Strafrecht

BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.

Schwere Körperverletzung, § 226 StGB

Dauernde Gebrauchsunfähigkeit - Berücksichtigung von Opferverhalten (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB)

Dauernde Gebrauchsunfähigkeit - Berücksichtigung von Opferverhalten (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB)

8. Juli 2025

6 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T greift O im Gesichtsfeld mit einem Messer an. O legt schützend ihre Hände davor. Infolge der Stichverletzungen ist Os linke Hand dauernd gebrauchsunfähig. Hätte O allerdings die vom Arzt empfohlene Physiotherapie wahrgenommen, wären die Einschränkungen der Fingerbewegung wesentlich geringer.

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Einordnung des Falls

Dauernde Gebrauchsunfähigkeit - Berücksichtigung von Opferverhalten (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der BGH lehnt die Berücksichtigung des Opferverhaltens grundsätzlich ab. O kann ihre linke Hand "dauernd nicht mehr gebrauchen" (§ 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Dauernd meint die endgültige oder chronische Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit für einen unbestimmt langwierigen Zeitraum. Der BGH lehnt die Berücksichtigung des Opferverhaltens ab: Für die Dauerhaftigkeit des Verlustes der Gebrauchsfähigkeit eines Körperglieds kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das Opfer eine ihm mögliche medizinische Behandlung nicht wahrgenommen hat. BGH: Es würde jeglichem Gerechtigkeitsempfinden widersprechen, über den Gedanken der Zurechnung eine Art Obliegenheit des Opfers zu konstruieren, sich ungeachtet dessen aus übergeordneter Sicht "zumutbaren" (Folge-)Operationen und anderen beschwerlichen Heilmaßnahmen zu unterziehen. Die Messerstiche des T führen zu einer dauernden Gebrauchsunfähigkeit Os linker Hand. Dass O diese schwere Folge hätte abmildern können, wenn O die empfohlene ärztliche Behandlung befolgt hätte, ist nicht zu berücksichtigen.
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2. Gegen die Ansicht des BGH führt eine Literaturmeinung die Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch das eigenverantwortliche Handeln des Opfers an.

Ja, in der Tat!

So auch Rengier: Es gehe um Fragen der objektiven Zurechnung und Verantwortungsbereiche. Wer vernünftige und zumutbare Behandlungsmöglichkeiten im Sinne eines grob fahrlässigen Verhaltens gegen sich selbst nicht in Anspruch nehme, unterbreche durch sein eigenverantwortliches Opferverhalten den Zurechnungszusammenhang. O hat die empfohlene Therapie nicht wahrgenommen. Folgt man der Ansicht, führt dies zur Verneinung der "Dauerhaftigkeit" und mithin zu keiner Strafbarkeit des T gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB.
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