Voraussetzungen der Abtretung – Forderungsinhaberschaft des Zedenten


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Schuldner S schuldet Gläubigerin G und Kredithai K jeweils €100. Da S noch eine Forderung in Höhe von €100 gegen Mieterin M zusteht, tritt er diese wirksam an G ab. Auch K will sein Geld. Deswegen tritt S die Forderung gegen M nochmals an K ab. Von der Abtretung an G erzählt er K nichts.

Einordnung des Falls

Voraussetzungen der Abtretung – Forderungsinhaberschaft des Zedenten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Haben K und S einen wirksamen Abtretungsvertrag geschlossen (§ 398 S. 1 BGB)?

Ja!

Die Abtretung setzt eine vertragliche Einigung zwischen Altgläubiger (=Zedent) und Neugläubiger (=Zessionar) voraus. Auf diese finden die allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte (§§ 104ff.) Anwendung. Die Einigung ist formfrei möglich (Ausnahme: § 1154 BGB) und muss die abzutretende Forderung so bezeichnen, dass diese unzweideutig bestimmbar ist (Bestimmtheitsgrundsatz). Wirksamkeitshindernisse sind nicht ersichtlich, insbesondere ist die Abtretung formlos wirksam. Somit haben K und S sich wirksam geeinigt.

2. Besteht die Forderung gegen M?

Genau, so ist das!

Die Abtretung setzt grundsätzlich voraus, dass die abzutretende Forderung tatsächlich besteht (Ausnahme: § 405 1. Alt. BGB). Die Forderung muss dabei nicht zwingend schon bei Vertragsschluss bestehen. Vielmehr ist auch die Abtretung einer künftigen Forderung anerkannt (Vorausabtretung). Eine solche setzt aber voraus, dass die zukünftige Forderung schon bei Vertragsschluss hinreichend bestimmt ist.S' Forderung gegen M ist bereits entstanden. M hat die gegen sie gerichtete Forderung noch nicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Auch sonstige Erlöschensgründe (z.B. Aufrechnung) sind nicht ersichtlich. Somit besteht die Forderung (noch).

3. War S bei Vertragsschluss mit K noch Inhaber der Forderung gegen M?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Altgläubigerin (=Zedentin) muss Inhaberin der Forderung sein. Ist dies nicht der Fall und hat der Inhaber der Übertragung weder vorher zugestimmt (§ 185 Abs. 1 BGB) noch diese nachträglich genehmigt (§ 185 Abs. 2 BGB), ist die Abtretung unwirksam. S hatte die Forderung bereits an G abgetreten. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit G war er somit nicht mehr Inhaber der Forderung gegen M.

4. Da K von der vorherigen Abtretung an G nichts wusste, hat er die Kaufpreisforderung gegen M gutgläubig erworben.

Nein!

Der gutgläubige Erwerb knüpft an einen Rechtsscheinsträger an. So vermittelt bei der Eigentumsübertragung der Besitz den Rechtsschein, der Besitzer sei auch Eigentümer (vgl. § 1006 Abs. 1 BGB). Bei Forderungen fehlt es an einem solchen Rechtsscheinsträger. Aus diesem Grund scheidet ein gutgläubiger Erwerb von Forderungen grundsätzlich aus. Tritt der Gläubiger dieselbe Forderung mehrfach ab, so hat die zeitlich frühere Abtretung nach dem Grundsatz der Priorirät Vorrang.Da ein gutgläubiger Erwerb von Forderungen grundsätzlich nicht möglich ist, hat K keine Forderung gegen M erworben.In Ausnahmefällen ist auch der gutgläubige Forderungserwerb möglich (z.B. § 2366 BGB, § 405 Alt. 1 +2 BGB.)

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Eichhörnchen I

Eichhörnchen I

5.4.2022, 12:51:03

Ich stehe etwas auf dem Schlauch 😵‍💫 Eingangs wird nach der Wirksamkeit des Abtretungsvertrages (Paragraf 398 Abs. 1) gefragt und dies bejaht um im weiteren festzustellen, dass S überhaupt nicht mehr Inhaber der Forderung war (weil schon wirksam an G abgetreten). Wie kann der Abtretungsvertrag zwischen K und S dann wirksam sein? Es ist ja nicht nach der Wirksamkeit des Kausalgeschäftes (Forderungskauf, Paragraf 453 Abs. 1 S. 1 Alt. 1) gefragt?

Eichhörnchen I

Eichhörnchen I

5.4.2022, 14:00:17

Ok, glaube hab es nun verstanden 😅 Abtretungsvertrag ist nur ein Bestandteil neben den anderen Voraussetzungen der Abtretung (zB Forderungsinhaberschaft). Vertrag als (bloße) Einigung nur unwirksam zB bei Geschäftsunfähigkeit.

CR7

CR7

25.2.2023, 16:06:49

Wie bildet sich der Rechtsschein? Warum fehlt dieser bei einer Forderung?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.2.2023, 12:41:50

Hallo A.F., das ist eine gute Frage, die grundlegend dafür ist den gutgläubigen Erwerb auch im Sachenrecht zu verstehen. Der Rechtsschein hängt beim Erwerb von beweglichen Sachen am Besitz. Wer also Besitz an der Sache hat, darf unter gewissen Umständen berechtigterweise als Eigentümer gehalten werden vom gutgläubigen Erwerber. Bei Immobilien stützt sich der gute Glaube auf das Grundbuch. Denn das Grundbuch kann auch falsch sein, d.h. wer im Grundbuch steht es aber nicht ist, darf vom Erwerber berechtigterweise für den Eigentümer gehalten werden. Bei Forderungen gibt es weder ein öffentliches Register noch ein ähnliches Verhältnis wie beim Besitz, daher kann kein Rechtschein entstehen. Eine Ausnahme gibt es, diese regelt § 405 BGB. Wenn über eine Forderung eine Urkunde ausgestellt wird, kann diese einen Rechtschein begründen. Dies ist dann ähnlich zu werten, wie der Besitz an einer Sache. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Josef K.

Josef K.

7.5.2024, 10:47:09

"War S bei Vertragsschluss mit K noch Inhaber der Forderung gegen М?" -> "Vertragsschluss" meint hier wohl die Abtretungsvereinbarung, was missverständlich ist, weil der schuldrechtliche Vertrag übers Darlehen beim Stichwort "Vertrag" auch Bezugspunkt sein könnte. In der Antwort wird dann "G" mit "K" verwechselt: "S hatte die Forderung bereits an G abgetreten. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit G war er somit nicht mehr Inhaber der Forderung gegen M." J

B🐝

Bienenschwarmvereinigung 🐝🐝🐝

14.7.2024, 16:01:40

Was kann K dann tun? Also hat er Ansprüche oder Rechte gegen G`?


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