Vermieter unterlässt die Überlassung des Gebrauchs an den Mieter


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Urlauberin U ist für zwei Wochen auf Sylt. Am 01.04.2021 vereinbart U mit ihrer Arbeitskollegin A, dass diese ihre Wasserski zum Preis von €300 an die U bis zum 15.05.2021 vermietet. Bezahlt werden soll danach. A übergibt die Wasserski nicht wie vereinbart an U, weil A selbst noch das gute Wetter auf Sylt zum Wasserski fahren nutzt. U mietet sich stattdessen für die zwei Wochen Wasserski zum Preis von €500 beim Sylter Wasserskiverleih.

Einordnung des Falls

Vermieter unterlässt die Überlassung des Gebrauchs an den Mieter

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. U kann von A Schadensersatz statt der Leistung verlangen (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283), wenn die Leistung der A nachträglich unmöglich geworden ist und sie dies zu vertreten hat.

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Ja!

Ein Schadensersatz statt der Leistung wegen nachträglicher Unmöglichkeit setzt (1) ein Schuldverhältnis, (2) eine Pflichtverletzung in Form der nachträglichen Unmöglichkeit der Leistung und (3) Vertretenmüssen dieser voraus (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283). Das allgemeine Leistungsstörungsrecht ist anwendbar, da das grundsätzlich vorrangige Mietgewährleistungsrecht der §§ 536 ff. BGB erst ab Übergabe der Mietsache einschlägig ist. U kann daher von A Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen.

2. A ist die Gebrauchsüberlassung der Wasserski nachträglich unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB), was sie auch zu vertreten hat.

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Genau, so ist das!

Die Gebrauchsüberlassung von Mietsachen auf Zeit stellt eine nicht nachholbare Dauerverpflichtung dar, die absoluten Fixschuldcharakter hat. Folglich ist einem Vermieter die Leistung für den Zeitraum in dem er die Gebrauchsüberlassung der Mietsache unterlassen hat unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB), da sie nicht nachgeholt werden kann. Etwas anderes ergibt sich nur, wenn die Vertragsparteien von einer nachholbaren Mietvereinbarung ausgehen. A ist durch den Mietvertrag mit U zur Gebrauchsüberlassung der Wasserski für sechs Wochen verpflichtet (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Überlassungspflicht beginnt mangels abweichender Vereinbarung oder Umständen mit Vertragsschluss am 01.04.2021 (§ 271 Abs. 1). Die Pflicht zur Gebrauchsüberlassung der Wasserski ist als nicht nachholbare Dauerverpflichtung mit Zeitablauf unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB). A hat die Nichtleistung aufgrund Unmöglichkeit auch zu vertreten, da sie lieber selbst Wasserski gefahren ist.

3. U kann als Schadensersatz (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283) den Mietpreis der Wasserski in Höhe von €300 verlangen.

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Nein, das trifft nicht zu!

Beim Schadensersatz statt der Leistung ist der Gläubiger so zu stellen, als wäre der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten (positives Interesse, § 249 Abs. 1 BGB) Wäre die A nicht lieber selbst Wasserski gefahren und hätte die Wasserski an U übergeben, hätte U keine Wasserski zum Preis von €500 beim Sylter Wasserskiverleih mieten müssen. U kann daher die €500 ersetzt verlangen. Hierauf sind jedoch die €300 schadensmindernd anzurechnen, die U sich aufgrund des Freiwerdens von der Mietzinszahlung nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erspart. U kann daher die Mehrkosten ihres Deckungsgeschäfts in Höhe von €200 verlangen.

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