung des Ölgemäldes (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB) ist erloschen, soweit dies für V oder für jedermann unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Die Leistungspflicht des Schuldners ist ausgeschlossen, wenn die Leistungserbringung unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Leistungspflicht ein dauerhaftes und unüberwindbares Hindernis entgegensteht. Es genügt, dass der Schuldner das Hindernis nicht überwinden kann (subjektive Unmöglichkeit). Erst recht liegt Unmöglichkeit aber vor, wenn dies für niemanden möglich ist (objektive Unmöglichkeit). Die Prüfung der Unmöglichkeit könnte man wie folgt einleiten: „Der Anspruch der K könnte aufgrund von Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB untergegangen sein.“

3. Da A das Gemälde "Klimawandel" an S wirksam übereignet hat, ist die Übergabe und Übereignung an V objektiv unmöglich (§ 275 Abs. 1 Alt. 2 BGB).

Nein!

Objektive Unmöglichkeit liegt vor,wenn die Leistung für niemanden möglich ist. Jedenfalls für S als neue Eigentümerin wäre die Erfüllung der Leistung möglich, somit ist diese nicht für jedermann unmöglich.

4. Da A das Gemälde "Klimawandel" an S wirksam übereignet hat und S das Gemälde behalten will, ist die Übergabe und Übereignung an K für V subjektiv unmöglich (§ 275 Abs. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Subjektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Leistungspflicht ein dauerhaftes und unüberwindbares Hindernis entgegensteht, das der Schuldner nicht überwinden kann. Neben der physischen Unmöglichkeit besteht ein solches Hindernis auch dann, wenn dem Schuldner die Herbeiführung rechtlich unmöglich ist, zB weil ihm die Rechtsmacht fehlt, die Leistung herbeizuführen. Es darf allerdings keine Möglichkeit geben, das Hindernis zu beseitigen. V ist nicht mehr Eigentümerin des Gemäldes, somit fehlt ihr die Verfügungsbefugnis zur Übereignung an K. Da S das Gemälde auf jeden Fall behalten will, kann V die fehlende Rechtsmacht auch nicht beheben.

5. K kann von V weiterhin Übergabe und Übereignung des Gemäldes "Klimawandel" verlangen (§ 433 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Sofern die Leistungserbringung nach § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, geht der Anspruch auf die Leistung kraft Gesetzes unter. Die Übergabe und Übereignung des Gemäldes ist V aufgrund seiner fehlenden Verfügungsbefugnis subjektiv unmöglich (§ 275 Abs. 1 Alt. 1 BGB). Damit ist der Anspruch des K auf Übergabe und Übereignung des Gemäldes untergegangen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Pilea

Pilea

30.11.2022, 14:05:39

Das heißt, K hat dann ganz regulär Sekundäransprüche gegen V? Oder auch welche gegen die Eigentümerin?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

30.11.2022, 16:04:42

Hallo Pilea, gegen die Eigentümerin hat K keine Ansprüche mangels vertraglichem Verhältnis zwischen K und S sowie fehlendem Verschulden der S. K bleiben die Sekundäransprüche wegen

Unmöglichkeit

gegen V. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Artimes

Artimes

8.9.2024, 14:30:39

Würde man nicht gegen das Trennungs-/Abstraktionsprinzip verstoßen, wenn man die

Unmöglichkeit

des § 433 I 1 bei Dritteigentum annimmt, da dies eine Frage des

Verfügungsgeschäft

s ist?

LELEE

Leo Lee

9.9.2024, 12:33:47

Hallo Artimes, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der

Tat

könnte man dies meinen, da die

Übereignung

an sich von der Verpflichtung hierzu getrennt zu betrachten ist. Beachte allerdings, dass auf der schuldrechtlichen eben immer noch die PFLICHT besteht, das Gemälde zu übereignen. Wenn aber auf der dinglichen Ebene dieser Pflicht nicht nachgekommen werden kann (weil das Gemälde schon "weg" ist), ist die schuldrechtliche Pflicht hierzu eben nicht möglich (unmöglich). Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-BGB 9. Auflage, Maultzsch § 433 Rn. 1 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

ÖA

ÖA

2.10.2024, 15:39:28

Ist das eine

Fehleridentität

oder verwechsel ich gerade was? Kann mich jemand aufklären?

LO

Lorenz

16.10.2024, 14:30:23

Nein, das würde ich nicht sagen. Die sachenrechtliche Ebene spielt im Grunde gar keine Rolle. Der Verkäufer kann seine Pflicht nicht mehr erfüllen. Ob aufgrund mangelnden Eigentums, faktischen Untergangs,...


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