Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Subsidiarität ggü. Fortsetzungsfeststellungsklage

Subsidiarität ggü. Fortsetzungsfeststellungsklage

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Fußball-Fan F steht neben einigen Hooligans vor dem Stadion. Polizistin P erteilt F ein Aufenthaltsverbot vor und in dem Stadion bis zwei Stunden nach dem Spiel, weil sie denkt, F würde als Teil der Hooligans an einer geplanten Schlägerei teilnehmen. Am nächsten Tag will F feststellen lassen, dass P dazu nicht berechtigt war.

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Einordnung des Falls

Subsidiarität ggü. Fortsetzungsfeststellungsklage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Statthaft könnte die Feststellungsklage sein. Zunächst ist aber vorrangig an andere Klagearten zu denken.

Ja, in der Tat!

Begehrt der Kläger die Feststellung des (Nicht-)Bestehens eines Rechtsverhältnis, ist die allgemeine Feststellungsklage statthaft (§ 43 Abs. 1, Var. 1, Var. 2 VwGO). Nach dem Subsidiaritätsgrundsatz (§ 43 Abs. 2 VwGO) kann der Kläger die Feststellungsklage nicht erheben, soweit er seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO). Gestaltungsklage im Sinne dieser Vorschrift ist die Anfechtungsklage, Leistungsklage ist die Verpflichtungsklage und die allgemeine Leistungsklage.
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2. Das Aufenthaltsverbot ist ein Verwaltungsakt, der sich vor Klageerhebung erledigt hat. In Betracht kommt daher die analoge Anwendung der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog).

Ja!

Die analoge Anwendung der Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft, wenn sich ein belastender Verwaltungsakt erledigt hat, bevor der Kläger gegen diesen Verwaltungsakt die Anfechtungsklage erheben konnte (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog). Ein Verwaltungsakt ist erledigt, wenn er keine Rechtswirkung mehr entfaltet (vgl. § 43 VwVfG). Aus Gründen des effektiven Rechtsschutz muss die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts gewährleistet sein. Denn das sich ein Verwaltungsakt (typischerweise) schnell erledigt, darf nicht zu Lasten des Betroffenen gehen. Zwei Stunden nach dem Spiel hat sich die Regelung des Aufenthaltsverbots (= Verwaltungsakt) erledigt. Statthaft ist die Fortsetzungsfeststellungsklage.

3. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist subsidiär zur allgemeinen Feststellungsklage.

Nein, das ist nicht der Fall!

Wegen der engen systematischen Verwandtschaft der Fortsetzungsfeststellungsklage mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage lässt auch eine direkte oder analoge Anwendbarkeit des § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO keinen Raum für die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO). Für die vorrangige Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage spricht zudem ihre Spezialität gegenüber der allgemeinen Feststellungsklage. Die Frage, ob P gegenüber F berechtigt gewesen ist, ein Aufenthaltsverbot auszusprechen, fragt zwar nach dem (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses. Gleichzeitig handelt es sich bei dem Aufenthaltsverbot um einen Verwaltungsakt, der sich erledigt hat. Vorrangig statthaft ist die Fortsetzungsfeststellungsklage.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johaennzen

Johaennzen

12.1.2022, 16:38:59

In der 2. Frage wird von Platzverweis statt dem im Sachverhalt geschildertem Aufenthaltsverbot gesprochen. Insoweit müsste da etwas korrigiert werden. Des Weiteren ist bei der letzten Frage die Antwort bzgl. der Subsidiarität der Allg. FK ggü. der FFK verneint wurden, obwohl sie in der Lösung bejaht wird

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

12.1.2022, 17:40:58

Danke Johaennzen, den Platzverweis haben wir korrigiert :-) Bezüglich der Subsidiarität hast Du Dich glaube ich verlesen. Die ist Aussage umgedreht gestellt: "Die FFK ist subsidiär zur allgemeinen Leistungsklage." Die Antwortet darauf lautet: stimmt nicht. Denn die FFK ist - wie Du auch schon festgestellt hast - in der hier dargestellten Konstellation vorrangig. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

BEN

Benji

20.5.2022, 17:38:07

Ist vorliegend nicht die FFK analog statthaft, weil sich der VA vor Klageerhebung erledigt hat?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

24.5.2022, 19:02:31

Hallo BenBo, in der Tat ist § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO direkt nur anwendbar, wenn sich der VA nach Klageerhebung erledigt. In den Fällen, in denen er sich bereits vor Klageerhebung erledigt hat, kommt insofern nur die analoge Anwendung in Betracht. Wir haben das hier entsprechend präzisiert. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

2.11.2022, 08:10:09

Die Frage, ob eine Klageart "subsidiär" zur anderen ist, ist doch eine allgemeine Frage (so wie Subsidiarität zB in § 43 II 1 VwGO normiert ist). Daher staune ich, dass sie konkret beantwortet wird.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

3.11.2022, 11:41:23

Hallo Johannes Nebe, die Fortsetzungs

feststellungsklage

ist aber gerade nicht subsidiär - weder allgemein noch im konkreten Fall. Zudem musst du auch bei der

Feststellungsklage

, die grundsätzlich subsidiär ist im konkreten Fall prüfen. Denn auch dort gibt es Ausnahmefälle von der Subsidiarität. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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