Vertraglicher Abtretungsausschluss

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Verbraucherin V beauftragt U mit dem Bau einer Garage für €20.000. Sie vereinbaren, dass eine Abtretung der Baulohnforderung ausgeschlossen ist. Dennoch tritt U die Forderung an Bank B ab, wobei er den Ausschluss der Abtretung verschweigt.

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Einordnung des Falls

Vertraglicher Abtretungsausschluss

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat gegen V einen Anspruch auf Zahlung von €20.000, wenn U ihr seinen Lohnanspruch (§§ 650a Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB) wirksam abgetreten hat (§ 398 BGB).

Genau, so ist das!

Durch die Abtretung geht die Forderung auf den Neugläubiger (=Zessionar) über (§ 398 S. 2 BGB). Die Abtretung setzt voraus: (1) wirksame Einigung zwischen Alt- und Neugläubiger (Abtretungsvertrag), (2) Bestand der Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Altgläubigers (Zedent) und (4) Abtretbarkeit der Forderung.Sofern in einer Klausur das Bestehen der Forderung problematisch ist, kann man das Bestehen der Forderung auch an den Anfang der Prüfung stellen.
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2. Haben U und B einen wirksamen Abtretungsvertrag geschlossen?

Ja, in der Tat!

Die Abtretung setzt eine vertragliche Einigung zwischen Altgläubiger (=Zedent) und Neugläubiger (=Zessionar) voraus. Auf diese finden die allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte (§§ 104ff.) Anwendung. Die Einigung ist formfrei möglich (Ausnahme: § 1154 BGB) und muss die abzutretende Forderung so bezeichnen, dass diese unzweideutig bestimmbar ist (Bestimmtheitsgrundsatz).U und B haben vereinbart, dass Us Baulohnforderung gegen V auf B übergehen soll. Die Einigung ist hinreichend bestimmt. Wirksamkeitshindernisse liegen nicht vor.

3. Zum Zeitpunkt der Abtretung stand U gegen V ein Lohnanspruch nach §§ 650a Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB zu.

Ja!

Die Abtretung setzt grundsätzlich voraus, dass die Forderung tatsächlich besteht und der Zedent Inhaber der Forderung ist.U und V haben einen Vertrag über die Errichtung einer Garage, also eines Bauwerks, geschlossen. Es handelt sich somit um einen Bauvertrag (§ 650a Abs. 1 BGB). Aus diesem hat U einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Baulohnes nach §§ 650a Abs. 1, 631 Abs. 1 BGB. Dieser Anspruch stand ihm zum Zeitpunkt der Abtretung auch zu.

4. Ist die Baulohnforderung abtretbar?

Nein, das ist nicht der Fall!

Forderungen sind abtretbar, sofern dies nicht gesetzlich (z.B. §§ 399 1. Alt, 400 BGB) oder vertraglich (§ 399 2. Alt. BGB) ausgeschlossen ist. Ein vertraglicher Abtretungsausschluss wirkt dabei absolut, also gegenüber jedermann.Da V und U die Abtretung der Forderung vertraglich ausgeschlossen haben, kann V diese nicht an B übertragen. Dabei ist irrelevant, dass B keine Kenntnis von dem Abtretungsverbot hatte.Die absolute Wirkung des Abtretungsverbotes kollidiert nicht mit § 137 S. 1 BGB. Danach wirken Verfügungsverbote zwar lediglich relativ, also nur zwischen den Vertragsparteien. Die Norm ist aber lediglich auf verkehrsfähige Rechte anwendbar. Das vertragliche Abtretungsverbot entzieht der Forderung die Verkehrsfähigkeit. Deshalb findet § 137 S. 1 BGB hierauf keine Anwendung.

5. Kann B von V Zahlung von €20.000 nach §§ 631 Abs. 1, 650a Abs. 1, 398 BGB verlangen?

Nein, das trifft nicht zu!

Durch die Abtretung geht die Forderung auf den Neugläubiger (=Zessionar) über (§ 398 S. 2 BGB). Die Abtretung setzt voraus: (1) wirksame Einigung zwischen Alt- und Neugläubiger (Abtretungsvertrag), (2) Bestand der Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Altgläubigers (Zedent) und (4) Abtretbarkeit der Forderung.Da V und U vertraglich die Abtretung ausgeschlossen haben, konnte V die Forderung nicht an B abtreten. Ein Zahlungsanspruch nach §§ 631 Abs. 1, 650a Abs. 1, 398 BGB scheidet somit aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ABDU

Abdulkadir

7.8.2023, 16:23:47

Der 308 Nr. 9 BGB kommt nicht zu tragen, da der Ausschluss keine AGB ist? Müsste man aber nicht den Rechtsgedanken gem. 242 BGB anwenden?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.8.2023, 18:41:40

Hallo Abdulkadir, bei dem Umgang mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist grundsätzlich Vorsicht geboten, da grundsätzlich die Parteien im Zivilrecht privatautonom ihre Angelegenheiten regeln können. Bei Verbrauchergeschäften gilt zudem der Unternehmer grundsätzlich als AGB-Verwender (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Vor diesem Hintergrund regelt § 308 Nr. 9 BGB gerade den umgekehrten Fall, nämlich, dass der Unternehmer dem Verbraucher verbietet, eine Forderung, die ihm gegen den Unternehmer zusteht, abzutreten. Hier geht es aber ja um einen Abtretungsausschluss, der gerade dem Schutz des Verbrauchers vor einem neuen Gläubiger dienen soll. Entsprechend scheidet eine Übertragung des Rechtsgedanken hier aus. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

IT

itsjuju

28.3.2024, 22:54:37

Müsste nicht statt auf § 650a auf § 650i abgestellt werden, da ein Verbraucher am Geschäft beteiligt ist?


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