Dauernde Gebrauchsunfähigkeit - Berücksichtigung von Opferverhalten (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T greift O im Gesichtsfeld mit einem Messer an. O legt schützend ihre Hände davor. Infolge der Stichverletzungen ist Os linke Hand dauernd gebrauchsunfähig. Hätte O allerdings die vom Arzt empfohlene Physiotherapie wahrgenommen, wären die Einschränkungen der Fingerbewegung wesentlich geringer.
Einordnung des Falls
Dauernde Gebrauchsunfähigkeit - Berücksichtigung von Opferverhalten (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der BGH lehnt die Berücksichtigung des Opferverhaltens grundsätzlich ab. O kann ihre linke Hand "dauernd nicht mehr gebrauchen" (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB).
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Genau, so ist das!
2. Gegen die Ansicht des BGH führt eine Literaturmeinung die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch das eigenverantwortliche Handeln des Opfers an.
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Ja, in der Tat!
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Constanze.Jauch
18.4.2023, 18:50:23
Liebes Jura-Fuchs-Team, in dem Fall mit der Augenoperation wird angeführt, dass sich das Opfer keinen möglichen Behandlungsfehlern aussetzen muss. Aber bei einer normalen Physio kann ja nichts gravierendes passieren, so dass ein erhöhtes Risiko für das Opfer entsteht. Zwar kann man argumentieren, dass der Täter nicht dadurch privilegiert wird, weil das Opfer sich behandeln lässt, aber vom Wertegefühl finde ich die Lösung in diesem nicht wirklich für vertretbar.

Jonas Neubert
14.9.2023, 14:32:30
Der BGH argumentiert äußerst schlüssig. Jeder billig und gerecht denkende muss den Zusammenhang zwischen Täter- und Opferschuld erkennen. Nehmen wir hypothetisch an, dass das Opfer wegen der Traumatisierung des Angriffs sich suizidiert - dies wird dem Täter nicht zur Last gelegt.