Zivilrecht
Mietrecht
Pflichten im Mietverhältnis
Vermieter vermietet die Sache stattdessen an Dritten weiter und überlässt sie diesem
Vermieter vermietet die Sache stattdessen an Dritten weiter und überlässt sie diesem
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Am 01.04.2021 vereinbart U mit ihrer Arbeitskollegin A, dass diese ihre Wasserski zum Preis von €300 an die U bis zum 15.05.2021 vermietet. U möchte damit nach Sylt. Kurz bevor U die Wasserski abholen will, kommt Profisportler P bei A vorbei und bietet ihr €650 für die Miete der Wasserski für sechs Wochen an. A willigt ein und übergibt die Wasserski an P. P zahlt die €650, packt die Ski auf seinen Pick-up und düst los. U mietet auf Sylt Ski für €600.
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Einordnung des Falls
Vermieter vermietet die Sache stattdessen an Dritten weiter und überlässt sie diesem
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Mietvertrag der A mit P ist nichtig, da A schon einen Mietvertrag mit U über die Wasserski geschlossen hatte.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. U kann Herausgabe der €650 von A verlangen (§ 285 Abs. 1 BGB).
Ja!
3. Der Herausgabeanspruch der U (§ 285 Abs. 1 BGB) besteht nur, wenn A die Doppelvermietung an P zu vertreten hat.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. U kann neben dem Anspruch auf €650 aus § 285 Abs. 1 BGB noch Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB) in Höhe von €600 verlangen.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Peter K.
17.6.2022, 17:41:15
Ist hier nicht eine Überkompensation der U eingetreten? Sie hat ja hier mehr als 50 € „Gewinn“ gemacht oder spielen diese Aspekte bei § 285 I BGB keine Rolle?
Lukas_Mengestu
17.6.2022, 18:00:40
Hallo Peter Kruck, für den Anspruch aus §
285 BGBist es
tatsächlich egal, ob der erlangte Ersatz höher oder niedriger als der Schaden des Gläubigers ist (MüKoBGB/Emmerich, 9. Aufl. 2022, BGB § 285 Rn. 30). Ist der Ersatz indes niedriger, so wird der Schuldner allerdings stets den Schadensersatzanspruch geltend machen und nicht das stellvertretende Commodum herausverlangen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
heschae
25.4.2023, 11:47:33
Kann mir jemand erklären, warum es bei §
285 BGBim Falle von Doppelvermietungen auf die wirtschaftliche Identität des erlangten Surrogats und des Mietgegenstands ankommt? Kann man das irgendwie aus § 285 herauslesen?
Lukas_Mengestu
25.4.2023, 14:09:46
Hallo heschae, herzlich Willkommen im Forum! Das Erfordernis der wirtschaftlichen Identität wird aus dem Wortlaut „für den geschuldeten Gegenstand“. (Vertiefter hierzu auch: MüKoBGB/Emmerich, 9. Aufl. 2022, BGB § 285 Rn. 24). Beste grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Jonas91
16.6.2023, 16:56:01
Das habe ich leider nicht ganz verstanden. Besteht ein Schadensersatzanspruch aus 280 I, III, 283 dem Grunde nach und wird nur der Höhe nach wegen 285 II ausgeschlossen, wenn das Commodum gleich hoch/ höher ist als der Ersatzanspruch? Oder schließt 285 II für diesen Fall den Anspruch aus 280 I, III, 283 einfach komplett aus? Also wie formuliert man das in der Klausur ? Danke euch :)
Kind als Schaden
23.7.2023, 15:04:19
Der Anspruch ist entstanden, allerdings ist er zu mindern gemäß § 285 II BGB. Eine Minderung wäre dann unter Anspruch erloschen zu prüfen.
Diaa
31.8.2023, 08:47:40
Steht ihm ein Wahlrecht zu?
Leo Lee
31.8.2023, 10:58:50
Hallo Diaa, genauso ist es! Der Gläubiger hat ein Wahlrecht; es liegt ein Fall der sog. "elektiven Konkurrenz" vor (bedeutet im Grunde nur, dass wenn sich der Gläubiger für eine Alternative entscheidet, die andere Alt. ausgeschlossen wird). Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage, Emmerich § 285 Rn. 35 empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
ehemalige:r Nutzer:in
10.2.2024, 11:25:44
Ist darunter die Literatur oder der BGH gemeint? Könnte also der Mieter
tatsächlich 650 Euro von dem Vermieter aus
285 BGBvor dem BGH bekommen?
Nora Mommsen
11.2.2024, 13:41:32
Hallo micha99, mittlerweile wird es von beiden Seiten so vertreten. Einzig beschränkt der BGH das
commodum ex negotiationeim Fall der Doppelvermietung auf solche Fälle, zu denen die Sache zum selben Zweck vermietet wurde. Die Literatur sieht dies überwiegend nicht so, und wendet §
285 BGBauch an, wenn eine Sache zu verschiedenen Zwecken vermietet wurde. Grundsätzlich lässt sich aber sagen: Herrschende Meinung und Herrschende Ansicht erfasst in der Regel die Rechtsprechung und herrschende Literatur. Sonst ist es eben "nur" Rechtsprechung oder "herrschende Literatur/überwiegende Literaturansicht" oder eine "Mindermeinung" in der Literatur. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
asp1147
22.4.2024, 17:30:28
Hi :) Bedeutet wirtschaftliche Identität nicht eher, dass der Mieter im Fall der Doppelvermietung den Ersatz (bzw. den Erlös) selbst erzielen können muss? Das würde ja wiederum voraussetzen, dass der Mieter zur Gebrauchsüberlassung berechtigt ist, vgl. § 540 I S.1, der Vermieter ihm also die Erlaubnis erteilt, wovon hier ja nicht ohne Weiteres ausgegangen werden kann. LG
Blotgrim
21.5.2024, 10:54:37
Müsste U sich auf die 650€ nicht die 300€ anrechnen lassen die sie ohnehin für die Miete der Ski hätte zahlen müssen?
Lukas_Mengestu
21.5.2024, 16:25:27
Hi Blotgrim, in diesem Fall greift § 326 Abs. 3 S. 1 BGB. U bleibt also grundsätzlich zur Leistung der Gegenleistung (€300) verpflichtet, wenn er den Ersatz verlangt. Um unnötige Transaktionen zu vermeiden, könnte A insoweit aufrechnen und U letztlich dann in der
Tatnur die Differenz, also €350, auszahlen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team