Zivilrecht
Mietrecht
Pflichten im Mietverhältnis
Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs: Lernsoftware
Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs: Lernsoftware
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Einordnung des Falls
Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs: Lernsoftware
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. G schuldet die Einräumung unmittelbaren Besitzes (§ 854 BGB) an den Premiuminhalten der Lern-App, um seine Gebrauchsgewährungspflicht aus dem Mietvertrag zu erfüllen (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
26.2.2021, 18:08:33
Ist das dann ein Vertrag sui generis?
Marilena
26.2.2021, 19:45:33
Danke für die gute Frage! In der NJOZ (Neue Juristische Online-Zeitschrift) 2017, 522ff. findet sich ein lesenswerter Artikel „Der In-App-Kauf als neuer Vertragstyp“ von Kannowski/Till. Sie präferieren einen gemischten Vertrag mit kauf- (Rechtskauf) und mietvertraglichen Elementen, geben aber im Fazit zu, dass diese Lösung nur eine Möglichkeit von vielen ist.
Marilena
26.2.2021, 19:47:33
„Die sich aus dem Rechtskauf als Basis ergebenen Pflichten umfassen die (I.) Übertragung und die (II.) Übergabe des sonstigen Gegenstands iSd § 453 I Var. 2 BGB. Ein mietrechtlicher Einfluss bewirkt, dass die Übertragung für die Dauer der Existenz der App (und daher auch des virtuellen Gegenstands) stattfinden soll. Die Übergabe beim Rechtskauf liegt in der Verschaffung des Rechts oder sonstigen Gegenstands. Die Art und Weise der Verschaffung beurteilt sich wiederum nach der Art des jeweiligen Gegenstands. Für die Verschaffung eines virtuellen Gegenstands also muss dieser durch die (II. 1) Möglichkeit zum Download zugänglich gemacht werden und es muss die (II. 2) Möglichkeit gewährt werden, das virtuelle Gut zu nutzen.
Marilena
26.2.2021, 19:48:21
Damit die Nutzung möglich ist, trifft den Anbieter die Pflicht, die App als exklusive Nutzungsmöglichkeit zumindest für einen bestimmten Zeitraum zugänglich zu erhalten. Die
Sicherstellungdes Nutzungszugangs zur App und dadurch zum virtuellen Gut ist mit dem Zugang zu einer Wohnung im Rahmen eines Mietvertrags vergleichbar, während dies nicht bloß zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern über einen bestimmten Zeitraum (Komponente des Dauerschuldverhältnisses) vorliegen muss. Die Anwendung des jeweiligen Rechtsregimes resultiert aus der Einordnung des jeweils betroffenen Vertragsteils. So richten sich beispielsweise Ansprüche bei Mängeln des virtuellen Gutes selbst nach dem Kaufrecht, während Zugangsprobleme zur App nach mietvertraglichen Normen zu beurteilen sind.“
Isabell
26.2.2021, 19:55:02
Könnte spannend werden, wie sie die geplante Einführung von digitalen Sachen (Ich hab die genaue Bezeichnung aus dem Entwurf nicht mehr präsent) darauf auswirkt. Vielen lieben Dank für diese ausführliche Antwort mit Zitaten. Da werde ich morgen mal in Ruhe mitdenken beim Lesen 🤓
Marilena
26.2.2021, 20:00:07
Klar, gern geschehen. Oh ja das stimmt!🙂
Marilena
26.2.2021, 20:17:29
Sehr interessant ist auch der Aufsatz „Internet of Things: Probleme und Vertragsgestaltung – Softwareverträge im digitalen Zeitalter – „Schubladen“ des BGB III“ in der MMR (Multimedia und Recht) 2020, 503ff. S. 506: „Die Bereitstellung der App über den App-Store erfolgt also zwar kostenlos, jedoch nicht unentgeltlich. Das Entgelt für die App wird vielmehr i.R.e. anderweitigen Zahlungsflusses entrichtet. Daraus folgt unmittelbar, dass die Bereitstellung der App jedenfalls bei Apps für IoT-Systeme keine Schenkung oder
Leihe, sondern je nachdem, ob der Hersteller ein zeitlich unbefristetes oder ein zeitlich befristetes Recht zur Nutzung der App einräumt, entweder einen Kaufvertrag oder einen Mietvertrag darstellt. Vertragsparteien des Vertrags über die App-Nutzung sind der App-Anbieter und
Marilena
26.2.2021, 20:20:12
der Anwender.“ Davor wird auch darauf eingefangen, wer überhaupt Vertragspartei wird. „Um diese Frage zu beantworten, sind zunächst die Nutzungsbedingungen der App-Stores sowohl hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem App-Store und den App-Anbietern als auch hinsichtlich der Beziehung zwischen dem App-Store und den Anwendern unter Berücksichtigung etwaiger AGB-rechtlicher Unwirksamkeit von Klauseln, z.B. wegen Intransparenz, zu analysieren. Zdanowiecki gelangt bei dieser Analyse zu dem Ergebnis, dass beim Apple-App-Store Apple als Vertragspartner des Kunden anzusehen sei, beim Google-Play-Store hingegen nicht Google, sondern der App-Anbieter. Aus der Sicht des Anwenders ist dieses Ergebnis freilich äußerst unglücklich, denn das bedeutet, dass der Anwender je nachdem, ob er über ein
Marilena
26.2.2021, 20:21:12
iPhone oder ein Smartphone mit dem Betriebssystem Android verfügt, seine Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln der App entweder gegen Apple oder gegen den App-Anbieter geltend machen muss. Gerade bei IoT-Systemen ist dieses Ergebnis nicht interessengerecht, denn hier besteht neben dem Vertragsverhältnis aus dem Erwerb der App immer auch (unmittelbar oder mittelbar über den Händler) ein Vertragsverhältnis mit dem Anbieter des IoT-Gegenstands. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses stehen dem Anwender im Falle von Mängeln des IoT-Gegenstands Gewährleistungsrechte aus Kauf- oder Werkvertrag zu (vgl. II.2.). Funktioniert z.B. die Steuerung des IoT-Gegenstands über die App nicht, kann die Ursache entweder ein Fehler des IoT-Gegenstands oder ein Fehler der App sein (wenn man eine fehlende
Marilena
26.2.2021, 20:22:12
Internetverbindung als mögliche Ursache einmal ausschließt). Es ergibt daher keinerlei Sinn, sich wegen dieses Problems an den Betreiber des App-Stores zu wenden, denn dieser wird immer einwenden, dass die Ursache ein Fehler des IoT-Gegenstands sein könne. Auch der App-Anbieter dürfte kaum ein Interesse daran haben, dass sich die Anwender bei Problemen mit der App an den App-Store-Betreiber wenden. Denn dies kann dazu führen, dass der App-Store-Betreiber den Vertrag mit dem App-Anbieter kündigt, was im Fall des Apple-App-Stores zur Folge hat, dass der Anbieter überhaupt keine Apps für iOS-Geräte mehr anbieten kann, weil Apps für iOS-Geräte nur über den App-Store von Apple installiert werden können.
Marilena
26.2.2021, 20:25:24
Jedenfalls bei IoT-Systemen ist daher von einem übereinstimmenden Willen aller drei beteiligten Parteien (App-Store-Betreiber, App-Anbieter, Anwender) auszugehen, dass durch das Herunterladen der IoT-App über den App-Store eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen dem Anwender und dem App-Anbieter zustande kommt, und die Verträge sind dementsprechend gem.
§§ 133, 157 BGBauszulegen.“ IoT ist übrigens die Abkürzung für Internet of Things als Sammelbegriff für Technologien einer globalen Infrastruktur der Informationsgesellschaften, die es ermöglicht, physische und virtuelle Gegenstände miteinander zu vernetzen und sie durch Informations- und Kommunikationstechniken zusammenarbeiten zu lassen.
Robb
27.5.2022, 12:10:44
Vielleicht sollte dieser Fall auch im Bezug auf die jüngere Reform und das Konzept der digitalen Produkte überarbeitet werden.
Nora Mommsen
23.6.2022, 13:39:50
Hallo Robb, die Vertragsart bleibt weiterhin ein Mietvertrag auf den lediglich gem. § 578 b BGB die Vorschriften der § 327 ff. BGB über Verbraucherverträge über digitale Produkte anwendbar sind. Daher kommt es zu Änderungen im Mängelgewährleistungsrecht (§ 578 b Abs. 1 lit. a) BGB und den Rechten des Mieters wegen unterbliebener Bereitstellung. Wir haben einen Hinweistext diesbezüglich ergänzt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
evanici
3.9.2023, 10:22:49
Gegenüber einem "Lifetime"-Zugang würde aber ein weitgehender "Gleichlauf" u.a. durch die Verweise in § 578b resultieren oder gibt es außer den dort beschriebenen Abweichungen im Mietrecht über digitale Produkte noch weitere Unterschiede zu digitalen Verbraucher(kauf)verträgen i.S.d. §§ 327 ff. "direkt"?
Daniel
21.6.2024, 16:39:17
Ist die Bereitstellung eines App Abos nicht eher als digitale Dienstleistung iSd 327 BGB zu qualifizieren?
Quarklo
21.8.2024, 15:36:00
In der Subsumption wird der Vertrag als einer über digitale Produkte qualifiziert. Digitale Produkte ist der Oberbegriff für digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen. Somit ist die Subsumption nicht falsch, könnte aber, wie du sagst, genauer sein